Eines fällt Günter Glaß auf, seit er mit seiner Familie die "Alte Zollstation" in Pittenhart betreibt: So gut wie alle Gäste haben ihr eigenes Fahrrad dabei, wenn sie in der Zollstation Urlaub machen. Bevor er Wirt in Pittenhart wurde, war Glaß 32 Jahre Chef des "Kastenauer Hof" in Rosenheim. "Da war das Radl weniger ein Thema", erinnert er sich. Am 1. April 2022 übernahm er mit Sohn Marco und Tochter Sandra und deren Ehepartnern das historische Anwesen in Pittenhart bei Obing. Das Hauptgebäude der "Alten Zollstation" stammt aus dem 14. Jahrhundert, der "Stadl" kam etwa 1870 dazu. Der neue Geschäftsführer von Chiemgau Tourismus, Franz Bauer, kam dort zu einem Antrittsbesuch vorbei.
Interessant war für den neuen Geschäftsführer vor allem die Frage, wie die Familie auf aktuelle Herausforderungen reagiert - etwa auf den Fachkräftemangel. Marco Glaß, Chef von Küche und Logistik, bietet nach eigenen Angaben mittlerweile Köchen eine Vier-Tage-Woche an. Um Kosten zu sparen, kümmert sich seine Frau Stefanie mit ihrem Team um die Wäsche. "Wir haben keine Leihwäsche", sagt der gelernte Koch. Im neuen Stadel gibt es deshalb einen Wäscheraum. Wenn das Personal knapp ist, steht manchmal auch seine Frau an der Bügelmaschine. Auch Schwester Sandra und Schwager Alex haben ihre festen Aufgaben, "springen aber überall ein, wo es notwendig ist".
Das ist die Philosophie von Seniorchef Günter Glaß: "Wir helfen zusammen und machen alles mit Herzblut und vollem Einsatz. Und erschüttern kann uns gar nichts mehr. Deshalb funktioniert es." Die größte Motivation, sagt der erfahrene Gastwirt, kommt von den Gästen: "Wir erfahren sehr viel Wertschätzung, von Hausgästen ebenso wie von Einheimischen. Das treibt uns immer weiter an."
Für Franz Bauer ist die Zollstation mit 25 Zimmern und drei Tagungsräumen ein "Leuchtturmprojekt", auch wegen ihres regionalen Ansatzes: "Die Betreiber achten auf saisonale und regionale Produkte in der Küche. Das ist ebenso vorbildlich wie der achtsame Umgang mit der historischen Substanz. Alles passt hier zusammen, Design und Service, Qualität und Engagement."
Was das Thema Rad angeht, so sieht der neue Tourismuschef die jahrzehntelange Arbeit seiner Vorgänger bestätigt: "Die Entscheidung vor 20 Jahren, den Chiemgau als Top-Radregion auszubauen, war genau richtig. Auch in der Zollstation zeigt sich der Erfolg dieser Strategie."