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Sulzberger Bürgerblatt
Ausgabe 19/2024
Gemeindebücherei
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Der Markisenmann, von Jan Weiler

Jan Weilers neuer Roman ist eine zärtliche Vater-Tochter-Geschichte und ganz nebenbei auch eine Liebeserklärung an den Ruhrpott.

Die fünfzehnjährige Kim Papen besitzt von ihrem leiblichen Vater nur ein altes, verschwommenes Foto. Auf dem Schnappschuss ist er unter der Mütze kaum zu erkennen. Für Kim bleibt er deshalb der „Unscharfe“. Denn auch sonst hat Ronald Papen in ihrem Leben keine Spuren hinterlassen und Mutter wie Stiefvater schweigen ihn hartnäckig tot. Bis sich das eines Tages ändert. Denn eines Tages ist der Vater plötzlich wieder da. Nach einem schrecklichen, von Kim verschuldeten Unfall, wird sie in den großen Ferien einfach zu ihm abgeschoben. Während der Rest der Familie nach Florida fliegt, verbringt Kim unfreiwillig einen heißen Sommer in einem wenig glanzvollen Szenario, auf einem Gewerbehof am Rhein-Herne-Kanal, wo Kims Vater Unterschlupf gefunden hat. Es ist der maximale Kontrast zu Kims großspurigem wohlhabenden Kölner Elternhaus. Dafür leben auf dem Gewerbehof die charmanteren Menschen: Automechaniker, Kneipiers, Schrottsammler, allesamt herzlich, bodenständig und ein bisschen spinnert. Bald fühlt sich Kim bei ihnen wie zu Hause. Was anfangs aussieht wie eine Katastrophe mit Ansage, entwickelt sich unversehens zum großen Glücksfall. Die Schulversagerin erkennt schnell, dass ihr Vater ebenso erfolglos ist wie sie selbst. Als emsiger Vertreter versucht Ronald Papen in rührender Betriebsamkeit ein ziemlich unattraktives Produkt unter die Leute zu bringen: Markisen in einem geschmacklosen Siebzigerjahre-Design aus Restbeständen der alten DDR. Zu diesem Zweck kartiert er das Ruhrgebiet nach - markisentechnisch gesehen - ergiebigen und unergiebigen Stadtvierteln. Da wo die Balkone schon gut „bestückt“ sind, kann er sich das mühevolle Klinkenputzen sparen. Doch trotz dieser ausgeklügelten Strategie bleibt die Ausbeute sehr mager. Aber wofür hat er schließlich Kim? Sie liebt ihn mit all seinen fatalen Neigungen und setzt ihr schauspielerisches Talent zielsicher für seine Tür-zu-Tür-Verkäufe ein, was dem Geschäft einen nie dagewesenen Aufschwung verleiht. Kim verbringt mit ihrem Vater die beste Zeit ihres Lebens. Sie hat aber auch längst gemerkt, dass ihr immer freundlicher, bescheidener und gutmütiger Vater schwer an seiner Vergangenheit trägt und erfährt auch endlich das lange gehütete Geheimnis ihrer Herkunft.

Die Vater-Tochter-Geschichte ist komisch und traurig, heiter und ernst zugleich. Jan Weiler erzählt von menschlichen Schwächen und Verirrungen, von Liebe und Verrat, Schuld und Sühne. Und es spiegelt sich auch ein Stück deutscher Historie. Denn obwohl die eigentliche Erzählung später spielt, greift sie weit in die Vergangenheit und die Geschichte deutsch-deutscher Spaltung zurück.

Weitere Titel des Autors in unserer Bücherei:

  • Kühn hat zu tun
  • Kühn hat Hunger
  • Kühn hat Ärger
  • Und ewig schläft das Pubertier
  • Das Pubertier
  • Antonio im Wunderland
  • Maria ihm schmeckt´s nicht (auch als CD)