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Amtsbote der Großgemeinde Röthlein
Ausgabe 10/2024
Amtliche Nachrichten
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Amtliche Nachrichten

Der Sitzungssaal ist voll, es brodelt in der Großgemeinde. Der Ärger über die geplante Gestaltungssatzung für die Altorte in allen drei Gemeindeteilen ist groß. Aktuell läuft eine Petition gegen das Vorhaben und so ist die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange vor dem finalen Satzungsbeschluss erstmal auf Eis gelegt, wie Bürgermeister Peter Gehring in der Gemeinderatssitzung im Februar verkündete.

Doch worum geht es? Seit einigen Jahren läuft in allen drei Ortsteilen ein städtebaulicher Prozess zur Dorfentwicklung. In diesem Rahmen wurde 2022 nach intensiver Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger das sogenannte „Integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept“ (ISEK) auf den Weg gebracht. Anschließend legte der Gemeinderat aufgrund der analysierten städtebaulichen Mängel in den Ortskernen Sanierungsgebiete fest, um im Rahmen der Städtebauförderung Voraussetzungen für Zuschüsse und steuerliche Vorteile zu schaffen - für gemeindliche Maßnahmen, aber auch für private Personen. Bis dato regelte in den Altorten der Paragraph 34 des Baugesetzbuches das Bauen unter dem Aspekt, dass sich Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen müssen, vorausgesetzt das Einvernehmen der Gemeinde wird erteilt.

Im April 2023 entschied der Gemeinderat dann, das zukünftige Bauen mit Blick auf die Erhaltung des typischen Charakters der jeweiligen Gemeindeteile in diesen festgelegten Altortbereichen per Kombination aus Gestaltungssatzung und Leitfaden zu regeln. Die Ausformulierungen für beide Gestaltungsinstrumente fand – kontrovers diskutiert - in mehreren öffentlichen Ratssitzungen statt; der finale Satzungsbeschluss steht noch aus – aktuell ruht der Prozess.

Ein Vorhaben mit Brisanz, wie sich nun zeigt, regelt doch die Gestaltungssatzung ab Inkrafttreten rechtsverbindlich die in ihr festgelegten Maßnahmen; in Röthlein sind das unter anderem die Fassadenfarbe, die Fenstergestaltung und die Hoftore. Der Leitfaden dagegen beinhaltet unverbindliche Empfehlungen, deren Umsetzung freiwillig, aber zuwendungsfähig ist.

Das gefällt vielen Eigentümern nicht und so läuft seit dem fünften Februar eine Petition, die zeigt: weder die Initiatoren noch die mittlerweile knapp 600 Unterzeichnenden wollen eine Gestaltungssatzung, die ihnen rechtsverbindlich vorschreibt, wie sie im Altort zukünftig zu bauen haben. In der Petition heißt es: „Wir fühlen uns übergangen und nicht zeitnah und umfassend über die geplanten Eingriffe in unser Eigentum informiert“ – eine Meinung, die in den Kommentaren der Petition – 119 sind es laut aktuellem Stand aus allen drei Ortsteile - vielfach geteilt wird. Viele befürchten dazu, dass das Bauen im Altort nun unattraktiv wird, potentielle Bauinteressierte durch die eng gestrickte Gestaltungssatzung abgeschreckt werden - es wird gar über den „Untergang des Alt-Dorfes“, spekuliert. Von Bürokratie und Vorschriftenwahn ist die Rede bis hin zu der Feststellung, “dass Röthlein kaum historischen Altort hat“. Kritisiert wird in der Petition auch, dass es erst eine Bürgerversammlung zum dem Thema geben soll, wenn die Gestaltungssatzung verabschiedet ist.

Der unverbindliche Leitfaden mit Altortförderung und Sanierungsanreizen wird dagegen durchweg favorisiert. Im Flyer wird er als echte „Win-Win-Situation für alle“, in den Kommentaren als „bürgernah und zeitgemäß“ beschrieben, der Entscheidungen nicht einschränkt, sondern flexibel gestaltet, schließlich – auch das schreiben mehrere Bürgerinnen und Bürger - muss man für Baumaßnahmen momentan viel Geld in die Hand nehmen und da möchte man über die „Gestaltung von Haus und Grundstück“ selbst und frei entscheiden dürfen.

Der Bürgermeister hält dagegen, im Amtsboten und auch in der Gemeinderatssitzung. Er wehrt sich gegen den Vorwurf, nicht genügend informiert zu haben, verweist auf die Vielzahl von öffentlichen Sitzungen und dem Ortsspaziergang In Heidenfeld im August 2023 mit den Fachplanern, dazu listet er Artikel in der Mainpost und im Amtsboten zu diesem Thema. Das Ratsgremium, stellt Gehring noch einmal klar, hat sich lange und kritisch mit dem Thema auseinandergesetzt, „werde und muss die Petition“ aber als Bürgerantrag ernst nehmen. Er kritisiert aber auch, dass der an etwa 1500 Haushalte verteilte, mit „reißerischer“ Überschrift versehene Flyer weder „Ross noch Reiter“ nenne; tatsächlich findet man die Angaben über die Initiatoren erst, wenn man den QR-Code oder die Webadresse der Online-Petition anklickt. Zudem wird noch eine Hausnummer in der Röthleiner Hauptstraße als Briefkastenadresse genannt, für alle, die den Flyer „analog“ ausfüllen und abgeben wollen.

Doch wie geht es weiter? Es wird wohl weitere Gespräche geben, dazu kündigte Bürgermeister Gehring an, dass er drei ehemalige Gemeinderäte zu Beratungen mit ins Boot genommen habe, die selbst in den Sanierungsgebieten Eigentum besitzen und langjährige Erfahrungen mitbringen. Noch hoffen alle Parteien, dass es einen für alle tragbaren Kompromiss gibt, wie der aussehen soll, werden die nächsten Wochen zeigen.

Bericht: Daniela Schneider