Zeremonie der Kreuzsteinweihe an der Marienkapelle
Eintrag ins Gästebuch der Stadt Ebern. Von links: Die armenischen Bischöfe, Bürgermeister Jürgen Hennemann sowie Stifter Karapet Muradyan.
Gleich zwei Bischöfe der armenischen Kirche besuchten den Eberner Friedhof. Mit einer beeindruckenden Zeremonie, ungewohnten Gesängen, prächtigen Gewändern und mit viel Weihrauch, im Beisein von knapp 100 Menschen, wurde an der Marienkapelle die Weihe eines Kreuzsteins nach armenisch-apostolischem Ritus vollzogen. Bischof Serovpé Isakhanyan sowie der eigens aus Armenien angereiste Bischof Artak Tigranian sowie Pfarrer Aygik Hovhannisyan führten den Ritus durch. Dazu gehörte auch die Waschung des Kreuzsteins mit Wasser und Wein.
Gestiftet wurde der Stein von Karapet Muradyan, genannt "Karo", der mit Frau und Kindern auf langen Umwegen aus Armenien nach Deutschland kam und seit März 2019 in Ebern lebt. In der Sutte hatte Karo vor gut zweieinhalb Jahren eine Shisha-Bar eröffnet und sich auch sonst gut eingelebt in der kleinen Stadt. Als Geste der Dankbarkeit für die erlebte Gastfreundschaft und generell als Zeichen der Freundschaft zwischen dem armenischen und dem deutschen Volk stiftete er einen Kreuzstein, einen sogenannten "Chatschkar".
"Jeder Kreuzstein erzählt eine Geschichte", formuliert es Bischof Serovpé Isakhanyan, der Primas der Diözese der Armenischen Kirche in Deutschland mit Sitz in Köln, und erläuterte die Bedeutung des Steines. Den Stein hatte Stifter Karapet Muradyan in Armenien anfertigen und über Belgien anliefern lassen. Kreuzsteine sind den Armeniern heilig, entsprechend groß angelegt war die Feierlichkeit. Bereits im 5. Jahrhundert gibt es Zeugnisse erster Chatschkare, kunstvolle Steindenkmäler mit detailreicher Gestaltung, meist in Sandstein geschlagen. Gemeinsam ist ihnen allen das Kreuz als zentrales Symbol, umrahmt von geometrischen oder floralen Ornamenten. Sie gelten als das bedeutendste Symbol des Glaubens und Ausdruck tiefster Spiritualität sowie der Geschichte und der Identität des armenischen Volkes.
Armenien gilt als das erste Land, das das Christentum zur Staatsreligion erhob. Heute leben die Gemeindemitglieder über die ganze Welt verstreut. In Deutschland, wo etwa 40.000 Armenier wohnen, besteht seit 1992 eine Diözese der Armenischen Kirche. In Bayern feiert die Gemeinde Gottesdienste mit Pfarrer Aygik Hovhannisyan in Nürnberg und München. Die Zerstreuung der Armenier in alle Welt begann mit der Verfolgung der Armenier, Aramäer, Assyrer und Pontusgriechen im Jahr 1915. Trotz heftiger Proteste der türkischen Führung sowie türkischer Verbände in Deutschland hatte der Deutsche Bundestag im Juni 2016 mit breiter Mehrheit einen gemeinsamen Antrag von Union, SPD und Grünen beschlossen, demzufolge jene Massentötung im Osmanischen Reich, der mehr als 1,5 Millionen Armenier zum Opfer gefallen sind, als Völkermord eingestuft wird, führte Bürgermeister Hennemann aus.
Der gestiftete Chatschkar in Ebern dient auch als "Denkmal für die unschuldigen Märtyrer", wie es in der Einladung der Stadt Ebern hieß, und als Zeichen des Dankes an das deutsche Volk sowie zur Erinnerung an die verabschiedete Resolution des Bundestages. Vor diesem Hintergrund wurde schon in einigen deutschen Städten ein Kreuzstein aufgestellt und geweiht, in den Haßbergen ist es der erste. Der Kreuzstein sei ein christliches Symbol, ein Ausdruck von Religiosität und Zeichen der Völkerfreundschaft, sagte Bürgermeister Jürgen Hennemann. Und: Gerade in diesen Zeiten sei es wichtig, "aufeinander zuzugehen, die jeweils Fremden zu verstehen und Respekt seinen Mitmenschen gegenüber zu zeigen", so Hennemann. Dazu solle auch der Kreuzstein Anstoß geben, den die Stadt auch in einen künftigen "Friedensweg" einbinden möchte.
Gekommen waren zu dem Ereignis zahlreiche armenische Landsleute aus Burgpreppach, Haßfurt und der gesamten Region, die Bürgermeister Hennemann begrüßen konnte. In der Marienkapelle folgte Musik (Peter "Fuffy" Schmitt und Alexander Müller) und Ansprachen; anschließend durften sich die Bischöfe sowie Stifter Karapet Muradyan ins Gästebuch der Stadt eintragen.
Am Ende führte ein Sektempfang mit armenischen Speisen nicht nur Körper und Geist, sondern auch die Völker zum Austausch zusammen, was rege angenommen wurde. jh