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Wössner Gemeindezeitung Amtliches Bekanntmachungsorgan der Gemeinde Unterwössen
Ausgabe 21/2025
Quartiers-Management und Seniorenbeauftragter
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Quartiers-Management und Seniorenbeauftragter - Kabarett gegen Betrug: Tom Bauer bringt Aufklärung

Kabarettist Tom Bauer zeigt, wie es die Profis machen: Mit forscher Rede und kumpelhaftem Verhalten lenkt er Bürgermeister und Ludwig Entfellner vom Gedanken ab, dass der gleich sein Portemonnaie los ist. Kriminalhauptmeisterin Lissi Fritzsch Warnt mit Harten Fakten.

Unterwössen – Trickbetrug, Schockanrufe, Internetkriminalität: Was sonst in nüchternen Polizeiberichten steht, war Thema der Nachmittagsveranstaltung in der Achentalhalle. Mit Musik, bayerischem Dialekt und seinem Präventionskabarett „Ned mit mir!“ brachte Tom Bauer das auf die Bühne – Themen, die auf den Nägeln brennen. Das beweisen nicht nur die Schlagzeilen, das beweist auch der mit rund 150 Seniorinnen und Senioren gute Besuch der Veranstaltung. Die Quartiersmanagerinnen Ulrike Speicher (Reit im Winkl) und Brigitte Schmitz (Marquartstein und Unterwössen) hatten eingeladen.

Tom Bauer eröffnet den Nachmittag mit einem Sketch. Ein Telefon klingelt, Bauer hebt ab: „Hier ist die Polizeihauptkommissarin Müller von der Kriminalpolizei“, erklingt die Stimme der kongenialen Sketchpartnerin aus dem Bühnenhintergrund, der echten Kriminalhauptmeisterin Lissi Fritzsch. Sie ist polizeiliche Fachberaterin bei der Kriminalpolizei Miesbach. Es folgt ein absurdes Gespräch über einen angeblichen Einbruch in der Straße. Einbrecher hätten Bauers Adresse auf einem Zettel gehabt. Ein Kollege komme gleich vorbei, um Bargeld und Schmuck „sicherzustellen“. Bauer spielt den ahnungslosen Rentner mit einer Mischung aus Ironie, Verzweiflung und Bauernschläue. „Ich brauch eine neue Identität! Ich muss weg von Unterwössen!“, ruft er und erntet Gelächter – und Nachdenklichkeit.

Kriminalhauptmeisterin Fritzsch warnt im Anschluss an die Szene: „Die Polizei holt keine Wertsachen ab. Nie. Im Zweifel: auflegen und selbst die Polizei wählen.“ Sie erklärt, wie professionell Callcenter-Betrüger inzwischen vorgehen – mit täuschend echten Nummernanzeigen und falschen Identitäten.

Bauer springt von Rolle zu Rolle: Jetzt ist er mit Fritzsch als falscher Lottomitarbeiterin konfrontiert. Sie bringt ihm – Lotto gespielt hat er noch nie – seinen „Gewinn“ von 25.000 Euro im geschlossenen Koffer. Erst drückt Bauer 200 Euro an Versicherung, dann weitere Beträge für Aufwand, Wegegeld– zum Schluss sogar ein Trinkgeld ab. Fritzsch ist längst von der Bühne, als er bemerkt, dass der Koffer leer ist. So absurd die Geschichte auf den ersten Blick auch klang, so professionell wie Fritzsch argumentierte, wurde deutlich: So etwas funktioniert. „25.000 Euro in Aussicht, da schaltet sich das Hirn aus“, so die Fachfrau.

Unglaublich, wie sich Bauer dann als Wunderheiler ausgibt. Trotz aller Warnungen von Fritzsch an Bürgermeister Ludwig Entfellner gelingt es Bauer mit forscher Rede und kumpelhaftem Verhalten auf die Bühne zu Bürgermeister Entfellner zu gelangen. Ein Fluch liege über dem Geld im Portemonnaie des Bürgermeisters, und den gilt es live auf der Bühne mit Glitzerpulver und Pöschl Gletscherzauber zu bannen. Das Publikum johlt, als am Ende der Bürgermeister statt seines Geldbeutels eine CD des Kabarettisten in der Hand hält, die ihm der unterschob. Fritzsch zieht Fazit: Fremde Leute haben in unserer Wohnung nichts zu suchen. Allenfalls wenn wir uns zum Beispiel telefonisch rückversichert haben, dass sie der sind, als den sie sich ausgeben. Das „Ned mit mir!“ wird dann von allen im Saal zu Bauers Akkordeon gesungen und eingeübt.

Ob Bauer bei dem ehemaligen Polizisten Sigi Kolb weniger ausrichtet? Kolb findet sich auf der Bühne in Supermarkt-Szenen. Diebe sind unterwegs. Bauer fragt seine Zuschauer: „Würden Sie zehn Hunderter aus der hinteren Hosentasche hervorschauen lassen, wenn Sie in den Supermarkt gehen?“ So ähnlich verhalten sich die meisten von uns, wenn sie ihr oft über tausend Euro teures Handy in dieser Tasche tragen.

Die Zuschauer lernen. Die Täter sind Profis, sie lenken ab, während der andere wegnimmt. „Die stecken sich das Geld ein, während Sie Marmelade suchen“, sagt Bauer. Fritzsch ergänzt: „Tragen Sie Ihre Tasche eng am Körper. Nie im Einkaufswagen liegen lassen.“

Dann wird es still. Ein echter Mitschnitt eines sogenannten Schockanrufs ertönt. „Hallo Mama“, sagt eine junge Stimme. Angeblich ist die Tochter in Not. Die Polizei verlangt 75.000 Euro Kaution. Fritzsch und Bauer erklären, wie die sorgfältig ausgebildeten Täter die Informationen für das Gespräch aus dem Telefonat selbst erlangen. Diese Kenntnis hilft ihnen, den Angerufenen in so eine psychische Ausnahmesituation bringen, dass der einen Blackout bekommt. Welche traumatischen Erlebnisse ein solches Telefonat mit sich bringt, wurde mehr als deutlich.

Und dann – so Bauer und Fritzsch – melden die es aus Angst und Scham nicht der Polizei. Der Schaden aus dem sogenannten Callcenterbetrug belief sich 2024 im Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd auf 2,4 Millionen Euro, bis September dieses Jahres sind es bereits 3,9 Millionen Euro. Die Dunkelziffer ist deutlich höher.

Da betritt Nicol Mayer die Bühne. Eindringlich warnt sie davor, Namen und Anschriften in Todesanzeigen zu veröffentlichen. Warum? Die kriminalpolizeiliche Fachberaterin aus Traunstein schildert den Fall der Witwe eines 90-Jährigen in Garmisch, die nach der Beerdigung zuhause zurück einen Schockanruf erhält. Die Anrufer nutzen die Namen der Angehörigen aus der Todesanzeige und bringen die ohnehin bereits mitgenommene Frau im Gespräch in eine Ausnahmesituation. Am Ende übergibt sie nach drei Stunden Telefonat ihre gesamten Ersparnisse mit 75.000 Euro an irgendwelche Helfershelfer – kleine Fische im großen Callcenterbetrug. „Geben Sie als Anschrift in der Todesanzeige das Beerdigungsunternehmen an“, sieht Mayer als mindeste Vorsichtsmaßnahme. Auch rät sie: Ruhe bewahren, auflegen, Rücksprache mit Angehörigen halten. Es gebe in Deutschland keine Kaution, die bar oder eilig übergeben werden müsse.

Und Bauer lässt sich von seinen Zuhörern versprechen, jeden Betrug zur Anzeige zu bringen. „Die bilden kriminelle Banden, dann sollten wir auch eine Bande bilden – gegen die!“

Die Mischung aus Kabarett und Kriminalprävention zeigt Wirkung. Der Humor öffnet Türen. Die Botschaft bleibt hängen. Bauer sagt: „Mit Musik und Schmäh die Leute zum Nachdenken bringen – das ist meine Aufgabe.“ Fritzsch ergänzt: „Wir erreichen mit diesem Format Menschen, die bei einer klassischen Polizeiveranstaltung vielleicht nicht gekommen wären.“

Zum Schluss danken die Veranstalterinnen allen Beteiligten – auch den Helfern im Hintergrund. Rund um das Kabarett bleibt Zeit sich am Infostand der Polizei zu informieren. Wie wichtig ihnen die Prävention ist, belegen Dienststellenleiter Bernd Gottwald und sein Stellvertreter Andreas Appelt von der Polizeiinspektion Traunstein die neben Nicol Mayer zur Beratung nach Unterwössen gekommen sind.

Ermöglicht haben die Veranstaltung die Volksbank und der VdK-Kreisverbands Traunstein.

fg