Eberns Verteidigungsanlagen 1945
Das Kriegsende im April 1945 jährt sich zum 80. Mal. Günter Lipp, ehemaliger Kreisheimatpfleger, hat die Ereignisse zum Kriegsende in Ebern bereits 2015 in einem Artikel zusammengefasst. Dieser ist in seinem Buch „Geschichte im Kegelspiel“ abgedruckt. Wir wollen mit dieser Übersicht an die Geschehnisse vor 80 Jahren in unserer Heimatstadt erinnern. Für Ebern ist der 2. Weltkrieg mit wenig Zerstörungen vorübergegangen. Das faschistische Nazi-Regime hat viel Leid über die Menschen gebracht. Ein Weltkrieg mit Millionen von Toten und Verletzten wurde angezettelt. Auch viele Eberner Familien hatten den Verlust von Angehörigen zu beklagen. Lassen Sie uns alles dafür tun, dass es nie wieder so weit kommt.
Bürgermeister Jürgen Hennemann
Es wird von zahlreichen Ereignissen berichtet: die Tat von Pfarrer Schnorr und Bürgermeister Wappes, die Erschießung im Gefängnishof, den tödlichen Unfall am Grauturm, die Tieffliegerangriffe usw. Es ist im Nachhinein aber schwierig, sie bestimmten Tagen zuzuordnen und die Erinnerung täuscht auch oft. Deswegen wurde versucht, über die entscheidenden Tage von damals einen heimatgeschichtlichen Kalender zusammen zu stellen.
Fr. 30.3.1945, Karfreitag
Tieffliegerangriff auf Ebern
So. 1.4.1945, Ostersonntag
In den Ostertagen herrscht schönes Wetter, aber die Bevölkerung hat Angst vor den anrückenden Amerikanern.
Mo. 2.4.1945, Ostermontag
Gauleiter Dr. Hellmuth trifft mit einem Tross im Schloss von Untermerzbach ein. Er hat sich aus Würzburg abgesetzt, die Einwohner aber zum Kämpfen aufgefordert.
Mi. 4.4.1945 Stephan Habermann und Ida Vogel werden bei einem Tieffliegerangriff an der Hirschenscheune beim Streitsgarten getötet. Eigentliches Ziel war eine Fahrzeugkolonne der Wehrmacht am Marktplatz. Absturz eines kanadischen Bombers bei Bischwind/Heiligersdorf.
Do. 5.4.1945 4 fahnenflüchtige Soldaten werden nach einem kurzen Standgericht (der Gauleitung aus Untermerzbach?) im Gefängnishof von Ebern erschossen.
So. 8.4.1945, Weißer Sonntag
Um 9 Uhr Erstkommunion in der Stadtpfarrkirche. Kommunionskuchen werden an hungrige deutsche Soldaten verteilt.
Am Abend scheucht ein Tieffliegerangriff die Eberner in die Luftschutzkeller.
Mo. 9.4.1945, Gauleiter Dr. Hellmuth flieht weiter Richtung Süden.
Das 2. Bataillon des 180. US-Infanterie-Regiments sowie Einheiten der amerikanischen 14. Panzerdivision rücken an diesem Tag über Ermershausen, Maroldsweisach, Pfarrweisach bis Fischbach vor.
Bau von fünf Panzersperren in Ebern (am Mühlbach, vor der Rittergasse, am Kapellentor und am Grauturm). Eberner Frauen protestieren vor dem Rathaus gegen eine Verteidigung der Stadt. Hauptlehrer Karl Hoch fordert dort in einer Rede, dass Ebern kampflos übergeben wird.
Di. 10.4.1945, ein strahlender Frühlingstag!
Die Amerikaner ziehen in Untermerzbach ein. Die Sandhöfer Brücke über die Baunach wird gesprengt. Viele Eberner verbringen die Nacht in den Kellern. Karl Hoch, zahlreiche Frauen und auch einige Männer zersägen um diese Zeit die Panzersperren. Am späten Abend werden im Rathaushof Naziakten verbrannt.
Mi. 11.4.1945, Bürgermeister Josef Wappes und Stadtpfarrer Otto Schnorr bieten an der Papiermühle die Kapitulation Eberns an.
11 Uhr: Einzug der Amerikaner mit Geschützfahrzeugen und Panzern von Sandhof und Eyrichshof aus in Ebern. Die Stadt wirkt dabei wie ausgestorben. Für die Eberner ist der 2. Weltkrieg zu Ende. Mindestens 168 sind umgekommen. Beschlagnahme von 23 Häusern/Wohnungen. Die amerikanische Kommandatur zieht in die Räume der Kreisleitung im Rathaus, später in das Gebäude der Polizei und schließlich in das Wohnhaus von Düsel/Mayr beim Zollamt an der Coburger Straße.
13 Uhr oder 15 Uhr: Alle Männer zwischen 12 und 70 müssen zur Überprüfung auf dem Marktplatz antreten.
Höhere Nazis und SS-Angehörige werden im Hof von Willibald Nißlein am Fuß des Stadtberges festgesetzt.
Ablieferung von Fotoapparaten, Ferngläsern, Radios (?) und Dolchen, Gewehren aller Art. Das Gesammelte wird anschließend vernichtet.
Am Nachmittag Bombardierung Brambergs durch amerikanische Flugzeuge.
Do. 12.4.1945, Abtransport der Internierten nach Hammelburg.
Fremdarbeiter (Polen) plündern Eberner Geschäfte.
Die Bevölkerung hat nur 1 Stunde (später 3 Stunden) Ausgang. Die Lebensmittelversorgung wird sehr schwierig. Es muss noch immer verdunkelt werden.
Fr./Sa. 13./14.4.1945, Mord an dem Wachtmeistersehepaar Meyer im Gefängnis.
Fr. 20.4.1945, Tödlicher Unfall eines amerikanischen Panzerfahrers am Grauturm.
Sa./So. 21./22.4.1945, Abriss des Hermsdörfer-Hauses, um die Sprengung des Grauturms zu verhindern. Zur Verstärkung der Polizei wird eine unbewaffnete Ordnungstruppe aus Bürgern gebildet.
Drei dramatische Wochen zwischen Furcht und Hoffnung, Todesangst und Fanatismus, Verzweiflung und Zuversicht waren zu Ende.
Wie im Mittelalter versuchte man, die Stadt durch rasch errichtete Verteidigungsanlagen vor den vorrückenden Amerikanern zu schützen. Dazu wurden die Sandhöfer Brücke und die Brücke Richtung Heubach im Süden von einem Marinekommando gesprengt. Am Streitsgarten hob der Volkssturm einen Panzergraben aus. Der war auch ein Anlass für den Tieffliegerbeschuss am Mittwoch, dem 4. April. Weiter sollten sechs Panzersperren den Feind aufhalten: Bei der Papiermühle im Norden, am früheren Kapellentor beim Angerbach, vor dem Grauturm und vor dem Stadtmauer-Durchbruch am Gefängnis. Auch die Ritter-von-Schmitt-Straße und die Hirtengasse am Mühlbach wurden blockiert. Die Hindernisse bestanden aus mehreren etwa 1 m hohen Pfählen, die in Reihen in den Boden gerammt waren. Zwischen sie wurden Fichtenstämme, Steine und anderes gepackt. In die Stadt oder zur Schule kam man nur noch auf Schleichwegen.
Bürgermeister Wappes war bereit, die Sperren wieder entfernen lassen, Kreisleiter Barthelmann und andere Nazis sprachen sich konsequent gegen ein solches Vorhaben aus. Der Volkssturm hinderte den Abbau dann aber kaum. Am Zersägen und Beseitigen der Hindernisse waren vor allem Eberner Frauen beteiligt, die seit längerem keinen Kampf um die Stadt wollten.
Text: Günter Lipp