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Wössner Gemeindezeitung Amtliches Bekanntmachungsorgan der Gemeinde Unterwössen
Ausgabe 11/2024
Aus dem Rathaus
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Bergmärsche und tierische Herausforderungen – Tragtierkompanie in Unterwössen

Unterwössen. Die letzte Woche von Montag bis Donnerstag hatte der Ortsteil Unterwössen besondere Gäste. Die Tragtierkompanie aus dem Einsatz- und Ausbildungszentrum für Tragtierwesen 230 in Bad Reichenhall, Teil der Gebirgsjägerbrigade 23, schlug im südlichen Ortsteil ihr Lager auf.

Seit über 50 Jahren, so erinnert sich Bürgermeister Ludwig Entfellner, ist diese einzigartige Truppe immer einmal wieder zu Gast. Sie ist eine Versorgungskompanie, die Maultiere und Haflinger für den Transport schwerer Lasten in unzugänglichen Gebieten einsetzt. Die Tiere tragen bis zu 120 Kilo und ermöglichen die Versorgung entlegener Berghütten. Damit sie mithalten können, absolvieren die Soldaten, die Tragtierführer, regelmäßig anspruchsvolle Bergmärsche. Gibt es die Faustregel, dass ein normaler Wanderer 300 Höhenmeter in der Stunde bewältigt, müssen Tragtierführer in unwegsamem Gelände bis zu 600 Höhenmeter in der Stunde mit etwa 15 kg Gepäck aufsteigen. Sie erhalten eine umfassende Ausbildung in Veterinärmedizin und Tierpflege, um schon früh aufkeimende Krankheiten und Verletzungen der Vierbeiner zu entdecken.

Oberfeldveterinärin Heike Henseler beschreibt, dass die Tragtierkompanie als einzigartige Einrichtung auf sich selbst gestellt. Sie ist autark, beschreibt deren Leiterin.

Ein Beispiel: Für die Beschaffung der Tiere ist das Einsatz- und Ausbildungszentrum selbst verantwortlich. Darüber entscheidet ein Team aus Veterinär-Offizier, dem Hufbeschlagschmied und erfahrenen Tragtierführern. Angeschafft werden Mulis, Maultiere, eine Kreuzung aus einer Pferdestute und einem Eselhengst. Sie sind in der Regel unfruchtbar. Nachwuchs für die Kompanie zu beschaffen, ist damit eine besondere Aufgabe. Mulis mit einem Stockmaß von mindestens 1,50 Meter und einer guten körperlichen Verfassung kommen etwa im Alter von fünf Jahren zur Kompanie. Unter ständigem Training erreichen Sie Ihren Leistungshöhepunkt in der Regel mit 10 bis 12 Jahren. Wie lange sie im Dienst bleiben, ist eine individuelle Entscheidung.

70 Soldatinnen und Soldaten und 24 Tiere lebten die Woche in Unterwössen und absolvierten anspruchsvollen Bergtouren. Tiere und Tragtierführer lernten und übten unter anderem Fließgewässer zu durchqueren. Zum Abschied gab es eine Überraschung für die Gemeinde Unterwössen und die Lebenshilfe Traunstein. Für beide gab es je 1000 Euro von der Kompanie.

Um die 3000 Besucher kommen alljährlich zur traditionellen Stallweihnacht des Einsatz- und Ausbildungszentrum für Tragtierwesen 230. Das begann zunächst intern 1962, als die Rekruten an Heiligabend den Stallkarren mit Tannenreisig und einem Christbaum schmückten und ihre Mulis nach alter bäuerlicher Tradition mit Äpfeln und gelben Rüben beschenkten. Längst ist die Veranstaltung öffentlich, letztes Jahr gab es sie zum 61. Mal. In mehreren Aufführungen sehen die Besucher ein Krippenspiel mit der Geschichte der Heiligen Nacht, dargestellt von Soldaten und Mulis.

Die Einnahmen aus der Stallweihnacht spendet die Kompanie für wohltätige Zwecke. Ein Großteil des Erlöses geht an das Bundeswehr-Sozialwerk. Jetzt, beim Abschied aus Unterwössen, profitierten aber die Gemeinde Unterwössen und die Lebenshilfe Traunstein. Die Gemeinde investiert das Geld in die Jugendarbeit, erklärt Bürgermeister Entfellner. Für die Lebenshilfe ist die Spende willkommen, weil sich Anschaffungen für die Lieferung des Mittagstisches für Kindergärten und Schulen plant, beschreibt Geschäftsführerin Annemarie Funke.

fg

Seit Jahrzehnten gute Bekannte sind die Unterwössner und die Tragtierkompanie aus dem Einsatz- und Ausbildungszentrum für Tragtierwesen 230 in Bad Reichenhall. Jetzt waren 70 Soldatinnen und Soldaten und 24 Multis zu einer Übung in Unterwössen. Aus dem Erlös der Bad Reichenhaller Stallweihnacht gaben (von links) Zentrumsleiterin Oberfeldveterinärin Heike Henseler, Oberstabsfeldwebel Ingo Nötzel, Stabsfeldwebel Stefan Strecker und Hauptmann Josef Barthl an jeden der beiden Zivilisten in der Reihe 1000 Euro. Bürgermeister Ludwig Entfellner verwendet den Betrag für die Jugendarbeit in der Gemeinde, Geschäftsführerin Annemarie Funke für den Unterwössner Standort der Lebenshilfe Traunstein.