„Gefangen im Chiemgau – Schicksal im ersten Weltkrieg“
Claudia Riess, 2. Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsverein begrüßt Andreas (links) und Gustl Lex (rechts), sowie die Zuhörer.
Zu einer Geschichtslehrstunde der allerfeinsten Sorte wurde der Vortrag, den Gustl Lex für den Heimat- und Geschichtsverein Achental in der Schlossökonomie Grabenstätt hielt.
2020, während der Pandemie, fand er im Speicher seines Hauses 66 Postkarten und einige Fotografien. Der Adressat war ein französischer Kriegsgefangener, der Absender seine Mutter, die in Paris lebte. Dieser Fund weckte seinen Spürsinn. Er recherchierte im Archiv in München und fand mit der Unterstützung durch einen Freund heraus, dass es sich bei dem Adressaten um Pierre Duez handelte.
Dieser kam als junger Mann ins Fort Manonviller, das von deutschen Soldaten gleich zu Beginn des 1. Weltkriegs so lange bombardiert worden war, bis sich die Franzosen ergaben. Sie kamen als Kriegsgefangene nach Bayern, wo sie für verschiedene Arbeiten eingesetzt wurden. Dennoch war das Leben für die Soldaten teilweise sogar besser als für die umliegende Bevölkerung. Denn sie bekamen zweimal die Woche Fleisch zu essen und zwar keinen Alkohol, aber jeden Tag eine Halbe Bier (das ganz ernsthaft nicht als alkoholisches Getränk galt).
Sehr schlüssig legte Lex dar, wie der Kriegsgefangene Pierre Duez nach Grabenstätt kam, um in der dortigen Brauerei zu arbeiten. Ob er beim Großvater von Gustl Lex gewohnt hat, konnte er zwar nicht mehr nachverfolgen, aber eine Freundschaft hat wohl bestanden. Immerhin gelang es Lex, das Hochzeitsdatum sowie das Sterbedatum von Pierre Duez herauszubringen.
Er schloss seinen Vortrag, der immer wieder gekonnt von musikalischen Einlagen seines Enkels Andreas Lex auf der Zither bereichert wurde, mit der Feststellung, dass der Mensch nicht viel gelernt hat, wenn man sich die derzeitige Weltlage ansieht. Dennoch kann Menschlichkeit auch in solchen Situationen das Leben für den Einzelnen erträglicher machen.
Susanne Tofern