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Rund um den Grüntensee
Ausgabe 31/2022
Markt Wertach
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Ambulante Pflege vor großen Herausforderungen

Am Dienstag, den 19. Juli traf sich ein kleiner Kreis Interessierter und Engagierter zur Jahresversammlung des Vereins für ambulante Krankenpflege im Wertacher Pfarrheim. Unter den Gästen und Teilnehmern waren die Wertacher Bürgermeisterin Gertrud Knoll, der Geschäftsführer der Sozialstation der Caritas und Diakonie in Sonthofen, Christoph Nunner, sowie der Vorsitzende des Oyer Vereins für ambulante Krankenpflege, Martin Haslach. Beim Hauptpunkt der Tagesordnung, „Situation der ambulanten Pflege in Wertach und Umgebung“ gab es einerseits Positives zu berichten:

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Die wichtige Stelle der Pflegedienstleitung der Sonthofener Sozialstation, die mehr als ein Jahr nicht besetzt war, wird seit dem Frühjahr von Frau Rebecca Willmann wahrgenommen, deren Fachkompetenz und Engagement bei Geschäftsleitung wie Personal sehr positiv ankommen.

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Die Wertacher Pflegerinnen werden am 19. September 2022 ihren Pflegestützpunkt in den neuen Räume in Linzenleiten beziehen.

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Die Zusammenarbeit mit der AllgäuPflege gGmbH im neuen ‚Seniorenpark Linzenleiten‘ ist weitestgehend geklärt, und man blickt von Seiten der Caritas mit positiven Erwartungen auf diese neue Phase.

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Für das betreute Wohnen dort sind bereits 11 der 19 Wohneinheiten vergeben. Entgegen manchen Befürchtungen sind die ersten Mieter der Einrichtung bislang nur Einheimische (zehn Personen aus Wertach, eine aus der unmittelbaren Nachbarschaft).

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Unser Verein für ambulante Krankenpflege konnte im vergangenen Jahr 17 neue Mitglieder aufnehmen, eine so erfreulich große Zahl von neuen Unterstützern der Sozialstation durften wir schon seit langer Zeit nicht mehr begrüßen.

Auf der anderen Seite belasten einige Umstände die Arbeit der Sozialstation in hohem Maß:

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Das drängendste Problem ist der Fachkräftemangel. Waren noch im vergangenen Jahr sieben fest angestellte Pflegerinnen in Wertach und Oy-Mittelberg tätig, sind es mittlerweile nur noch vier, die ca. 30 Patienten in unserem Gebiet versorgen. Dementsprechend kann nicht allen Nachfragen nach Pflegeleistungen nachgekommen werden. Es wird eine Warteliste geführt, von der zur Zeit nur einzelne Neuaufnahmen mit dringendem Bedarf an Behandlungspflegen möglich sind. Um neues qualifiziertes Personal wird auf verschiedensten Kanälen geworben, leider fast ohne Erfolg. Der Markt für Pflegekräfte ist sozusagen leergefegt, nachdem sich zahlreiche Pflegerinnen und Pfleger in der Coronazeit neu orientiert haben. Schwer zu verstehen ist es vor diesem Hintergrund, dass die Caritas bisher keine Bewerber für eine Ausbildung im neu organisierten Pflegebereich gewinnen konnte. Altenpflege- und Krankenpflege-Ausbildung sind seit kurzem ein gemeinsamer Ausbildungsgang, der große Flexibilität und auf lange Sicht sozusagen eine Jobgarantie bietet.

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Der Geschäftsführer der Sozialstation der Caritas und Diakonie Sonthofen, Christoph Nunner, berichtet von der immer schwieriger werdenden finanziellen und organisatorischen Situation, die nicht zuletzt von den unrealistischen Ansprüchen an die Perfektion von Pflegeleistungen, z.B. hinsichtlich der peniblen Dokumentation, mitverursacht werde. Man steuere auf eine Zustand zu, in dem 20% der Pflegebedürftigen eine optimale Pflege erhalten und 80% leer ausgehen.

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Ein großes Problem für die wirtschaftliche Rentabilität stellen, wie schon seit langem, die weiten Fahrwege auf dem Land dar. Fahrzeiten werden nur pauschal von den Kassen erstattet, die tatsächlichen Arbeitszeit- und Fahrtkosten werden dadurch aber bei weitem nicht gedeckt, vor allem angesichts der gestiegenen Energiekosten. Eben diese Lücke wird seit langem mit Mitteln aus Fördervereinen wie dem unseren teilweise überbrückt, die meisten Vereine leiden aber an starkem Mitgliederschwund, sodass dieser Ausgleich immer weniger funktioniert.

Unterm Strich bleibt ein eher sorgenvoller Blick in die Zukunft, für die wir in Wertach allerdings besser gerüstet sind als viele andere Gemeinden. Es besteht Hoffnung, dass das attraktive Umfeld des Wertacher Pflegestützpunktes doch neue Arbeitskräfte anzieht, die sich dieser ebenso verantwortungsvollen wie erfüllenden Aufgabe stellen.

Sehr wichtig für eine zukünftige Versorgung der Pflegebedürftigen ist vor allem auch das breite gesellschaftliche Interesse für diese gemeinsame Aufgabe. Genau dieses Interesse haben Sie gezeigt, indem sie diesen Artikel gelesen haben. Dafür danken wir Ihnen von Herzen und hoffen, dass Sie dieses Bewusstsein auch in Gesprächen in Ihrem Bekanntenkreis weitertragen.