Liebe Leserinnen, liebe Leser,
die Gedanken zum Wochenende stammen diesmal von Matthias Kraft von der Evangelischen Kirchengemeinde Brensbach.
Wir vier Kirchengemeinden in Brensbach wünschen Ihnen ein schönes Wochenende.
Anja Encarnacao, Katholische Kirchengemeinde
Miriam von Nordheim-Diehl, Evangelische Kirchengemeinde Wersau
Cyrille Tchamda, Freie Christengemeinde
Matthias Kraft, Evangelische Kirchengemeinde Brensbach
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
am Sonntag, den 16. Juli feiern wir das „Fest der Kirchen“ anlässlich des Ortsjubiläums 800 Jahre Brensbach. Die katholische, die evangelische und die freikirchliche Gemeinde laden zum Gottesdienst und zum anschließenden Gemeindefest ein.
Um 10:00 Uhr beginnen wir in der Markus-Kirche mit einem ganz besonderen Gottesdienst. Denn in diesem Gotesdienst treffen sich Elemente aus der katholischen Gottesdienstform, Lobpreislieder aus der Freien Christengemeinde und Elemente aus dem evangelischen Gottesdienst. Im Vorbereitungsteam war es uns wichtig, dass jede der drei Kirchen Teile aus ihrer Tradition in den Gottesdienst einfließen lassen kann. Das bedeutet natürlich auch, dass aus den unterschiedlichen Arten Gottesdienst zu feiern nicht alles im Gottesdienst vorkommen kann. Jeder musste also überlegen, was ist uns besonders wichtig und vielleicht auch typisch für unsere Kirche.
Im Anschluss an den Gottesdienst laden wir zum Mittagessen im Gemeindehaus und im Kirchgarten ein. Das Spielmobil sorgt für ein buntes Kinderprogramm während des ganzen Festes. So dass es auch ein Familienfest sein wird.
Nach dem Mittagessen erwartet uns um 14:00 Uhr ein spannender Vortrag. Thomas Steinmetz, der sich seit vielen Jahren mit der Markus-Kirche und ihrer Geschichte beschäftigt, wird uns in der Markus-Kirche die Besonderheiten der ältesten Brensbacher Kirche nahebringen. Unsere Kirche hat ja selbst eine ökumenische Geschichte. Geplant wurde sie als katholisches Gotteshaus. Noch während sie in Bau war, kam die Reformation und unsere Markus-Kirche wurde als evangelische Kirche weiter gebaut. Schon in der Architektur steckt somit katholisches und evangelisches. Im letzten Jahr war auch einmal die Freie Christengemeinde in der Markus-Kirche, um dort Gottesdienst zu feiern, weil sie keinen anderen Raum gefunden hatten. Dass wir nun zum Ortsjubiläum gemeinsam feiern ist nur folgerichtig.
Dass es ein solches gemeinsames Fest gibt, ist allerdings durchaus nicht selbstverständlich. Noch vor fünfzig oder sechzig Jahren war das Zusammenleben von Katholiken und Evangelischen und Freikirchlern deutlich schwieriger als heute und von Vorbehalten und Misstrauen belastet. Dies galt nicht nur für Hochzeiten von katholischen und evangelischen Christen. Viele Dinge, die heute im Zusammenleben der Christen selbstverständlich sind, mussten erst über Jahrzehnte wachsen. Gemeinsame Gottesdienste musste man entwickeln und einüben. Bei uns im Ort zählen dazu z. B. der Kerbgottesdienst oder der Erntedankgottesdienst. Dass es heute ein gemeinsames Fest der drei in unserem Ort vertretenen Kirchen gibt, ist ein Zeichen, dass Ökumene tragfähig ist. Dies bedeutet aber nicht, dass die Unterschiede zwischen den Kirchen plötzlich weg wären. Wenn Christinnen und Christen aus verschiedenen Kirchen miteinander feiern, bedeutet das auch, dass wir manchem begegnen, was uns fremd ist oder was uns grundsätzlich herausfordert oder Fragezeichen hinterlässt.
Das macht aber nichts. Im Gegenteil. Ich behaupte, das ist gut so. Denn dadurch werden wir angeregt, über das Fremde und das Vertraute nachzudenken, den gemeinsamen Kern zu suchen oder Unterschiede genauer zu verstehen.
Ich glaube, dass wir den Mut, der es vor Jahrzehnten möglich gemacht hat, dass sich Christinnen und Christen aus unterschiedlichen Kirchen annähern konnten und viele Gemeinsamkeiten gefunden haben, heute auch wieder nötig ist. Und zwar über die Grenze von Kirchen hinaus. So vielfältig ist unsere Gesellschaft, so unterschiedlich sind die Wege, über das Leben nachzudenken. Sich davon gegenseitig zu erzählen, sich über manches zu wundern und nachzufragen, warum der andere das so macht, ist ein Schatz. Ich glaube, die Leidenschaft aufeinander zuzugehen, und sich herausfordern zu lassen, und nachzufragen ist eine Kraft, die unsere Gesellschaft braucht. Oder anders gesagt: Wir bauchen eine Leidenschaft für die Neugierde und das Interesse am Nächsten. Meine Erfahrung ist, dass es mein Leben ungemein bereichert, die Welt mit den Augen anderer zu sehen.
Ihr Matthias Kraft, Pfarrer