Unterwössen – In seiner jüngsten Sitzung behandelte der Gemeinderat die überörtliche Prüfung der Jahresrechnungen 2010 bis 2022 der Gemeinde sowie der Gemeindekasse durch die Staatliche Rechnungsprüfungsamt des Landratsamts Traunstein. Der Prüfbericht bewertet die Finanzlage und setzt sich mit zahlreichen Einzelbeobachtungen auseinander.
Verwaltungsleiter Thomas Müllinger stellte einen Auszug der Ergebnisse vor. Der Gemeinderat nahm den Bericht zur Kenntnis und sprach einstimmig die Entlastung für die Bürgermeister Hans Haslreiter und Ludwig Entfellner (CSU) der geprüften Zeiträume aus. Entfellner selbst beteiligte sich nicht an Beratung und Abstimmung, dritte Bürgermeisterin Claudia Schweinöster (FDP/UWW) leitete die Sitzung zu diesem Tagesordnungspunkt.
Bis in das Jahr 2010 und damit weit zurück führen die Untersuchungen der Rechnungsprüfungsstelle. Die Gründe, warum der Bericht so lange auf sich warten ließ, kennt er nicht, führt Thomas Müllinger aus. Grundsätzlich besteht mit dem Prüfungsbericht Einverständnis in der Verwaltung. Sie hat die Hinweise und Empfehlungen sorgfältig geprüft, beachtet sie und setzt sie in der Zukunft bestmöglich um, so der Verwaltungsleiter. Soweit in Erfüllung der Vorgaben noch Entscheidungen des Gemeindesrates notwendig werden, werden die in gesonderten Sitzungen behandelt.
Die Rechnungsprüfer bestätigten der Gemeinde eine insgesamt solide finanzielle Entwicklung. Sie bescheinigen eine ordnungsgemäße Kassen- und Buchführung. Die Kasse war während des gesamten Prüfzeitraums zahlungsfähig. Besonders positiv hob der Bericht die Verbesserung der sogenannten freien Finanzspanne hervor – also den Spielraum, den die Gemeinde nach Abzug von Pflichtausgaben zur Verfügung hat. Diese habe sich in den letzten Jahren deutlich verbessert.
Auch die Schuldenentwicklung bewertet der Bericht als erfreulich: Der Schuldenstand konnte bis Ende 2022 um rund 1,3 Millionen Euro auf 2,35 Millionen Euro gesenkt werden. Damit liegt die Gemeinde deutlich unter dem Landesdurchschnitt. Die Darlehen, die weiterhin bestehen, sind laut Bericht zu sehr günstigen Konditionen abgeschlossen. So berichtet Müllinger.
Zu den maßgeblichen Faktoren für die Entlastung des Haushalts zählten laut Prüfbericht drei zentrale Maßnahmen: der Verkauf des Grundstückes des ehemaligen Gasthofes zur Post im Ortszentrum, die Beendigung des defizitären Hallenbadbetriebs sowie verstärkte interkommunale Zusammenarbeit. Diese Entscheidungen hätten spürbar zur Konsolidierung beigetragen.
Allerdings sieht der Bericht klar problematische Entwicklungen in der Vergangenheit. Kritisch bewerten die Prüfer insbesondere die finanzielle Unterstützung des Hallenbadvereins. Obwohl die wirtschaftliche Lage des Hallenbades angespannt war, gewährte die Gemeinde wiederholt Darlehen. Zudem übernahm sie eine selbstschuldnerische Bürgschaft – eine Entscheidung, die aus haushaltsrechtlicher Sicht nicht mit dem Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung vereinbar sei. „Solche Konstruktionen mit einem unklaren Kosten-Nutzen-Verhältnis sollen künftig vermieden werden“, so das Fazit der Prüfer.
So sieht das auch der Verwaltungsleiter. Als der Gemeinderat den Betrieb des Hallenbades an den Hallenbadverein überließ, verlor er die Möglichkeiten eines unmittelbaren Einflusses, obwohl die Haftung für das kaufmännische Risiko bei der Gemeinde verblieb. Das war ebenso eine politische Entscheidung, wie der Ankauf des Hotelgrundstückes zu einem überhöhten Preis um Einflussmöglichkeiten auf dessen Zukunft zu haben.
Heute würde die Gemeinde über die Bauleitplanung die sinnvolle Verwendung in der Zukunft steuern, so Verwaltungsleiter Müllinger.
Für den Bereich der Abwasserbeseitigung regt der Bericht eine konsequente jährliche Nachkalkulation der Gebühren an. Zudem solle die Gemeinde Sonderrücklagen künftig systematisch zum Gebührenausgleich verwenden.
Die Gemeindeverwaltung zeigt sich mit dem Prüfungsbericht grundsätzlich einverstanden. Bürgermeister Entfellner erklärte: „Wir nehmen die Hinweise ernst. Wir werden die Punkte sorgfältig prüfen und alles umsetzen, was rechtlich und praktisch möglich ist.“
Markus Entfellner (FDP/UWW), Leiter des Rechnungsprüfungsausschusses im Gemeinderat, sieht im Bericht vorwiegend Kleinigkeiten beanstandet. Die beiden großen Punkte des Hallenbades und des Grundstückskaufs sieht er aber kritisch. Aus heutiger Sicht sei mit den politischen Entscheidungen rund um das Hallenbad dessen Insolvenzen nur verschoben worden. Dabei sei viel Geld verloren. Und beim Hotelgrundstück sieht er den Kauf weit über den Marktpreisen. „Was daraus geworden ist, sind die Schulden von heute.“ Gemeinderat Matthias Schweigl (CSU) bedauert, „im Nachhinein ist man immer schlauer.“ Gemeinderat Philipp Weißenbacher (FWG Wössen e.V.) sieht den Bericht vor dem Hintergrund des großen Aufgabenbereiches der über die Jahre 2010 bis 2022 bewältigt wurde und kann mit dem Ergebnis gut leben. Gerade vor dem Hintergrund der sich aus dem Bericht ergebenden positiven Entwicklungen freut sich Gemeinderat Andrew Lloyd (Bündnis 90/Die Grünen) über das Ergebnis. Gemeinderätin Gabi Neubert (Bündnis 90/Die Grünen) sieht vor allem einen Zweck in einem solchen Prüfungsbericht: „Die Aufgabe daraus zu lernen.“
Mit dem Bericht geht für die Gemeinde ein umfassendes Prüfverfahren zu Ende. Die formale Entlastung der Bürgermeister für die geprüften Haushaltsjahre beschloss der Gemeinderat einstimmig.