Unterwössen - Der Unterwössner Gemeinderat positionierte sich in seiner Sitzung am Montag klar: Er lehnt es vorerst ab, Anträge auf Umwandlung von Wohnraum in Ferienwohnungen pauschal zu regeln. Nach intensiver Debatte stimmte das Gremium einstimmig dem Vorschlag der Verwaltung zu, weiterhin jeden dieser Anträge auf Nutzungsänderung einzeln zu prüfen. Zentrale Argumente waren rechtliche Unsicherheiten, die Fremdenverkehrssatzung und die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus.
Verwaltungsleiter Thomas Müllinger erläuterte zunächst die neue Rechtslage: In Dorf- und Mischgebieten sind Ferienwohnungen allgemein, in allgemeinen und reinen Wohngebieten nur noch ausnahmsweise zulässig. Die Zulassung sei eine Ermessensentscheidung von Gemeinderat und Verwaltung. Der Antragsteller besitzt keinen durchsetzbaren Anspruch, den er rechtlich einklagen kann.
Müllinger warnt vor einer pauschalen Regelung, die würde der Unterwössner Fremdenverkehrssatzung die Grundlage entziehen. „Damit verlieren wir unser stärkstes Steuerungsinstrument zur Begrenzung von Zweitwohnungen.“ Diese Satzung hilft der Gemeinde, die Zahl von Zweitwohnungen zu begrenzen – und das funktioniert laut Müllinger gut: In den letzten Jahren sei der Anteil an Zweitwohnungen von 30 auf 16 Prozent gesunken. Wichtiger Unterschied: Während Ferienwohnungen meist vermietet und touristisch genutzt werden, stehen Zweitwohnungen oft leer und fehlen dann dem Wohnungsmarkt. Deshalb sieht die Gemeinde die Zweitwohnung als größeres Problem.
Müllinger sieht Zeichen für ein Umdenken: Immer häufiger gebe es Eigentümer, die sich nach Gesprächen mit der Gemeinde dazu entscheiden, ihre Wohnung lieber an Einheimische zu vermieten – oder statt einer geplanten Ferienwohnung doch eine Mietwohnung zu schaffen. Aus Sicht der Verwaltung bringt das mehr als strenge Vorschriften: Kommunikation und Einzelfalllösungen hätten sich bisher bewährt.
Martin Nieß (CSU) brachte die Frage auf, ob durch die Umwidmung von Zweitwohnungen in Ferienwohnungen die Zweitwohnungssteuer unterlaufen werde. Müllinger entgegnete: „Da haben wir schon ein Auge drauf.“ Zwar sei die Steuer eine wichtige Einnahmequelle, jedoch stehe der rechtssichere Vollzug im Vordergrund. „Die Umgehung lässt sich nicht komplett ausschließen, aber wir kontrollieren intensiv.“
Bürgermeister Ludwig Entfellner (CSU) mahnte, sich an den Fakten zu orientieren. Unterwössen sei keine Tourismushochburg. Im Ort gebe es rund 2.300 Wohnungen, von denen jährlich zwei bis vier in Ferienwohnungen umgewandelt würden. „Wir bewegen uns im Promillebereich“, stellte er klar. Rückumwandlungen gebe es ebenfalls, wenn auch ohne statistische Erfassung. Die steigenden Kinderzahlen in den Betreuungsangeboten zeigten aus seiner Sicht, dass zuziehende Familien weiterhin ausreichend Wohnraum finden. Die Wohnraumproblematik werde häufig überzeichnet.
Auch Claudia Schweinöster (FDP/UWW) plädierte für einen nüchternen Blick auf die Lage. Mietpreise seien in Unterwössen im Vergleich zum Landkreis durchschnittlich. Dennoch stünden auch Vermieter unter erheblichem wirtschaftlichem Druck. „Wer eine neue Wohnung schafft, muss sie auch finanzieren können. Eine Miete von 5,50 Euro pro Quadratmeter kann heute kaum jemand dem Mieter bieten.“
Markus Entfellner (FDP/UWW) erinnerte an die Erfolge der vergangenen Jahre. Der Anteil an Zweitwohnungen sei deutlich zurückgegangen. „Der Weg, den wir eingeschlagen haben, wirkt – auf diesem Kurs sollten wir bleiben.“
Barthl Irlinger (OWG) verwies auf die wirtschaftliche Relevanz des Tourismus im Landkreis Traunstein. „678 Millionen Euro Wertschöpfung jährlich – da bekommt jede Gemeinde ihren Anteil.“
Matthias Schweigl (CSU) schlug vor, künftig zumindest grobe Leitlinien zu entwickeln. „Wir sollten uns einig sein, wohin der Trend gehen soll“, empfindet er. Dies könne der Verwaltung und dem Gemeinderat helfen, ähnliche Fälle gleich zu behandeln. Müllinger sprach sich jedoch gegen eine Festlegung aus. Solange die Gesetzeslage neu und noch mehrere Gerichtsverfahren in anderen bayerischen Kommunen anhängig seien, bestehe Rechtsunsicherheit. „Ein Grundsatzbeschluss wäre derzeit nicht tragfähig.“
Am Ende der Diskussion zeigte sich der Rat geschlossen. Einstimmig entschieden die Mitglieder, der Empfehlung der Verwaltung zu folgen und Umwandlungen weiterhin im Einzelfall zu behandeln – unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten, rechtlichen Rahmenbedingungen und der sozialen wie wirtschaftlichen Realität in Unterwössen.