Einen Schritt in die Zukunft der Mobilität geht das Achental mit Roger Pawelek, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Traunstein-Trostberg, Geschäftsführer Christoph Bauhofer und dem Vorsitzenden Stefan Schneider, beide Ökomodell Achental. Eine Ökomodell-Initiative bringt das Carsharing in das Achental. Die Sparkasse stärkt es in der Anfangszeit. Die Gemeinden sorgen für die Voraussetzungen vor Ort. Fleißig genutzt, bringt das den Bürgern viele Vorteile.
Unterwössen. In Unterwössen gibt es jetzt ein Carsharing Projekt, eine Gemeinschaftsaktion von Ökomodell Achental und den Gemeinden. Unsere Zeitung schaute sich das an.
Mobilität im ländlichen Raum
Während in Großstädten mit öffentlichem Personennahverkehr der Trend zum eigenen Auto schwindet, ist im ländlichen Raum und dem Achental der eigene Pkw traditionell aus der eigenen Fortbewegung nicht wegzudenken. Die Gründe sind vielfältig. Die Arbeit im Nachbarort beginnt ganz früh, der Einkauf ohne Auto ist kaum zu bewältigen, Fahrdienste für den Nachwuchs sind eine besondere Herausforderung, Fachärzte, Behörden oft weit weg. Und der Personennahverkehr im ländlichen Raum ist – sagen wir es höflich – von den Betriebszeiten und der Taktung überaus ausbaufähig. Die Auswüchse sind teilweise kurios. Drei Pkw in einem Haushalt sind keine Seltenheit. Wer im Internet nachschaut, findet Kosten eines Kleinwagens zwischen 200 und 400 Euro im Monat, für ein Mittelklassefahrzeug sind es dann schon um die 450 Euro, die den Privathaushalt belasten.
Das Carsharing-Modell des Achentals
Drei Fahrzeuge, muss das so sein? Jetzt nicht mehr, weil das Modell Carsharing im Achental einzieht. Die Idee dahinter: Weil Kraftfahrzeuge die meiste Zeit ihres Lebens parken, ergibt es Sinn, dass mehrere Personen sich ein Auto teilen. So steht das Fahrzeug nicht nur herum, sondern wird genutzt. Das Fahrzeug der Priener Überall GmbH steht jetzt auf dem Rathausplatz in der Parkreihe gegenüber dem Rathaus an seiner Elektro-Ladestation, ist ein Renault Cloe, ein Kleinwagen. Zu klein oder mit Elektroautos kennen Sie sich nicht aus? Dann nehmen Sie doch den 8-sitzigen VW Bus, ein Dieselfahrzeug am Rathaus Marquartstein.
Der Bedarf ist offensichtlich. Der Pkw ist mit dem Ehemann auf der Arbeit, die Oma muss zum Arzt. Der Mitarbeiter aus der Firma soll ein Ersatzteil kaufen, der Firmenwagen ist nicht da. Am Morgen springt der Wagen nicht an. Der eigene Pkw ist in der Werkstatt, wie schaffe ich mein Tagespensum?
Die Kosten
Aber was kostet so etwas? Es ist günstiger, als die meisten glauben. Es kommt auf die Mietdauer an. Der Grundtarif beträgt 2,50 Euro/Stunde, die Tagespauschale 25 Euro/Tag, die Wochenendpauschale von freitags 18 Uhr bis sonntags 24 Uhr 49 Euro. Hinzu kommt ein Centbetrag für jeden gefahrenen Kilometer. Für das Unterwössner Fahrzeug sind das 25 Cent, für den VW Bus in Marquartstein 35 Cent pro gefahrenen Kilometer. Benzin oder Strom sind im Preis drin.
Der Weg ins Auto
Und wie funktioniert das? Wer am Carsharing-Modell teilnehmen möchte, installiert die App MOQO auf dem eigenen Handy. Die App der gleichnamigen Firma aus Berlin ermöglicht, Sharing Angebote für Fahrzeuge, Fahrräder und Roller in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu finden. Im nächsten Schritt richtet der Nutzer in der App ein kostenloses Konto ein und hinterlegt dort seine Kreditkarte oder ein anderes Zahlungsmittel, über welches die Nutzungsgebühren abgerechnet werden.
Wer ein Kraftfahrzeug mietet, muss im nächsten Schritt seinen Führerschein nachweisen. Das geschieht durch Vorlage zum Beispiel im Unterwössner Rathaus. Alle sechs Monate ist dieser Validierungsvorgang zu wiederholen, der Führerschein erneut zu bestätigen, wenn man das Angebot dauerhaft nutzen will.
Über die App lässt sich das Fahrzeug selbsterklärend reservieren oder sofort nutzen, wenn es an der Ladesäule wartet. Die App führt in Arbeitsschritten durch den Vorgang, Beschriftungen im Auto helfen zusätzlich.
Vor Schadensersatzansprüchen ist man weitgehend geschützt. Es besteht eine Vollkaskoversicherung für das Fahrzeug mit einer Selbstbeteiligung von 1500 €. Das Unternehmen Überall, Prien, kümmert sich um die Wartung des Fahrzeugs, um TÜV, Reparaturen, Reifenwechsel, Reinigung, den Ladezustand und bietet zudem einen 24-Stunden-Service an.
Die Projekt-Initiative
Initiator des Projektes ist im Achental das Ökomodell. Die Gemeinden Übersee, Grassau, Marquartstein und Unterwössen sind bereits im Boot, weitere Gemeinden sollen folgen.
Vom Geschäftsführer des Ökomodells Christoph Bauhofer erfahren wir im Gespräch weitere Einzelheiten. Das Projekt entstand mit Unterstützung durch das Amt für ländliche Entwicklung Oberbayern und die Kreissparkasse Traunstein. Die Gemeinde Unterwössen gibt rund 30.000 €, die Ladestruktur und sonstigen Voraussetzungen in Unterwössen zu schaffen. Von Roger Paweleck, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Traunstein-Trostberg erfuhren wir vor Ort, dass das Geldinstitut 24 Monate mit je 1000 Euro € das Modell stärkt. Jetzt kommt es wesentlich darauf an, das Carsharing im Achental bekanntzumachen. In dem Zusammenhang informiert die Sparkasse nicht nur ihre Kunden, sie bieten ihnen auch Sondertarife an. Auch Ökomodell und Gemeinden rühren fleißig die Werbetrommel. Denn eines ist offensichtlich: Je mehr das Angebot genutzt wird, desto mehr Fahrzeuge wird es geben, desto besser die Verfügbarkeit. Auch das ein Anlass, das Modell auszuprobieren und kräftig zu nutzen.