Titel Logo
Wössner Gemeindezeitung Amtliches Bekanntmachungsorgan der Gemeinde Unterwössen
Ausgabe 20/2023
Vereine und Verbände
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Der 14. Schafabtrieb von der Kleinrechenbergalm

Unterwössen. Auch beim 14. Schafabtrieb von der Kleinrechenbergalm ist das Interesse der Bürger und Gäste an dem Projekt groß. „Es ist unglaublich, wie Unterwössen hinter dieser Veranstaltung steht“, freut sich Dr. Christian Mendel vom Bayerischen Amt für Landschaftspflege (LFL) im Unterwössner Kurpark. 17 Schafböcke des Alpinen Steinschafes verbrachten heuer den Sommer auf der Alm. Jetzt wurden sie im Kurpark bewertet und versteigert.

Die ungefähr 3 ha große Kleinrechenbergalm war früher mit Rindern bestoßen. Für eine große Schafherde sei die später aufgelassene Alm nicht geeignet, dafür bestens für das Projekt mit 17 Spitzenböcken. Jeder der Züchter, so Dr. Mendel, stelle auf eigene Kosten und Gefahr seinen Bock für den Almsommer ein. Beim Auftrieb würden die Merkmale der Schafböcke erfasst. Wenn die Tiere dann unter gleichen Bedingungen die Monate auf der Alm blieben, biete sich ein objektiver, vergleichbarer Aufschluss über den Schafbock und seine Zuchtmerkmale.

Für die Schäfer und ihre Helfer, darunter eine ganze Reihe Kinder, hatte der Tag früh begonnen. Während die eine Hälfte die Kleinrechenbergalm auf 1465 Metern winterfest machte und den Schafzaun umlegte, begann die andere mit den Kindern den Abtrieb der 17 Schafböcke hinunter ins Tal. Die Richtung durch den Wald, dann später über die Forststraßen gab ein Futtereimer vor. Muntere Kinder trieben die letzten der Böcke vor sich her. Gut zweieinhalb Stunden flotten Weges benötigten die Tiere mit den Schäfern bis in den Unterwössner Kurpark (560 Meter). Im Gatter präsentierten sich die Tiere den Zuschauern im guten Zustand. Dr. Mendel ist zufrieden, dass alle Böcke wieder gesund ins Tal zurück kehrten. Der Sommer brachte auf der Alm ausreichend Futter, berichtet er. Trotzdem waren die Gewichtszunahmen der Böcke sehr unterschiedlich. 13 Böcke nahmen an Gewicht zu, vier davon mehr als 10 Kilogramm. 4 Böcke verloren Gewicht. Dr. Mendel führt das auf unterschiedliche Anpassungsfähigkeiten der Tiere zurück.

Während sich der eine Teil der Zuschauer in den Bänken vor dem Musikpavillon einrichtete und dem Standkonzert der Musikkapelle Wössen mit Dirigent Martin Nieß zuhörten, interessierten sich andere für die Körung der Steinschafe. Die federführende Bayerische Herdbuchgesellschaft für Schafzucht, Grub, hat sich zur Aufgabe gesetzt, mit dem Alpinen Steinschaf ein anpassungsfähiges, widerstandsfähiges, robustes Schaf zu züchten. „Vor 25 Jahren gab es weniger als 100 Alpines Steinschafe, heute ist die Population auf rund 1200 Tiere angewachsen“, erfahren die Zuschauer von Dr. Mendel.

Das Alpine Steinschaf soll vor allem für die rauen Lagen des Hochgebirges gerüstet sein, ausgezeichnete Trittsicherheit, beste Muttereigenschaften, Langlebigkeit sowie hohe Fruchtbarkeit und Aufzuchtleistung mitbringen. Dieses Ziel zu erreichen, dient die Körung, die Auswahl der Tiere zur Zucht. „Das Fundament der Böcke hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert“, findet Dr. Mendel gegenüber unserer Zeitung. Derzeit strebt die Zucht, die Hornstellung der Tiere zu verbessern.

Die Bewertung der Tiere obliegt im Unterwössner Kurpark der Körkommission aus Max Wagenpfeil vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Holzkirchen und Andreas Nieling aus Brennberg.

Das Tier wird umfassend bewertet. Seine Klauen geben Aufschluss, wie aktiv sich das Tier auf der Alm verhalten hat. Die Zähne sprechen für die Gesundheit. Fleisch und Wolle seien die Produkte der Schafzucht, auf die besonders Wert gelegt werde. Das Alpine Steinschaf liefere eine grobe und damit etwas kratzige Wolle mit ansonsten prächtigen Eigenschaften.

Mit großem Interesse und ausdauernd verfolgten die Zuschauer die Arbeit der Körkommission. Mitglied Max Wagenpfeil beschrieb die Vorgehensweise und äußerte seine Gedanken zu der Bewertung. Das machte den Vorgang transparent und auch für die Laien verständlich. Höhepunkt der Bewertung ist am Ende die Reihung, zu der die Körkommission die Schafböcke nach ihrer Qualität ordnet. Schafbock Andi aus der Zucht der Familie Schlamp, Neustadt, führte die Reihe an, Reservesieger ist Peppone aus der Schafzucht Dr. Mendel.

An die Wertung schloss sich nahtlos die Versteigerung an. Versteigerin Andrea Kaufmann gab als Startgebot jeweils 400 Euro vor. Der Spitzenbock erzielte 1200 Euro. 11 der 17 Böcke fanden einen Käufer. „Das ist ein gutes Ergebnis“, so Dr. Mendel. „Die Preise lagen etwas unter dem Durchschnitt.“

Neben Kaffee und Kuchen gab es für die Besucher Spezialitäten vom Steinschaf wie Schinken oder Leberkas. Der Erlös kommt dem im April gegründeten Förderverein Alpines Steinschaf zugute. Der Verein löst die bisherige Arbeitsgemeinschaft Alpines Steinschaf ab. Dessen Vorsitzender Armin Jost und die Kassiererin Verena Hausmann ehrten die Züchter des bestplatzierten Bocks mit einem Preis.

Angesichts der Zuschauerzahlen hält Bürgermeister Ludwig Entfellner die Bedeutung der Veranstaltung für offensichtlich. Das Projekt des Alpinen Steinschafes auf der Kleinrechenbergalm zeige Wege für die Almwirtschaft auf. Dieser komme im Achental besondere Bedeutung zu. Die Gemeinde plant die Veranstaltung schon jetzt wieder für das kommende Jahr.

fg

Schafbock Andi, der Jungzüchter Johanna und Quirin Schlamp, Neustadt, bewertete die Körkommisssion als besten Schafbock. Reservesieger ist Peppone mit Züchterin Marion Mendel und Enkelin Mathilde.