Unterwössen - Eine Künstlerin mit internationalem Format sorgte in der Konzertreihe „Musik für die Seele“ für eine volle Pfarrkirche St. Martin. Die Harfenistin Silke Aichhorn zeigt sich erneut als virtuose Solistin und charmante Erzählerin. Ihr dreiviertelstündiges Programm in der Pfarrkirche St. Martin zog ihr Publikum von der ersten Minute an in den Bann. Musikschulleiter Otto Dufter stellte die Musikerin vor und rundete mit nachdenklichen Texten den Abend ab.
Aichhorn eröffnet das Konzert mit einer eigenen Bearbeitung eines Violinstücks von Johann Paul von Westhoff. Der Dresdner Komponist des späten 17. Jahrhunderts zählt zu den bedeutendsten Vertretern der sogenannten Dresdner Violinschule. Aichhorn überträgt sein Werk für die Harfe – ein Stück, das es in dieser Form nur von ihr gibt. „Hier in Unterwössen nutze ich gern die Gelegenheit, auch mal unbekanntere Stücke zu spielen.“
Das zweite Werk stammt von Antoine Francisque, einem französischen Lautenisten aus der Renaissancezeit. Aichhorn schwärmt von den „wunderbaren Tänzen“, bevor sie mit ruhiger Hand und feiner Dynamik einen davon erklingen lässt. Danach folgt ein Sprung ins späte 19. Jahrhundert: Gabriel Fauré. „Weniger spektakulär als viele Zeitgenossen, aber von großer lyrischer und harmonischer Subtilität“, sagt Aichhorn. Sie spielt ein technisch äußerst forderndes Stück mit 140 Pedaltritten in sechs Minuten. Mit einem Lächeln meint sie: „Da muss man schon ein wenig aufpassen, dass man sich die Füße nicht verknotet. Aber keine Angst, ich mache das schon eine Weile.“
Aichhorn wechselt mühelos zwischen Epochen und Stilen. Sie spielt „Sweet Dreams“ von Bernard Andrès, ein meditatives, fast träumerisches Stück des französischen Harfenisten. Dann Bob Dylans „Blowin’ in the Wind“ – ein Klassiker, dem sie mit feinem Ton Tiefe verleiht. Es folgen das ruhige, naturverbundene „Sense of Hosta“ einer englischen Harfenistin, ein Abschiedsstück „Farewell“ einer türkischen Kollegin sowie Wagners „Lied an den Abendstern“. Aichhorn nimmt sich Zeit, erläutert jedes Werk, erklärt Details der Spieltechnik, geht auf die Geschichte ihrer Konzertharfe ein – und lässt dabei immer wieder ihren trockenen Humor aufblitzen.
„Mit dem Alter verlieren meine Konzertharfe und ich an Spannkraft“, sagt sie. Weil die Anschaffung eines neuen Instruments bevorsteht, bietet sie schmunzelnd ihr aktuelles als Dekostück für das Wohnzimmer an. „Nur dass wir uns nicht missverstehen. Eine Konzertharfe wiegt 40 Kilogramm und jedes Kilogramm kostet derzeit rund 1300 Euro.“ Ihr Stil ist informativ und unterhaltsam zugleich – immer nah am Publikum. Wie in jedem ihrer Auftritte in der Reihe „Musik für die Seele“ bot sie an, im Anschluss an das Konzert Fragen zu beantworten und ihr Instrument zu erklären. Das Angebot nahmen auch dieses Jahr die Besucher stark in Anspruch. Aichhorn nahm sich für jeden Zeit.
Zwischen den musikalischen Teilen stellte Otto Dufter Aichhorn ausführlich vor. In kurzen Texten brachte er eigene Gedanken zum Pfingstfest als Fest des Friedens ein. Er zitierte die deutsche Version von „Blowin’ in the Wind“ und erinnerte an die Friedenstaube als starkes Bild in unsicheren Zeiten.
Das Publikum zeigte sich begeistert. Der Applaus am Ende war lang und herzlich. Als Zugabe spielte Aichhorn die Sinfonia aus Johann Sebastian Bachs Kantate „Ich steh mit einem Fuß im Grabe“. Der klare, ruhige Klang füllte den Raum – ein stiller, würdevoller Abschluss eines Konzerts, das berührt, bereichert und lange nachwirkt.