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Brensbacher Nachrichten
Ausgabe 14/2024
Kirchliche Nachrichten
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Gedanken zum Wochenende

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die Gedanken zum Wochenende stammen diesmal von Matthias Kraft von der Evangelischen Kirchengemeinde Brensbach. Wir vier Kirchengemeinden in Brensbach wünschen Ihnen ein schönes Wochenende.

Anja Encarnacao, Katholische Kirchengemeinde
Miriam von Nordheim-Diehl, Evangelische Kirchengemeinde Wersau
Cyrille Tchamda, Freie Christengemeinde
Matthias Kraft, Evangelische Kirchengemeinde Brensbach

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

das Jahr 2024 ist, zumindest was die Weltgeschichte angeht, ein Jahr, das eher vom Karfreitag geprägt ist. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine tobt seit zwei Jahren und hat viele Sicherheiten über den Haufen geworfen. In Palästina und Israel ist aus dem seit Jahrzehnten existierenden Konflikt zwischen der Hamas und Israel ein Krieg erwachsen, der den Orient aber auch Menschen hier bei uns durcheinanderbringt, polarisiert und Gräben aufreißt. Die Saat der Unmenschlichkeit, die die Hamas am 7. Oktober ausgestreut hat, geht auf.

Wie passt die Ostergeschichte in diese Weltlage hinein?

Die Jünger waren nach der Hinrichtung Jesu verzweifelt und verwirrt. Als die Frauen vom Grab kamen und den Jüngern erzählten, dass Jesus auferstanden war, wurde die Verwirrung zunächst eher größer.

Die Bibel erzählt von zwei Jüngern, die auf dem Weg nach Hause waren, um wieder in ihren Alltag zurückzukehren. Sie waren traurig, enttäuscht, hoffnungslos, verwirrt. Dass Maria und Maria Magdalena erzählt hatten, Jesus sei auferstanden, hatte sie nur noch mehr durcheinandergebracht. Als die beiden Jünger in der Nähe des Dorfes Emmaus waren, begegnete ihnen Jesus. Zunächst erkannten sie ihn nicht. Sie erzählten ihrem unbekannten Wegbegleiter, was in Jerusalem passiert war und ließen durchblicken, dass sie enttäuscht waren. Viele hatten gehofft, dass Jesus einen Aufstand gegen die Römer anführen würde, dass er einen politischen Umsturz herbeiführen würde. Doch das war nicht geschehen.

Jesus hört ihnen zu und versucht den beiden zu deuten, was am Karfreitag passiert war. Er beginnt ihnen aus der Bibel, aus dem Alten Testament darzulegen, dass die Propheten schon vor Jahrhunderten auf ihn hingewiesen hatten, dass die Bibel schillernd, mehrdimensional und vielfältig auf ihn hinweist. Jesus nimmt sie ausführlich in die Gedankenwelt des Alten Testaments hinein. Er erklärt eine ganze Weile, es wird kompliziert. Obwohl die Jünger natürlich schon von Kindheit an mit den Texten und Geschichten, mit den Auslegungen der Texte vertraut sind, fällt es ihnen schwer, nachzuvollziehen, was Jesus vor ihnen entfaltet.

Schließlich machen sie Rast und Jesus isst mit den beiden. Er bricht das Brot, wie er es von einigen Tagen getan hatte. Und erst jetzt erkannten die Jünger, dass Jesus mit ihnen unterwegs gewesen war. „Brannte nicht unser Herz“ fällt ihnen im Nachhinein ein, als sie noch einmal über das nachdachten, was ihnen Jesus erklärt hatte.

Obwohl es schon Abend war, rannten sie zurück nach Jerusalem und erzählten den Jüngern, was sie erlebt hatten. Das Chaos hatte sich gelichtet. Plötzlich hatte eine neue Klarheit angefangen zu wachsen. Sie gewannen eine ganz andere Sicht auf die Ereignisse. Was ist nun diese neue Perspektive?

Ich möchte es einmal so formulieren: Die Jünger begannen zu verstehen: Mit der Auferstehung probt Gott den Aufstand. Er probt den Aufstand gegen unsere menschliche Unmenschlichkeit. Mit der Auferstehung Jesu geht es um viel mehr, als um die Wiederbelebung eines Toten. Sie erkennen, hier setzt Gott selbst ein Statement. Ein allgemein gültiges Statement gegen die Unmenschlichkeit.

Jesus wurde am Karfreitag der Unmenschlichkeit preisgegeben. Er wurde verraten, ausgelacht, ermordet und sollte dem Vergessen anheimfallen. Ganz so wie es auch heute vielen Menschen geht überall auf der Welt, seien es Menschen bei uns, die Leidenden des Krieges gegen die Ukraine oder die Leidenden des aktuellen Konflikts in Palästina und in Israel. Am Karfreitag, mit dem Tod Jesu und dem Ostertag, dem Tag der Auferstehung Jesu probt Gott den Aufstand gegen die Unmenschlichkeit, indem er sich selbst in das Leiden hineinwirft. Er zeigt beispielhaft durch die Auferstehung von Jesus, dass er sich auf die Seite der Schwachen, der Verachteten, der zu Unrecht Gehassten stellt.

Daraus erwächst für jeden, der die Ostergeschichte ernst nehmen will eine Aufgabe: Sich für die einzusetzen, die unter Unrecht leiden, auf der Flucht sind, ausgegrenzt sind, Traurige zu trösten und den Mutlosen Mut zu machen.

Pfarrer Matthias Kraft