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Amts- und Mitteilungsblatt der VG Oberneuching
Ausgabe 24/2023
Ottenhofen amtlich
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Vortrag der Heimatforscher: Kirchliches Leben in Ottenhofen

(Hinweis: Alle hier im Beitrag genannten Bilder finden Sie auf der farbigen Panoramaseite)

In der Gemeinde Ottenhofen befinden sich drei Kirchen: St. Johannes und Paulus in Siggenhofen, St. Stephanus in Unterschwillach und St. Katharina in Ottenhofen. Die Kirche Siggenhofen dürfte in den Jahren 1075 bis 1078 erbaut worden sein, wohl wie damals üblich in Holzbauweise. Die Kirche Unterschwillach war im Jahre 1179 bereits errichtet. Das exakte Baujahr kann nicht näher bestimmt werden.

Die Kirche Ottenhofen wird, wie alle anderen Kirchen in der Gemeinde auch, 1315 in den Conradischen Matrikeln erwähnt. Das genaue Erbauungsjahr ist nicht bekannt. Die zum Artikel zugehörigen Bilder befinden sich im Panoramateil.

Kirche Ottenhofen (Bild 1)

Im Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler wird die Kirche wie folgt beschrieben: Das Langhaus ist im Kern romanisch, um 1700 barockisiert. Schlichter Saalbau mit gerade schließendem Chor, Westturm mit Zwiebelhaube. Das Tonnengewölbe ist mit Stichkappen in Stuck ausgeführt. Bei Renovierungsarbeiten an den Außenwänden stellte man fest, dass die Mauerstärke ca. 85 cm beträgt. Um 1731 wurde das Gebäude im Westen verlängert und der heute 30 Meter hohe Zwiebelturm vorgesetzt.

Das Aufnahmejahr des Luftbildes „Ottenhofen mit Kirche“ (Bild 2) ist nicht bekannt, jedenfalls noch vor dem Bau des Pfarrheims.

1961 wurde der Friedhof nach Norden erweitert. Auf dem neuen Grund wurde in der Nordwestecke im gleichen Jahre ein Leichenhaus errichtet. Die Straße verlief noch ebenerdig über das Bahngleis. Die Milchsammelstelle befand sich mittig in Ottenhofen, angrenzend zur Bäckerei Kling. Im Vordergrund verläuft die Kiesstraße. Die Zimmerei „Lippacher“ ist noch nicht errichtet. Im Hintergrund das alte Pfarrhaus mit den Nebengebäuden und dem großen Hausgarten.

Das Foto (Bild 3) zeigt den Innenraum der Kirche, auf dem Deckenbogen steht „Renoviert 1865“. Nicht feststellbar ist das Datum der Aufnahme. Die Aufnahme muss aber vor dem Jahre 1909 gefertigt worden sein, denn die Heiligenfigur im linken Seitenaltar wurde erst bei Renovierungsarbeiten 1909 gegen ein Bild des Hl. Josef mit Jesuskind ausgetauscht.

1910 kamen neue Kirchenstühle nach Ottenhofen. Sie wurden von den einzelnen Höfen gekauft und blieben in deren Besitz. Die beiden vorderen Stuhlreihen nutzen heute meistens die Schulkinder.

Die links im Bild sichtbare Kanzel wurde bei der Renovierung im Jahre 1960 entfernt.

1315: Ersterwähnung

In den Conradischen Matrikel aus dem Jahr 1315 wird die Kirche zu Ottenhofen erwähnt. Bei der Conradischen Matrikel handelt es sich um ein Urbar des Bistums Freising, in welchem die Besitzungen der fürstbischöflichen Güter, einschließlich Kirchen, Kapellen, Klöster und Friedhöfe aufgezählt wurden. Auch die Kirche zu Ottenhofen ist in dieser Liste enthalten.

Diese Erkenntnis bedeutet aber nur, dass 1315 eine Kirche vorhanden war, nicht aber, wann diese erbaut wurde. Es ist nicht bekannt, wann die erste Kirche in Ottenhofen errichtet wurde und in welchem Jahr der heute noch stehende Bau fertiggestellt wurde. Historiker gehen davon aus, dass die ersten Kirchen einfache Holzbauten waren. Erst im Verlauf der Jahrhunderte entstanden die Kirchen aus Stein.

1359: Stiftungsbrief Rambold Ottenhofer

Rambold Ottenhofer war 1359 Oberrichter zu München. Er verstiftete den Hinterhof in Ottenhofen (heute: Erloschen) zu einer ewigen Mess bei der Kirche St. Kathrain. Die Stiftung bedeutete, dass er die Einnahmen aus dem damals großen Anwesen zur Deckung von Unkosten an die Kirche abgetreten hat.

1731: Restauration, Erweiterung Chorraum

1731 war das Pflaster der Kirche im Langhaus voller Löcher und das Gewölbe bröckelte. Zudem entstand die Idee, die alte Sakristei (im Norden) abzureißen und hinter dem Altar neu aufzubauen. Es sollten neue Stühle angeschafft und weitere Fenster zur besseren Belichtung des Innenraumes der Kirche eingebaut werden.

Für diese Restauration bedurfte es der Zustimmung der Pfarrei Forstinning und ihrer Exzellenz der Frau Gräfin Maria Antonia von Perusa. Die Gräfin versprach, das Bauholz aus dem eigenen Schlosswald und 3000 Ziegel aus der eigenen Ziegelei und 250 Pflastersteine kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Zur besseren Belichtung der Kirche wurden über den eigentlichen Fenstern Ochsenaugen eingesetzt. Für Zimmerer-, Maurer-, Glaser-, Schmid-, Maler- und Schreinerarbeiten wurden 405 Gulden berechnet.

Die Plätze in den neuen Bänken wurden neu verteilt, für einen Sitzplatz wurden den Kirchgängern 31 Kreuzer abverlangt.

Chorraum mit Orgel (Bild 4)

Die Orgel, die im Jahre 1877 von der Firma Frosch in München um 1100 Mark neu angekauft wurde, hatte vier Register. Der Bauer Huber Balthasar in Lieberharting stiftete 600 Mark, die übrigen 500 Mark wurden durch eine Sammlung in der Gemeinde zusammengebracht.

1947 wurden zwei neue Register eingesetzt und die Fußpedale erweitert, ferner der Blasebalg mit einem Elektromotor ausgestattet.

2004 erfolgte die Erweiterung der Orgel auf 8 Register.

Maria-Hilf-Bild (Bild 5)

Das berühmte Maria-Hilf-Bild ist eine Nachbildung des Originals von Lucas Cranach und hängt in vielen Kirchen.

1844: Renovierung des Turmes

Der Turm wurde mit Scharschindeln neu eingedeckt und mit Ölfarbe gestrichen. Das Turmkreuz mit dem kupfernen Knopf wurde abgeschliffen und neu vergoldet.

1858: Anschaffung einer neuen Kirchenglocke

Diese Glocke wurde von der Glockengießerei Bachmair aus Erding gegossen.

1865: Neufassung der Altäre, Beschaffung Drehtabernakel

Neufassung der Altäre durch Josef Martin Karl aus Erding. Das Altarbild St. Katharina wurde erneuert. Über das Aussehen des alten Bildes liegen keine Erkenntnisse vor. Der Drehtabernakel wurde erneuert. Der alte Tabernakel in die Kirche nach Unterschwillach verbracht.

Hauptaltar und Nebenaltäre

Das Erbauungsjahr des Hauptaltares dürfte, folgt man den Erkenntnissen der Aufschrift auf dem Reliquienglas, in der Zeit von 1330 bis 1354 liegen. Nach Fertigstellung eines Hauptaltares wird in diesem ein Reliquienglas abgelegt. Ein Bischof nimmt die Einweihung vor. In unserem Reliquienglas war Bischof Konrad II. von Lichtenstein mit seinem Siegel verewigt. Konrad II. war Bischof vom Chiemsee von 1330 bis 1354 (Bild 6).

Der Rückschluss, dass die gesamte Kirche in dieser Zeit errichtet wurde, wäre unzulässig, aber auch nicht ausgeschlossen.

Auffallend ist, dass der Stern am Ende des Hochaltars nach vorne gekrümmt ist, wohl aus Platzmangel. Der Hochaltar passte in der Höhe wohl nicht in die Kirche. Auffällig erscheinen auch die Ausmaße der Seitenaltäre in der Breite. Die Altäre sind breiter als die bauliche Nische, in welche sie Platz finden sollten.

Links neben dem Eingang zur Kirche befindet sich der Platz des ehemaligen Kriegerdenkmals. Heute ist an dieser Stelle ein Kreuz angebracht und das neue Kriegerdenkmal befindet sich auf dem Maibaumplatz.

Exkurs: Das Geschlecht der Perusa

Von den drei weiteren Angehörigen des Geschlechts von Perusa, welche in Ottenhofen begraben wurden, liegen Gemälde vor:

Maria Antonia war die Ehefrau des Maximilian Emanuel Graf von Perusa. Der Graf war ein hoher Beamter in der Bayer. Regierung im Range eines bevollmächtigten Ministers. Er handelte für Bayern verschiedene wichtige Verträge aus, z.B. verfasste er in Wien einen Vertrag, in welchem er die bayerischen Interessen in einem Erbfolgerechtsstreit in Österreich vertrat (Bild 7).

Carl Felix, Graf von Perusa war ebenfalls ein hoher Repräsentant der bayerischen Regierung. Mit seiner Frau und seiner Familie lebte er in München in seinem Haus in der Perusastraße. Häufig hielt er sich im Schloss Ottenhofen auf, weshalb er eine Rüge vom staatlichen Hofrat erhielt, weil er in München wichtige Sitzungen versäumte.

Er ließ den Pavillon erbauen, den man heute noch bewundern kann, und von ihm stammt eine Libell (Grundbeschreibung) aller zur Hofmark Ottenhofen zählenden Güter. Ferner ließ er eine Planskizze für einen Neubau des östlichen Teils der Hofmark als Wohngebäude fertigen. Das Vorhaben wurde aber nie verwirklicht, die Planskizze im Original hängt im Rathaus im Büro der Bürgermeisterin. Seine Ehefrau Maximiliane lebte zeitweise im Benefiziatenhaus in Ottenhofen. Sie verstarb im Alter von 75 Jahren und wurde in München beerdigt.

Carl Felix starb 19 Jahre vor seiner Frau am 18.01.1784 im Alter von 58 Jahren. Er wurde in der Kirche in Ottenhofen, in der Mitte des Chores begraben. Ein Gedenkstein trägt die Anfangsbuchstaben seines Namens ohne Jahreszahl: C.F. C.D.P. R.I.P (Bild 8).

Maximilian Johann Nepomuk, Graf von Perusa, geboren am 5. April 1759, starb am 14. Juni 1790 im Alter von 31 Jahren. Er war kurfürstlicher Kämmerer, Träger des Ritterkreuzes des St.-Georg-Ritter-Ordens und kurfürstlicher Hofrat. Auch er wurde in Ottenhofen beigesetzt (Bild 9).

Text und Fotos: Franz Weber

In einer der nächsten Ausgaben erscheint der zweite Teil des Vortrags mit der Interpretation der Heiligen in der Kirche Ottenhofen von Kreisheimatpflegerin Sandra Angermaier.