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Brensbacher Nachrichten
Ausgabe 35/2022
Kirchliche Nachrichten
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Gedanken zum Wochenende

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die Gedanken zum Wochenende stammen diesmal von Matthias Kraft von der Evangelischen Kirchengemeinde Brensbach.

Wir vier Kirchengemeinden in Brensbach wünschen Ihnen ein schönes Wochenende.

Anja Encarnacao, Katholische Kirchengemeinde

Miriam von Nordheim-Diehl, Evangelische Kirchengemeinde

Wersau

Cyrille Tchamda, Freie Christengemeinde

Matthias Kraft, Evangelische Kirchengemeinde Brensbach


Liebe Leserinnen und Leser,

Am Montag und Dienstag ist es soweit: Die Schule geht wieder los. Besonders aufregend ist dies für die Erstklässler, für die am Dienstag der sogenannte „Ernst des Lebens beginnt“. Diesen Gedanken habe ich in der letzten Zeit immer Mal wieder gehört, denn auch wir haben in dieser Woche einen Schulanfänger in der Familie.

Unser Sohn freut sich auf die Schule, er will endlich lesen und schreiben lernen. Rechnen natürlich auch. Mich fasziniert es, wie wissbegierig Kinder sind. Sie untersuchen und beobachten genau, sei es ein Insekt im Garten, oder irgendein technisches Gerät. Was ist das? Wie funktioniert das? Warum ist das so?

Wir haben als Erwachsene eine besondere Verantwortung, dafür zu sorgen, dass unsere Kinder ausreichend sprachliches und gedankliches Futter bekommen, um für das Leben gerüstet zu sein. Dies ist zu einem Teil Aufgabe der Schule, aber nicht nur.

Denn zum Leben gehört auch etwas, was über all die Fertigkeiten wie Lesen, Schreiben, Rechnen und die vielen inhaltlichen Fächer, die während der Schulzeit noch dazu kommen, hinaus geht: Wir haben als Eltern, Großeltern, aber auch als Gesellschaft die Verantwortung dafür, dass unsere Kinder eine Vorstellung vom Sinn des Lebens entwickeln. Darum gibt es Religions- und Ethikunterricht.

„Wenn dich dein Kind morgen fragt: Was sind das für Gebote und Rechte, die euch der Herr, unser Gott, geboten hat? so sollst du deinem Kind sagen: Wir waren Knechte des Pharaos in Ägypten, und der Herr führte uns aus Ägypten mit mächtiger Hand.“

So heißt es im 5. Buch Mose, im 6. Kapitel. Wir haben eine Verantwortung dafür, dass die Kinder etwas darüber erfahren, was dem Leben Halt gibt, was Sinn stiftet und durch Krisen tragen kann. Was würden Sie antworten, wenn ihr Kind, Ihr Enkel oder ein Kind aus der Nachbarschaft Sie fragt, was wichtig ist im Leben? Für die Eltern im Alten Israel war die Geschichte, wie Gott sein Volk aus Ägypten herausführt, sehr wichtig. Wenn die Kinder nach der Identität oder nach dem Sinn gefragt haben, dann erzählten ihnen die Eltern die Geschichten vom Anfang des Volkes.

Bis heute ist diese Geschichte Teil des Schulunterrichts. Denn es ist eine Geschichte, die uns etwas darüber lehrt, wie Gott ist. Er will, dass Menschen frei und in Würde leben können. Dazu kommen noch viele andere Geschichten von Abraham, Jesus, den Aposteln, die Bedeutung der Zehn Gebote, über Martin Luther und viele mehr. Auch Informationen über andere Religionen gehören dazu.

Es macht mir im Religionsunterricht immer viel Freude, mit den Kindern die Geschichten und Themen zu erkunden. Und meistens ist es so, dass ich selbst etwas Neues dabei entdecke und lerne. Dies gilt sowohl für die Schule wie auch für die Konfirmandenkurse. Mit dem neuen Schuljahr beginnt ja auch ein neuer Konfi-Kurs. Das ist mindestens genau so wichtig, wie der Start des neuen Schuljahres. Und ich freue mich auf die Zeit mit den neuen Konfis, auf ihre Fragen und Antwortversuche.

Allerdings würde ich mir wünschen, dass die Fragen nach dem, was Leben lebenswert macht, nicht nur im Schulunterricht oder im Konfi-Kurs, im Kommunion-Unterricht gestellt und besprochen werden. „Wenn dein Kind dich morgen fragt“ – dieser Satz weist auf ein Gespräch zwischen den Generationen hin. Kinder fragen – nicht nur, weil sie es noch nicht wissen, sondern weil sie neugierig, wissbegierig sind, und die Welt verstehen wollen. Ich stelle mir vor, dass die Kinder nachfragen, wenn die Eltern erzählen. Dass sie mehr wissen wollen und sich nicht damit zufriedengeben, dass sie eine nacherzählte Geschichte hören. Gut so! Wären wir abgeklärten Erwachsenen nur aus so!

Wie gut, wenn uns dann Kinder oder Jugendliche aus der Reserve locken und uns Fragen stellen, die wir uns selbst nicht erlauben. Gerade im Bereich Glaube, Gott, Sinn und Ziel des Lebens ist es so wichtig, dass wir uns austauschen.

Ich wünsche mir, dass wir den Mut aufbringen, darüber zu sprechen, was Gott für uns bedeutet oder bedeuten könnte. Dass Junge und Alte gegenseitig fragen und miteinander überlegen, was dem Leben Tiefe geben kann. Vielleicht kann die Neugier der Kinder uns anregen, selbst wieder zu Fragen, ob es für unser Leben eine Perspektive gibt, die über den Alltag hinausgeht.

Ihr Matthias Kraft, Pfarrer