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Zeiler Nachrichten Amts- und Mitteilungsblatt der Stadt Zeil a Main
Ausgabe 11/2023
Rathausnachrichten
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Geschichten, die wahr sein könnten

Der Heiner hatte in der Stadt Arbeit gefunden. Nach Feierabend – und weil ´s grad in der Nähe war kehrte er jeweils im Wirtshaus ein und trank dort seine zwei, drei Halbe Bier, bevor er sich auf den Heimweg machte.

Er trank quasi auf Kredit. Geld hatte er nämlich nicht im Sack, doch überzeugte er den Wirt, dass der zu erwartende Lohn Sicherheit genug wäre.

Als aber der Zahltag gekommen war, da ließ sich der Heiner nicht sehen. Man mag ihm ja nun nicht unterstellen, dass er die Zeche schuldig bleiben wolle, doch mit dem Bargeld in der Tasche konnte sich der Heiner auch in seinem Heimatstädtchen im Wirtshaus sehen lassen.

Der bisher großzügige Wirt aber fühlte sich geprellt und bemühte die Obrigkeit. Anderntags bekam der Heiner nach Feierabend an seiner Arbeitsstelle Besuch. Ein Wachtmeister erschien und nahm den Heiner mit. Zwecks Klärung des Tatbestandes sollte er mit auf `s Revier kommen.

Der Wachtmeister war weder mit der „Grünen Minna“ gekommen, noch legte er dem Heiner Handschellen an. So schlenderten sie – fast wie Spaziergänger – durch die städtischen Gassen dem Ziele zu.

Plötzlich aber blieb der Heiner stehen und fragte seinen Begleiter: „Herr Kriminal, derf ich amol schnupf?“ Der Wachtmeister hatte nichts dagegen und schaute interessiert zu, wie der Heiner seine große Tabaksdose aus der Tasche zog. Der legte sich eine riesengroße Prise Schnupftabak auf den Handrücken und sagte: „Guck Kamerad, des geht so. Erst werd gschnupft“, dabei blies er dem verdutzten Wachtmeister den Schnupftabak genau ins Gesicht, „und dann werd ghupft.“

Nach diesen Worten drehte sich der Heiner um und lief wie der Wind davon.

Der arme Wachtmeister war kampfunfähig. Er nieste und hustete und die Tränen liefen ihm über die Wangen, dass es einem fast erbarmte. Der Heiner aber hatte sich aus dem Staub gemacht.

Allerdings kam ihm das „Spiel“ Èrst werd gschnupft und dann werd ghupft` teuer zu stehen.

Man lastete ihm nun auch noch Widerstand gegen die Staatsgewalt und Angriff auf Leben und Wohlergehen einer Obrigkeitsperson an.

Helmut Trautner