Unterwössen. In der letzten Gemeinderatssitzung stellte Andreas Dittlmann, Passau, den von seinem Fachbüro Dittlmann erstellten Feuerwehrbedarfsplan für die Gemeinde Unterwössen vor. Aus diesem Anlass nahm auch der Kreisbrandrat und Vorsitzende des Kreisfeuerwehrverbandes Traunstein Christoph Grundner an der öffentlichen Sitzung im Rathaus teil.
Feuerwehrbedarfsplan
Nach dem Feuerwehrgesetz ist es im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit eine Pflichtaufgabe der Gemeinde, eine Feuerwehr aufzustellen und zu unterhalten, verdeutlicht Dittlmann. Sich in dieser komplexen Aufgabe zurecht zu finden, dazu hilft der Gemeinde der Feuerwehrbedarfsplan.
Der Feuerwehrbedarfsplan ist ganz auf den Ort Unterwössen zugeschnitten und hilft der Gemeinde, die Anforderungen und Ausstattung der Feuerwehr gemäß den konkreten örtlichen Gegebenheiten zu bestimmen. Der Plan, der 233 Seiten umfasst, enthält Analysen zu den lokalen Gefahren, der aktuellen Ausstattung und der Personalstruktur der Feuerwehr.
Die Unterwössner Wehren
Dittlmanns Analyse ergibt, beide Feuerwehren liegen mit ihrer durchschnittlichen Ausrückstärke von 14 deutlich über der Mindeststärke von 11 Personen. Die maximale Ausrückstärke lag in bisherigen Einsätzen bei 20 Personen in Oberwössen, 27 in Unterwössen, was ausreichend ist, um größere Einsatzlagen zu meistern. Die Altersstruktur bei den Einsatzkräften ist ausgeglichen. Dem leichten Hang zur Überalterung stehen ausreichend Jungfeuerwehrleute gegenüber. Das Potential von in Oberwössen 44 Kindern, 122 Kindern in Unterwössen im Grundschulalter wird nach Ansicht des Fachmannes dennoch nicht genug ausgeschöpft.
Die Anzahl Unterwössner Einsatzkräfte mit abgeschlossener Grundausbildung ist hoch, die Anzahl der Einsatzkräfte mit der Qualifikation als Maschinist für Rettungsdienstfahrzeuge und Truppführer etwas zu niedrig.
Die Fahrzeuge der Feuerwehren befinden sich in einem altersentsprechenden, guten Zustand.
Das Feuerwehrgerätehaus in Oberwössen ist nicht optimal ausgestattet. Es gibt keinen Schulungsraum, die Nebenflächen sind zu klein, es gibt keine Abgasabsauganlage und die Umkleide befindet sich in der Fahrzeughalle.
Das Feuerwehrgerätehaus in Unterwössen ist gut ausgestattet, jedoch ist die Torhöhe zu niedrig, um größere Fahrzeuge unterzubringen. Dittlmann rät, in beiden Ortsteilen Kinder und Frauen für die Feuerwehr zu gewinnen, auch wenn das weitere Umbauten für die Feuerwehrhäuser im Sanitärbereich erfordert.
Mit im Schnitt der letzten drei Jahre13 Einsätzen pro Jahr in Oberwössen, 31 Einsätzen pro Jahr in Unterwössen, ist das Risikopotential für Schadensereignisse auch unter Berücksichtigung möglicher Gefahren durch Umweltereignisse, Betriebe, Bauwerke in beiden Gemeindeteilen vom Sachverständigen als gering bewertet.
Das Gutachten ergibt, dass die Feuerwehren von Oberwössen und Unterwössen ihre Reaktionszeiten bei Bränden und technischen Hilfeleistungen verbessern sollten.
Bei Bränden kommt es im Schutzbereich der Feuerwehr Oberwössen zu Überschreitungen von zwei Minuten bei einem Löschgruppenfahrzeug 10 bei der Nachalarmierung und von vier Minuten beim Schlauchwagen/GW-L2 in der Stufe der weiteren Nachalarmierung. Im Schutzbereich der Feuerwehr Unterwössen kommt es zu Überschreitungen von zwei Minuten bei einem Einsatzführungsfahrzeug (MZF FF Oberwössen).
Bei technischen Hilfeleistungen kommt es im Schutzbereich der Feuerwehr Oberwössen zu Überschreitungen von ca. zwei Minuten bei den hydraulischen Rettungssätzen.
Bei ABC-Einsätzen kommt es im Schutzbereich der Feuerwehr Oberwössen zu Überschreitungen von sieben Minuten.
Weil die Einsatzgebiete beider Wehren nur ein geringes Risikopotential aufweisen, hält Dittlmann in seinem Gutachten die Zeitüberschreitungen für tolerierbar.
Empfehlungen
Er gibt den Wehren und der Gemeinde in seinem Empfehlungskatalog auf, mit Einsatznachbearbeitungen die Ursachen für Überschreitung der Vorgabezeiten nachzuspüren.
Um derzeitige Standards zu halten oder gar zu verbessern, ruft er auf nicht nachzulassen, Führerscheine zu erwerben, Maschinistenqualifikationen zu erlangen, Lehrgänge zu besuchen. Auch rät er die Nachwuchsarbeit fundierter anzugehen.
Dittlmann schlägt vor, in den Unterwössner Gewerbebetrieben Mitglieder anderer Feuerwehren zu ermitteln, und sie für eine Doppelmitgliedschaft auch in den Unterwössner Wehren zu gewinnen. Das könnte die Tageseinsatzstärke verbessern.
Für die Gemeinde hat Dittlmann anspruchsvolle Empfehlungen. Allein der Fahrzeugpark erfordert nach seiner Einschätzung jährliche Rücklagen der Gemeinde in Höhe von rund 57.000 Euro, die derzeitigen Kostensteigerungen im Fahrzeugbereich nicht einmal berücksichtigt. Zudem sieht Dittlmann Bedarf für Umbauten an den Feuerwehrhäusern.
Die Löschwasserversorgung bedarf nach Dittlmanns Auffassung anhaltender Aufmerksamkeit sowohl was die Kontrolle bestehender Einrichtungen wie des Hydrantennetzes angeht, als auch ein Ausbau mit Blick auf den Klimawandel.
Die Gemeinde trifft zudem die Verpflichtung zur regelmäßigen Feuerbeschau, zu der Dittlmann nachdrücklich anhält.
Diskussion
Matthias Schweigl (CSU) fragt, wie es sich mit den Hilfsfristen bei weit entfernten Anwesen, z. B. in der Bergregion verhält. Dittlmann verweist darauf, dass die Hilfsfristenberechnung nur auf Standardbrände an Straßen beruht.
Kreisbrandrat Grundner ergänzt, dass diese Anwesen eher der Problematik des Baurechts als der Feuerwehrvorschriften unterliegen.
Bei Gebäuden im Außenbereich legt das Baurecht das Augenmerk auf Fluchtwege und regelmäßige Feuerbeschauen. Dort gilt, dass Menschen sich und das Vieh retten können und bei widrigen Umständen in einem Schutzraum - z.B. gegen die Kälte – unterkommen. Im Übrigen haben diese unerreichbaren Gebäude im Außenbereich einfach „das Recht abzubrennen“, so Grundner.
Philipp Spanier (CSU) würde sich höhere Förderungen der ehrenamtlichen Feuerwehren wie bei der Polizei wünschen. Claudia Schweinöster (FDP/UWW) verweist darauf, dass die Feuerwehren Kommunal-, die Polizei Landesaufgabe sei. Dittlmann spricht an, dass sich die Fördersätze gerade in diesem Jahr erheblich erhöhten.
Die Gemeinderäte folgten dem Verwaltungsvorschlag, nahmen den Feuerbedarfsplan zu Kenntnis und genehmigten ihn einstimmig.