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Brensbacher Nachrichten
Ausgabe 39/2022
Kirchliche Nachrichten
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Gedanken zum Wochenende

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die Gedanken zum Wochenende stammen diesmal von Matthias Kraft von der Evangelischen Kirchengemeinde Brensbach. Wir vier Kirchengemeinden in Brensbach wünschen Ihnen ein schönes Wochenende.

Anja Encarnacao, Katholische Kirchengemeinde
Miriam von Nordheim-Diehl, Evangelische Kirchengemeinde Wersau
Cyrille Tchamda, Freie Christengemeinde
Matthias Kraft, Evangelische Kirchengemeinde Brensbach

Ein Buch, das die Welt verändert

Liebe Leserinnen und Leser,

kennen Sie das, wenn man beim Aufräumen eine alte Kiste findet, sie aufmacht und dann jede Menge Erinnerungstücke vor sich hat, die scheinbar vergessene Erlebnisse wieder wachrufen? Ich mag solche alten Kisten. Ganz ähnlich geht es mir aber auch mit alten Büchern. Z.B. der Familienbibel, die ich von meinen Eltern bekommen habe. Sie ist noch in Frakturschrift. Ich habe als Jugendlicher damit alte Frakturschrift lesen gelernt. Ich erinnere mich noch gut an meine Probleme mit den verschnörkelten Großbuchstaben.

Steht bei Ihnen so eine Bibel im Regal? Natürlich kann man sagen, mit diesem alten Buch kann ich nichts anfangen. Es ist fremd und altbacken. Wie gut ist es, wenn es daneben noch eine moderne Bibelausgabe in verständlichem Deutsch gibt. Andere haben vielleicht gar keine Bibel mehr im Regal stehen, weil sie diese lieber elektronisch oder online, direkt im Internet lesen. Dort gibt es heute für jeden frei zugänglich Bibeln in verschiedenen Übersetzungen und Sprachen. Es gibt sogar Seiten, da kann man die Texte der Bibel anhören und muss sie nicht mal selbst lesen. Manche Bibeln sind mit Bildern oder Erklärungen versehen. Es gibt Kinderbibeln, in denen die wichtigsten Geschichten kindgerecht nacherzählt werden.

Es gab noch nie so viele verschiedene Bibelausgaben wie heute. Und da wir Menschen sehr unterschiedliche Bedürfnisse beim Lesen haben, ist das auch gut so.

Angefangen hat diese Vielfalt an Bibelübersetzungen damit, dass Martin Luther das Neue Testament aus dem Griechischen ins Deutsche übersetzt hat. Dies ist nun 500 Jahre her. Im Jahr 1522 schuf Luther in nur elf Wochen ein Buch, das die Welt verändern sollte. Dieses sogenannte „September-Testament“ wurde auf einen Schlag ein Bestseller. Zehntausende begannen damals die Bibel zu lesen, oder lernten lesen, damit sie dieses Buch endlich erleben konnten. Zwar hat Luther die Bibel nicht als erster übersetzt. Es gab auch vor ihm schon deutsche Bibelübersetzungen.

Aber erst Luthers Sprache war so verständlich und wortgewaltig, dass sie eine breite Wirkung entfaltete. Einfache Handwerker und Bauern diskutierten, die Bibel in der Hand, mit den Priestern darüber, was Gottes Wille sei. Ob Menschen Knechte sein sollten oder frei. Immer wieder gaben Sätze oder Gedanken der Bibel Menschen Inspirationen, die die Welt veränderten. Die Geschichte vom Auszug aus Ägypten regte dazu an, sich gegen die Sklaverei aufzulehnen. Der Gedanke „Schwerter zu Pflugscharen“ aus dem Buch des Propheten Micha inspirierte die Friedensbewegung in der DDR. Heute ist die Frage, wie wir die Schöpfung „bebauen und bewahren“ können, eine der größten Herausforderungen der Gegenwart. Dabei findet sich der Auftrag, Gottes Welt zu bewahren schon auf den ersten Seiten der Bibel.

Es war und ist eine Inspiration, in der Bibel zu lesen, auch wenn manche Texte sperrig sind, uns vielleicht ärgern oder nicht beim ersten Lesen zu verstehen sind. Da ist die Bibel genau wie das Leben auch. Manchmal schön, manchmal grausam, manchmal voller Rätsel und Geheimnisse. Sie erzählt nicht von untadeligen Heiligen, sondern von ganz normalen Menschen, mit Schwächen und Fehlern. Besonders sind sie dennoch, weil Gott durch sie grundlegende Dinge deutlich gemacht hat, die auch unabhängig von der Person gelten. Die Geschichten sprechen in jeder Generation neu, fordern uns heraus und regen dazu an unser Leben im Licht Gottes zu sehen.

Die Reformatoren hatten ein Motto, das diese bleibende Kraft der Geschichten zum Ausdruck bringt:

„Das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit“.

Dafür steht die lateinische Abkürzung VDMIAE, die sich auch auf der Kanzel der Markuskirche befindet. Jeden, der sich die Kirche genauer anschaut, soll dieses Kürzel daran erinnern, dass Gott ihm heute etwas zu sagen hat. Dass die Geschichten und Gedichte des Alten und Neuen Testaments jetzt unser Denken anregen und mit Gott in Kontakt bringen wollen.

Wie gut, dass es in fast jedem Haushalt eine Bibel gibt. So steht jedem von uns die Begegnung mit Gott offen. Schauen Sie doch einmal, wo Ihre Bibel steht und lesen Sie mal wieder hinein. Es gibt viel in diesem Buch zu entdecken, ähnlich wie in einer alten Kiste vom Speier, in der viele Erinnerungsstücke schlummern. Allerdings spricht aus der Bibel nicht nur Erinnerung zu uns, sondern Gott selbst zeigt sich in den Geschichten.

Ich wünsche Ihnen inspirierende Begegnungen mit Ihrer Bibel!

Ihr Pfarrer Matthias Kraft