Trinkwasserversorgung in Schleching unter gutem Stern – ohne ehrenamtliche Mitbürger nicht darstellbar –
Nach 30 Jahren: Martin Schwaiger verabschiedet sich als Vorstand des Wasserbeschaffungsverbandes
Wasser ist Leben. Der Mensch kann unter Umständen drei Wochen ohne Nahrung auskommen, aber eben nur vier Tage ohne Flüssigkeit. Aus der Bürgerwerkstatt im Sommer vergangenen Jahres entstanden und als Jahresmotto für 2024 vom Initiativkreis Bergsteigerdorf Schleching aufgegriffen: wir alle sind angehalten, den Umgang mit Wasser und die Bedeutung als Lebenselixier über verschiedenste Aktivitäten im laufenden Jahr stärker im Bewusstsein der Mitbürger, aber auch bei den Gästen zu verankern. In Schleching liegt die Verantwortung für die Trinkwasserversorgung in den Händen von fünf Wasserbeschaffungsverbänden. Einer der Vorteil dieser Organisationsstruktur: die Verbände arbeiten nicht gewinnorientiert und agieren nach dem Willen ihrer Mitglieder. Mit dem Ergebnis, dass das Wasser in unserem Dorf deutlich preiswerter ist als anderswo. Ohne die ehrenamtlich tätigen Mitbürger wäre ein solches Modell allerdings nicht darstellbar. Im April 2024 verabschiedet sich der Vorstand eines Wasserbeschaffungsverbandes:
Martin Schwaiger muss nicht lange nachdenken: an einen erwähnenswerten Krisenfall bei der Trinkwasserversorgung im Schlechinger Tal kann er sich nicht erinnern. Und er müsste es wissen: seit drei Jahrzehnten engagiert sich der ehemalige Fertigungsentwickler ehrenamtlich für den Wasserbeschaffungsverband (WBV) Ettenhausen – seit drei Jahrzenten als Vorstand. Seine gute Nachricht zur aktuellen Situation: die Versorgung der Bevölkerung im Tal mit qualitativ hochwertigem Trinkwasser ist langfristig gesichert. „Wir sind in der sehr komfortablen und somit durchaus beneidenswerten Lage, über zahlreiche Quellen in unseren Bergen und somit langfristig auch über eine ausreichende Versorgung verfügen zu können. Das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich auch bei uns der Klimawandel mit langen Trockenperioden und einer Mischung aus Starkregen und zu wenig Regen bei der Quellschüttung bemerkbar machen“, so der Vorstand, der sich mit einem Blick auf eine umfangreiche Applikation in seinem Handy jederzeit einen Überblick über die Versorgung seiner 198 Haushalte in Schleching-Ettenhausen einen Überblick verschaffen kann.
Schon frühzeitig hat sich der leidenschaftliche Techniker mit mobilen Lösungen auseinandergesetzt, um möglichst viele Prozesse digital erfassen und steuern zu können, ohne sich in andere Abhängigkeiten wie einem nicht ausreichenden oder schwankenden Mobilfunknetz zu begeben. „Doch auch sei die Frage der Sicherheit in Sachen Trinkwasserversorgung immer nur relativ zu bewerten: bei einem längeren Ausfall der Stromversorgung durch einen technischen Vorfall oder gar durch Cyberangriffe oder Terroranschläge kann die Versorgung nur über einen begrenzten Zeitraum über Notstromgeneratoren aufrechterhalten werden – eine perfekte Absicherung gibt es nicht!“ Um dennoch auch für einen solchen extremen Notfall vorbereitet zu sein, mögen die Mitbürger nach den Worten von Martin Schwaiger die Empfehlungen des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) beachten.
In Bayern sind aktuell 152 Wasserbeschaffungsverbände für die Versorgung mit Trinkwasser verantwortlich – mit allein fünf Verbänden zählt Schleching zu den Gemeinden im Freistaat, in der diese Organisationsstruktur bei der Wasserversorgung überdurchschnittlich ausgeprägt ist. Die einzelnen Verbände – vom Achberg über Ettenhausen, Mettenham, Mühlau und Schleching – sind seit den 20ziger Jahren historisch gewachsen. Versuche, das Wasser aus verschiedenen Quellen am Berg für die 2.300 Einwohner zählende Gemeinde zentral in gemeinsamen Leitungen zusammenzufassen, liessen sich übrigens auch aus chemischen Gründen nicht umsetzen. „Wir haben das Wasser der einzelnen Quellen im Labor untersuchen lassen – aufgrund ihrer ganz eigenen Zusammensetzung lässt sich so das Wasser aus den Ettenhausen-Quellen nicht mit denen von Schleching mischen“, so Martin Schwaiger.
Einen Beitrag, um das Thema Wasser und die Trinkwasserversorgung noch stärker ins Interesse der Bevölkerung zu rücken, will Martin Schwaiger auch nach seinem Ausscheiden als Vorstand leisten. Auf seinem Programm für das Frühjahr steht ein Ausflug mit den Schülern der Volksschule zu den Quellen. „Wir haben es mit Wasser zu tun – ein trockener Vortrag trifft nicht den Nerv der Kinder“. Und ohne Begeisterung läßt sich ein Modell nicht weiterverfolgen, das auf einem ehrenamtlichen Engagement aufgebaut ist. In Ettenhausen scheint die Begeisterung für Wasser zu leben. So verantwortete Peter Eisenberger das Amt des Vorstandes über 20 Jahre, der ehemalige Schriftführer Hans Hruby begleitete den Wasserbeschaffungsverband Ettenhausen über 46 Jahre von 1973 bis 2019. Und Josef Zaiser, der gemeinsam mit Martin Schwaiger in diesem Jahr ausscheiden wird, engagiert sich seit 1969 – also über 55 Jahre – als Kassier für die Wasserversorgung in seinem Dorf. Die Weichen für die Zukunft sind gestellt: Für die Neubesetzung des neunköpfigen Vorstandes werden sich ausreichend Mitbürger zur Wahl stellen. Das ist umso bemerkenswerter angesichts von nur 420 Einwohnern mit Erstwohnsitz in Ettenhausen.Ein Anliegen wird Martin Schwaiger seinen Nachfolgern auf den Weg geben: „Bitte erhebt Eure Stimme und leistet Widerstand gegen einen Ausverkauf von Wasserrechten an Energieversorger und Konzerne – das sind wir unseren Mitbürgern schuldig!“
TEXT: thw