Unterwössen. Im Jahr 2021 nahmen deutschlandweit Einrichtungen 47.523 Kinder und Jugendliche in Obhut, weil Eltern völlig überfordert waren, sie Verwahrlosung, Gewalt, Psychoterror oder sexuellen Übergriffen ausgesetzt waren. Die weit höhere Dunkelziffer verbirgt sich hinter Wohnungstüren abgeschottet. Doch wenn die Notsituation bekannt wird, greifen Einrichtungen wie die Inobhutnahme Litzelau oder das Forsthaus Reit im Winkl ein. Auch wenn der Normalbürger es nicht glaubt oder verdrängt, alle sollten helfen und das ist leichter als mancher denkt.
Es läuft nicht alles rund im Sozialstaat Bundesrepublik Deutschland wissen nicht nur die Nachrichten. Die Zahlen der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen sind nach wie vor hoch. Nach vier Jahren Rückgang steigen die Fallzahlen an. Inobhutnahme nach unbegleiteten Einreisen aus dem Ausland steigen mit 49 Prozent besonders stark, sagen die Zahlen aus dem Bundesamt für Statistik.
Die sogenannte Inobhutnahme ein Begriff aus dem Sozialrecht in Paragraf 42 Sozialgesetzbuch VIII ist ein vorbeugendes Werkzeug, ein Kind oder einen Jugendlichen aus einer empfundenen oder tatsächlichen Notsituation in seinem Umfeld herauszunehmen. Kindeswohlgefährdung führten 2021 zu 28.500 Inobhutnahmen, knapp 11.300 nach unbegleiteten Einreisen und gut 7700 weil die betroffenen Minderjährigen selbst die Aufnahme aus einer objektiven oder subjektiven Notsituation beantragten.
Die betroffenen Minderjährigen werden vorübergehend aufgenommen und untergebracht. Der Zeitraum dient den jungen Menschen dazu, eine andere Perspektive oder Lösung zu finden.
Solche vorübergehende Obhut finden ausschließlich betroffene Minderjährige aus den Landkreisen Traunstein, Berchtesgadener Land, Mühldorf, Altötting, Rosenheim Stadt und Land in den beiden Einrichtungen der Leiterin der Schutzräume Ulrike Duda. Sie betreibt seit September 2016 die Inobhutnahme Litzelau für Kinder im Alter von einem bis zehn Jahren. Die große Nachfrage vor allem auch seitens der Jugendämter und Jugendhilfe führte Weihnachten 2021 zu einer weiteren Einrichtung, dem Forsthaus Reit im Winkl. Dort finden Jugendliche im Alter von 10 bis17 Jahren Aufnahme und Betreuung.
Derzeit sind es in beiden Einrichtungen je neun Kinder und Jugendliche. Über die Weihnachtsfeiertage erwartete Duda zusätzliche Neuaufnahmen. Die sind in beiden Einrichtungen rund um die Uhr möglich und nötig.
Es fällt schwer in solchen Projekten von Erfolgsmodell zu sprechen, doch tatsächlich ist das so, zeigt die Resonanz der Fachleute aus den angesprochenen Landkreisen. Seit Gründung der Inobhutnahme Litzelau im September 2016 haben rund 600 Kinder erstmals wieder ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit in beiden Einrichtungen finden können. Sie bleiben im Schnitt drei Monate, bis der weitere Lebensweg geklärt ist.
25 pädagogische Fachkräfte kümmern sich um Kinder und Jugendliche. Finanziert wird die Einrichtung durch den Pflegesatz öffentlicher Förderung, den eine Entgeltkommission für die spezielle Einrichtung individuell festlegt. Mit diesen Zahlungen ist im Normalfall der Betrieb gerade gedeckt. Doch Normalfall gilt vor dem Hintergrund steigender Kosten - genannt seien hier die Energiekosten und die inflationsbedingten Steigerungen derzeit längst nicht mehr.
So sind beide Einrichtungen, die Inobhutnahme Litzelau und das Forsthaus Reit im Winkl auf Unterstützung angewiesen. Kleidung, vor allem warme Winterkleidung, muss angeschafft werden, hilfreiche therapeutische Unterstützung extern ermöglicht werden, um die Kinder zügig aus den Traumata des Erlebten herauszulösen. fg