Titel Logo
Brensbacher Nachrichten
Ausgabe 3/2025
Kirchliche Nachrichten
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Gedanken zum Wochenende

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die Gedanken zum Wochenende stammen diesmal von Matthias Kraft von der Evangelischen Kirchengemeinde Brensbach. Wir vier Kirchengemeinden in Brensbach wünschen Ihnen ein schönes Wochenende.

Anja Encarnacao, Katholische Kirchengemeinde
Miriam von Nordheim-Diehl, Evangelische Kirchengemeinde Wersau Cyrille Tchamda, Freie Christengemeinde
Matthias Kraft, Evangelische Kirchengemeinde Brensbach

Liebe Leserinnen und Leser,

was soll aus dem Jahr 2025 werden? Es gibt so viele Herausforderungen, mit denen jeder von uns umgehen muss. Im privaten genauso auch im öffentlichen Bereich. Entscheidungen bei den Wahlen stehen an und es ist nicht leicht, sich zu orientieren gerade angesichts der zunehmenden Polarisierung in der Welt, dem zunehmenden allgemeinen Ärger. Und nicht nur in der Politik wird der Ton zunehmend rauer, auch auf der Straße und im Alltag. Das ist nichts Neues, es ist etwas, was schon seit einigen Jahren schleichend geschieht. Darum fällt es nicht sofort auf.

Dennoch ist es ernst zu nehmen. Allerdings beschäftigt mich am Anfang des Jahres 2025 keine Analyse, wer „schuld“ ist. Denn das liefe darauf hinaus, dass irgendeine Gruppe dafür verantwortlich gemacht wird und den schwarzen Peter zugeschoben bekommt. Und die sind für gewöhnlich nicht „wir“, was auch immer man mit „wir“ meint. So einfach ist es nicht. Und hilfreich ist es auch nicht. Denn das Leben und die Welt sind meistens zu kompliziert für einfache Antworten.

Ich frage mich, was wäre denn eine Kraft, Werte oder eine Lebenseinstellung, die man dem Auseinanderdriften der Gesellschaft entgegensetzten könnte? Die zerbrochenes heilen könnte? Was könnten Christinnen und Christen oder den Kirchen beitragen?

Fündig geworden bin ich bei einem ganz traditionellen Gedanken, oft zitiert, schwer umzusetzen und unglaublich wirkmächtig, wenn ich mich darauf einlasse:

Jesus sagt: „Liebt eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen!

Segnet die, die euch verfluchen; betet für die, die euch beschimpfen!

(Lukas-Evangelium 6, 27-28)

Zugegeben, es klingt wie ein idealistischer Gedanke, der zu gut für die Realität ist, eine lebensfremde Ausgeburt des Gutmenschentums, wie manche sagen würden.

Trotzdem kristallisiert sich an diesem Satz eine ganze Lebenseinstellung, die ein erhebliches Veränderungspotential für unser Leben und unsere Gesellschaft hat. Der Kerngedanke dieses Gebots der Feindesliebe: Lass dich nicht in einen Strudel aus destruktiver Energie, aus negativen Gedanken und Gefühlen hineinziehen. Setze dem, was das Leben negativ besetzten will, etwas Positives entgegen. Begegne Menschen mit Gutem. Vielleicht begegnen sie dir dann auch mit Gutem. Soweit ist der Gedanke nachvollziehbar. Allerdings gibt es keine Garantie, dass dies geschieht. Tatsächlich geht es Jesus um mehr. Mit dem Gebot der Feindesliebe verbindet er das Gebot der Feindessegnung.

Da wo jemand flucht, sollen wir segnen. Das bedeutet mehr, als einem negativen Gedanken einen guten Gedanken entgegensetzen. Wer jemanden segnet, der bringt denjenigen vor Gott und setzt ihn Gottes Wohlwollen aus. Das bedeutet auch, wenn ich es schaffe jemanden zu segnen, der über mich schimpft oder mich sogar verflucht, dann bringe ich Gott als einen weiteren Beteiligten hinein.

Und dies macht einen großen Unterschied. Zum einen kann es mich entlasten, Gott mit ins Spiel zu bringen, weil ich mit den negativen Gedanken, dem Ärger oder auch der Angst nicht mehr alleine bin.

Zum anderen hat Gott die Kraft, tatsächlich Menschen zu verändern, weil er uns Menschen tiefer und intensiver ansprechen kann, als wir es könnten. Die Bibel sagt, Gott kann Herzen verändern.

Darin liegt das Besondere des Segnens. Wer einen anderen Segnet, der spricht ihm von Gott her Gutes zu und bringt ihn in Gottes Nähe. Das kann eine heilende und verändernde Wirkung haben. Wo Jesus Menschen nahegekommen ist, da sind oft die bösen Geister ausgefahren, da sind Menschen heil geworden. Auch hier gilt aber: Es ist kein Automatismus, aber es ist eine Hoffnung auf Gott, ein Vertrauen über unsere Menschlichen Möglichkeiten hinaus.

Darum geht es Jesus, wenn er vom Gebot der Feindesliebe und der Feindessegnung spricht. Erst dadurch, dass die beiden Aspekte zusammenkommen, wird der Gedanke zu einem explizit christlichen Ideal und auch zu einer christlichen Hoffnung.

Dieses Vertrauen auf Gott und seine Veränderungsmöglichkeiten in unsere Gesellschaft hineinzutragen und daraus zu leben, das ist unser Auftrag als Christinnen und Christen, als Kirchen.

Lassen Sie uns die große Aufgabe anpacken, Lieben und Segnen gerade auch gegen den Augenschein!

Ihr Matthias Kraft, Pfarrer