Die Innenentwicklung einer Gemeinde ist eine diffizile Angelegenheit. Es geht, wie Städteplanerin Evi Mohr zum Auftakt Landrat Florian Töpper in der jüngsten Gemeinderatssitzung zitierte, nicht nur darum, „ob etwas in bestehenden Siedlungsstrukturen passiert, sondern auch wie“ Baumaßnahmen umgesetzt werden, um den ortstypischen eigenständigen Charakter zu erhalten.
Ein Flachdachbungalow passt halt nicht wirklich, wie ein Foto verdeutlichte, in eine typisch fränkische Dorfstraße und so stellt sich für eine Gemeinde wie Röthlein, die sich aktuell intensiv mit der großgemeindlichen Innenentwicklung beschäftigt, nun die Frage, wie weit die Kommune in die Ortsbildprägung eingreifen möchte. Eine Entscheidung, die eine gewisse Brisanz birgt, wie sich im Laufe der nachfolgenden Diskussion zeigte, schließlich stehen sich gegebenenfalls gesetzliche Vorgaben und persönliche Gestaltungswünsche gegenüber.
Für eine sinnvolle Altortgestaltung gibt es laut Städteplanerin Evi Mohr vom Schweinfurter Architekturbüro Schlicht/Lamprecht/Kern zwei Möglichkeiten. Das eine – der Erlass einer Gestaltungssatzung – ist eine örtliche Bauvorschrift mit rechtsverbindlichen Vorgaben für die äußere Gestaltung von Gebäuden, baulichen Anlagen und Grünräumen in einem festgelegten Geltungsbereich. Das andere – der gestalterische Leitfaden – ist eine Orientierungshilfe mit Empfehlungen ohne rechtsverbindlichen Charakter. Beide Varianten sind laut Mohr auch miteinander kombinierbar.
So ist es durchaus möglich, wie Mohr erläuterte, regional typische, identitätsstiftende Gestaltungsmerkmale wie die Dachform und -neigung, die Position des Gebäudes, Fensterformat und die Notwendigkeit eines Hoftores verbindlich per Gestaltungssatzung festzulegen; Dacheindeckung und Dachaufbauten, zu der auch PV-Anlagen gehören, sowie die Materialität von Fassaden, Fenstern, Türen, Geländern oder Balkonen und die Freiflächengestaltung dagegen als Empfehlung in einem Gestaltungsleitfaden zu regeln. Im Klartext bedeutet das: Die Dachform ist baugesetzlich vorgeschrieben und muss eingehalten werden, das empfohlene Ziegelrot aus dem Leitfaden dagegen nicht. Werden dann graue Ziegeln verbaut, gibt es keine Förderung. Der Gestaltungsleitfaden regelt quasi das „Geldausgeben“ für private Grundstückseigentümer im festgelegten Geltungsbereich (Sanierungsgebiete) durch ein kommunales, von der Gemeinde aufgelegtes Förderprogramm. Fördermodalitäten und Förderhöhen werden mit Bindungsfrist – wie Armin Götz nachfragte – von der Gemeinde festgelegt und eine Befreiung von den gesetzlichen Festsetzungen, rät die Planerin, sollte nicht oder nur in begründeten Ausnahmefällen genehmigt werden, auch weil sich der Gemeinderat mit seinen vorab getroffenen Entscheidungen sonst „unglaubwürdig“ machen würde.
Stadtplanerin Evi Mohr ging es bei ihrer ersten Präsentation um eine Tendenz, darum, in welche Richtung der Gemeinderat gehen möchte. Das abgefragte Stimmungsbild ist eindeutig: Das Gros wünscht sich eine Mischform mit gesetzlichen Gestaltungsvorgaben in einer Satzung und weiter gesteckten Empfehlungen im Gestaltungsleitfaden, auch wenn Harald Fuchsberger so seine Probleme damit hatte, dass die Bauwilligen mit gesetzlichen Satzungsvorgaben in ihrer Gestaltungsfreiheit „gegängelt“ werden. Vorgaben, die es allerdings, wie Bürgermeister Peter Gehring feststellte, in allen gemeindlichen Bebauungsplänen gibt. Wie Evi Mohr weiter erläuterte, werden auch Bauberatungen durchgeführt in deren Rahmen man gegebenenfalls, wie Detlev Reusch nachfragte, über Leerstände und Baulücken diskutieren könnte, gerne auch als eigenständiges Thema außerhalb der Gestaltungskonzepte.
Etwa sechs Monate veranschlagte die Stadtplanerin für die bereits beauftragte Erstellung des kombinierten Gestaltungskonzeptes - ein Zeitschema mit verschiedenen Punkten, das optional auch einen Ortsspaziergang mit dem Gemeinderat oder eine Infoveranstaltung für Bürger vorsieht und – wie es sich Andreas Hetterich abschließend wünschte – auch Referenz-Beispiele für moderne, satzungskonforme Gestaltungen im Altort beinhaltet.
Zu teuer – Badesee landet in der Schublade
Ein Projekt, das den Gemeinderat seit einigen Jahren beschäftigt, ist nun nach der jüngsten Gemeinderatssitzung „in der Schublade gelandet“. Es ging um einen Badesee auf dem ehemaligen Hirschfelder Fußballplatz. 2022 wurde das Projekt auf die gemeindliche Prioritätenliste gesetzt und eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben.
Das Ergebnis lag jetzt vor und war desillusionierend – beide vorgestellten Varianten sprengten die Kosten. Variante eins – ein Naturbadesee mit Filterbereich und hydraulisch unabhängigem Becken – kostet in der Herstellung knapp 1.5 Millionen Euro und schlägt jährlich dann noch mit gut 76.000 Euro technischen Betriebs- und Unterhaltskosten zu Buche. Die zweite Variante, ein natürlicher Baggersee, kostet zwar „nur“ 220.000 Euro und ist auch im Unterhalt etwas günstiger, verbraucht aber viel mehr Fläche und hält – Stichwort Verlandung – wohl nicht lange und müsste aus Wasserqualitätsgründen immer wieder ertüchtigt werden - da summieren sich die Kosten dann ebenfalls, wie Bürgermeister Peter Gehring feststellte. „Schlicht nicht bezahlbar“ lautete dann auch das einstimmige Fazit und so wird das Projekt jetzt von der Prioritätenliste genommen und für den „alten“ Sportplatz gegebenenfalls eine andere Nutzung überlegt.
Des Weiteren wählte der Gemeinderat aus einem Feld von 17 interessierten Bewerberinnen und Bewerbern elf Frauen und Männer per geheimer Wahl aus, die dem Landgericht Schweinfurt für die Schöffenwahl zur Amtsperiode 2024 bis 2028 vorgeschlagen werden.
Etwas längere Diskussionen verursachte dann die Erhöhung der Fördermittel für private Photovoltaikanlagen auf Dächern und an Balkonen. Wie Gehring erläuterte, wird die von Röthlein ausgelobte Förderung sehr gut angenommen, aktuell sind bereits 171 Anträge für große Anlagen und weitere sieben für Mikro-PV eingegangen. Eine schöne Zahl, für die der Bürgermeister jetzt aber die bereitgestellten Fördermittel um 100.000 Euro aufstocken möchte. Bernd Wehner äußerte Skepsis, er sei „zwiegespalten“, schließlich geht es um große Summen. Er bezweifelte, dass die Förderung ausschlaggebend für eine PV-Realisierung sei. Wie Detlev Reusch erläuterte, vermutlich nicht, jedoch sei die Förderung als Anreiz gedacht, mache aufmerksam und würde laut vieler Rückmeldungen die Leute freuen. Und so beschloss das Gremium eine Aufstockung um 100.000 Euro; aufgeteilt zu je 50.000 Euro in 2023 und 2024, außerplanmäßig finanziert über den Dachflächenplan der Gemeinde.
Abschließend wurde noch ein Antrag der neugegründeten Vereinsgemeinschaft in Höhe von 15.000 Euro für dringende Anschaffungen bewilligt, sowie zwei Bauanträge für die Errichtung eines Gartenhauses in Röthlein und einer Terrassenüberdachung in Heidenfeld genehmigt. Und Detlev Reusch wünschte sich einen Appell im Amtsboten in punkto Müll. Der wird nämlich gerade wieder überall in der öffentlichen Flur entsorgt und es wäre nicht, wie wohl einige denken, Aufgabe des Bauhofs – so Reusch – diesen aufzuräumen.
Bericht: Daniela Schneider