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Brensbacher Nachrichten
Ausgabe 12/2024
Kirchliche Nachrichten
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Gedanken zum Wochenende

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die Gedanken zum Wochenende stammen diesmal von Christopher Hintz von der Freien Christengemeinde. Wir vier Kirchengemeinden in Brensbach wünschen Ihnen ein schönes Wochenende.

Anja Encarnacao, Katholische Kirchengemeinde
Miriam von Nordheim-Diehl, Evangelische Kirchengemeinde Wersau Cyrille Tchamda, Freie Christengemeinde
Matthias Kraft, Evangelische Kirchengemeinde Brensbach

Liebe Leserinnen und Leser der Brensbacher Nachrichten,

im August letzten Jahres zog ich, Christopher Hintz, 25 Jahre alt, aus der schönen Hansestadt Bremen nach Erzhausen bei Darmstadt, um meinen Arbeitsplatz in einem handwerklichen Betrieb aufzugeben und mit dem Theologiestudium zu beginnen. Als Teil des Studiums bin ich

aktuell Praktikant in der Freien Christengemeinde Gersprenztal und darf mich im Rahmen unterschiedlicher Aufgabenbereiche einbringen. Offen gestanden gefällt es mir hier im Odenwald, auch wenn mir ab und zu die Nordsee fehlt, wirklich sehr gut, sodass ich der vor mir liegenden Zeit freudig entgegenblicke. Ich freue mich, Ihnen im Rahmen der Brensbacher Nachrichten einige Gedanken mit in die bevorstehende Osterzeit geben zu dürfen.

Mit freudiger Erwartung schauen wir auf die bevorstehende Osterzeit und der eine oder andere bereitet sich innerlich schon auf die gemeinsame Zeit mit der Familie vor. Familie ist ein Ausdruck von Zugehörigkeit, Annahme und Geborgenheit. Zumindest sollte es so sein.Und doch ist Familie allzu oft ein Ausdruck von Krisen, Zerbruch und Streit. Möglicherweise ertappen Sie sich gerade dabei, wie Sie über Ihre Familie nachdenken und sich Gefühle von Unruhe, Trauer oder Wut breitmachen. Schon seit Jahren sind Sie mit einigen

Familienangehörigen zerstritten. Sie haben sich von dem Gedanken, sich zu versöhnen, schon seit geraumer Zeit verabschiedet. Doch was würde passieren, wenn man mit der betroffenen Person einen Dialog suchen würde, um mit den Dingen aufzuräumen, die dazu geführt haben, dass Sie an Ostern nicht mehr gemeinsam an einem Tisch sitzen? Würden Sie mir Glauben schenken, wenn ich Ihnen sagen würde, dass man mit einem klärenden Gespräch die zerbrochene Beziehung, sei es mit den Kindern, Eltern oder dem Ehepartner, in einem Moment auf den Weg der Versöhnung lenken könnte?

Ein wohlhabender Mann hatte zwei Söhne. Er besaß hektarweise Land, diverse Immobilien und zahlreiche Angestellte. Zu keinem Zeitpunkt gab es auch nur ein kleines Anzeichen für irgendeinen Mangel. Eines Tages ereignete sich etwas Unvorstellbares. Der jüngere Sohn traf eine Entscheidung, die sein Leben und das seiner Familie dramatisch

verändern würde. Er traf den Entschluss, zu seinem Vater zu gehen und seinen Anteil des ihm zustehenden Erbes frühzeitig einzufordern, um damit ins Ausland zu ziehen. Mit dem gefassten Entschluss ging er also zu seinem Vater und konfrontierte ihn mit seiner Forderung.

Mit Entsetzen schaute ihn sein Vater an. Doch sein Sohn blieb kalt und sprach die Forderung erneut aus. Daraufhin war der Vater sehr bestürzt. Da er seinen Sohn sehr liebte, stimmte er schlussendlich der Forderung zu und leitete alle nötigen Schritte ein, um seinen Besitz zu

liquidieren und seinem Sohn den ihm zustehenden Anteil auszuzahlen. Fest entschlossen zog der jüngere Sohn ins Ausland und begann damit, sein Erbe sinnlos zu verschleudern. Die Jahre vergingen und stetig verlor er alles, was er hatte, während sein Vater in weiter Ferne Tag für Tag aus dem Fenster schaute in der Hoffnung, dass sein Sohn zurückkehren würde. Der Sohn fing an, sich daran zu erinnern, wie gut er es doch bei seinem Vater hatte und bereute seine Entscheidung, je länger er darüber nachdachte. Schlussendlich überwand er sich und machte sich auf in seine Heimat. Noch ehe er auch nur in die Nähe der Haustür kommen konnte, erkannte ihn sein Vater bereits und rannte tränenüberströmt auf seinen Sohn zu, um ihn in seine Arme zu schließen. Sein Sohn wusste nicht, wie ihm geschah. Nach all den Jahren des Zerbruchs vergab ihm sein Vater, ohne auch nur einen Moment daran zu zweifeln.

Der Vater hatte zu keinem Zeitpunkt einen Grund dazu, seinem verlorenen Sohn nach all dem, was geschehen war, zu vergeben. Trotzdem tat er es und stellte somit die Beziehung wieder her. In dieser Geschichte geht es nicht darum, wer oder was der Auslöser der gestörten Beziehung war, sondern vielmehr darum, wie selbstlos sein Vater über all die Vergehen hinweg sah. Wir werden nicht umhin kommen, aus welchen Gründen auch immer, Menschen, die wir lieben zu verletzen oder von diesen verletzt zu werden. Um eben diese so wichtigen Beziehungen zu bewahren, ist es notwendig, über die Fehler des anderen hinwegzusehen und sich selbst einzugestehen, dass man nicht fehlerlos ist.

Hass erregt Streit, aber die Liebe deckt alle Verfehlungen zu (Sprüche 10,12).

Freundliche Grüße
Christopher Hintz