Nächstes Treffen: Dienstag 26. September, 17:00 Gasthaus Hirsch
Ottacker – wie der Bürgermeister seines Amtes waltete
In Ottacker war es Brauch, dass der Bürgermeister nach dem Sonntags-Gottesdienst am Kirchplatz auf einem erhöhten Stein wichtige Neuigkeiten verkündete.
Damit die Kirchgänger wussten, dass es nach dem Gottesdienst etwas Neues zu berichten gab, war bei der ersten Bank unter der Empore ein Glöcklein angebracht und wurde nach der heiligen Messe geläutet.
Als in der Nachkriegszeit 1945 Benedikt Spiß zum Bürgermeister gewählt wurde, war das Glöcklein in der Nähe seines Stammplatzes - im hinteren Teil der Empore am Schrank - befestigt.
Der Sohn von Benedikt Spiß (der auch Benedikt hieß) wurde 1960 Bürgermeister und übernahm den Brauch nur für kurze Zeit.
Er läutete das Glöcklein nur noch ein paar Mal, dann ging er dazu über, Neuigkeiten mit der Schreibmaschine nieder zu schreiben und befestigte den Aushang an der Sennerei und an der Anschlagtafel, die im Kircheneingang angebracht war.
Wo das Glöcklein hinkam, weiß niemand!
Erinnerungen von Zitzl Hermann Ottacker, den 14. Dezember 2004
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Ottacker war bis 1972 eine selbständige Gemeinde mit circa 240 Einwohner.
Die Amtsstube des Bürgermeisters war zugleich sein Wohnzimmer (die gute Stube) und war immer geöffnet.
Hatte man ein Anliegen, das es mit dem Bürgermeister zu besprechen galt, traf man ihn am besten sonntags ins seiner Stube an. Da der Bürgermeister zugleich auch Bauer war und den Hof und das Vieh zu versorgen hatte, hatte er Sonntag am Nachmittag Zeit, wenn er sich von getaner Arbeit erholen konnte, oder spät abends, nachdem er den Stalldienst verrichtet hatte.
Manche Angelegenheiten erledigte er direkt am Kirchplatz oder nach dem sonntäglichen Kirchgang beim Frühschoppen.
Es kam auch vor, dass der Bürgermeister im Anschluss an den Gottesdienst zur Gemeinderatssitzung aufrief. Da alle 6 Gemeinderäte sonntäglich zur heiligen Messe anwesend waren, konnte spontan eine Sitzung abgehalten werden, um dringliche Angelegenheiten rasch und unbürokratisch aus der Welt zu schaffen.
Um manche Kleinigkeiten kümmerte er sich sogar während der Stallarbeit. Traf man den Bürgermeister beim Melken an und brachte genug Zeit mit, so konnte man warten, bis er die Kuh fertig gemolken hatte.
Danach ging der Bürgermeister zum Brunnen vor dem Haus, um seine Hände zu waschen.
Im Anschluss gingen beide in sein Amtszimmer, die gute Stube, besprachen die Angelegenheit und der Bürgermeister schrieb es sogleich auf der Schreibmaschine nieder.
Seine schwarze Schreibmaschine war bereits damals schon eine Antiquität und reif für’s Museum!
Erinnerungen von Josef Brack
(Text verfasst von Melanie Stich, Hasenried)