Durch die Einreichung eines Bürgerantrages, der die erneute Befassung des Stadtrates mit der Problematik zur Nikolaus-Fey-Straße gefordert hat, kam das Thema nochmals auf die Tagesordnung des Stadtrates. Bürgermeister Jürgen Hennemann hat dies bereits bei der Übergabe der gesammelten Unterschriften angekündigt und sich für das Engagement und ihre Sensibilität für dieses schwierige Thema bei den Initiatorinnen bedankt.
Nach den Untersuchungen einer Fachkommission und dem im Vortrag von Buchautor Carsten Busch dargestellten historischen Fakten, wurden Nikolaus Feys Verstrickungen mit dem nationalsozialistischen Regime - unter anderem durch Mitgliedschaft in der NSDAP, Funktion als "politischer Leiter", Mitarbeit in der Reichsschrifttumskammer und Propagandatätigkeit sowie seinem Einsatz zur Arisierung in Polen - klar dokumentiert. Damit gilt er heute als überzeugter Nationalsozialist. Vor diesem Hintergrund existiert in der Öffentlichkeit - wie sie in Ihrem Antrag anregen - eine deutliche Kritik an der unkritischen Beibehaltung des Namens. Viele Bürgerinnen und Bürger empfinden die Benennung nach Fey als unangemessene Ehrung einer Person mit belastender Biografie.
Aufgrund dieser Vergangenheit haben bereits mehrere Städte und Gemeinden in Unterfranken beschlossen, Straßen umzubenennen oder zumindest zu kontextualisieren. Beispiele sind die Städte Würzburg, Karlstadt, Lohr am Main, Estenfeld oder Gerolzhofen, wo die Einweihung einer Mahntafel vor wenigen Wochen erfolgte, erläuterte Bürgermeister Hennemann.
In vielen dieser Kommunen wurde - auch bei Beibehaltung des Namens - eine Kontextualisierung beschlossen: Ein erklärendes Zusatzschild bzw. eine "Mahntafel" informiert über die NS-Belastung von Fey und signalisiert Distanzierung, um sich dauerhaft mit dem Teil der Geschichte auseinanderzusetzen und aufmerksam zu machen, dass so etwas nie wieder passiert. Das schlug Hennemann auch für Ebern dem Gremium vor. Er hatte einen mit der Verwaltung erarbeiteten Beschlussvorschlag dem Stadtrat vorgelegt, der sich an der Beschlussfassung des Stadtrates Gerolzhofen anlehnt, mit der klaren Distanzierung der Stadt und Einordnung von Nikolaus Fey. Im Laufe der Sitzung und sehr guten inhaltlichen Debatte, wurde der Beschlussvorschlag noch ergänzt, erweitert und zu einem Grundsatzbeschluss zur Überprüfung von Straßennamen verändert.
Zunächst wurde durch den Stadtrat die Zulässigkeit des Bürgerantrags bestätigt, da das Verfahren ordnungsgemäß eingeleitet war und die notwendige Anzahl an Unterschriften hatte. Beschlossen wurde einstimmig: Die Stadt erklärt ausdrücklich ihre Distanzierung von Nikolaus Fey. Nach heutigem Erkenntnisstand würde die Stadt keine Straße mehr nach ihm benennen.
Der Straßenname bleibt vorerst bestehen - über eine vollständige Umbenennung wurde nicht abgestimmt - eine Mahntafel wurde nicht beschlossen und zurückgestellt, bis die Straßennamenkommission ihre Vorschläge erarbeitet hat. Stattdessen hat der Stadtrat ebenfalls einstimmig beschlossen, an den bestehenden Straßenschildern kleine Zusatzschilder anzubringen, die in kurzer, prägnanter Form über die historische Problematik aufklären und die Haltung der Stadt verdeutlichen. Weiterhin soll eine fachkundige Kommission aus Historiker/innen, Kreisheimatpfleger/innen und Archivarsseite beauftragt werden, einen Textvorschlag für diese Zusatzschilder zu erarbeiten. Dieser soll dem Haupt- und Finanzausschuss zur Entscheidung vorgelegt werden.
Darüber hinaus wurde die Einsetzung einer interdisziplinären Kommission, auf Vorschlag von Stadtrat Frank Ziegler beschlossen, die künftig alle Straßennamen im Stadtgebiet hinsichtlich historischer bzw. gegenwärtiger Personen kritisch überprüft. Ziel ist, auf Basis heutiger Werte und Erkenntnisse, Empfehlungen an den Stadtrat zu geben - sei es zur Umbenennung, Beibehaltung mit Kontextualisierung oder geeigneter Erläuterung.
Aus Sicht der Stadtverwaltung bzw. des Stadtrates von Ebern verbinden sich mit dem Beschluss folgende Überlegungen: Der Erhalt des Straßennamens vermeidet erhebliche praktische und finanzielle Belastungen für Anlieger (z. B. Adresse, Schriftverkehr, Dokumente, Gewerbe, historisches Ortsverzeichnis etc.). Das war auch ausdrücklich im Bürgerantrag betont. Mit einem Zusatzschild wird aber zugleich ein klares Zeichen gesetzt: Die Stadt distanziert sich ausdrücklich von den Ideologien und Verstrickungen von Nikolaus Fey. Der Zusatz dient der historischen Einordnung, dem Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus und der Erinnerungskultur - und verhindert eine Verharmlosung oder unkritische Fortführung der Ehrung. Die Einsetzung einer Kommission signalisiert, dass künftige Benennungen bzw. bestehende Straßennamen kritisch überprüft werden - im Licht von heutigen Werten und historischer Aufarbeitung. Wir sind überzeugt, dass diese Entscheidung des Stadtrates und Beschlussfassung eine verantwortungsbewusste Balance darstellt: zwischen Bewahren und Erinnern - und der notwendigen Aufarbeitung und kritischen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, so der Bürgermeister. ch, jh