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Zeiler Nachrichten Amts- und Mitteilungsblatt der Stadt Zeil a Main
Ausgabe 13/2023
Aus unserer Stadt -USR-
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Die Geschichte des Caritasvereins

Ludwig Leisentritt

Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg riefen die deutschen Bischöfe angesichts der kommenden Not zur Gründung von Caritasverbänden auf, um in der zeit der Not "die christliche Liebe mobil zu machen“. Die Caritas sollte der Samariter sein, "der Wein und Öl in die Wunden des am Boden liegenden Volkes gießt".

Am 7. November 1920 wurde auf Anregung des Stadtpfarrers Johann Dümler der Caritasverein Zeil gegründet. Er wollte sich nicht nur als ein.Almosenverein" verstehen. Sein Ziel war "die planmäßige und gemeinsame Ausübung aller Werke der Nächstenliebe in der Pfarrei Zeil".

Diese eröffnete 1886 auch eine Kinderbewahranstalt und hernach noch ein Altenspital. Ab 1898 führten die Schwestern des Allerheiligsten Erlösers aus Würzburg die Anstalt und das Pfründnerhaus. Das Gebäude erwies sich infolge der Industrialisierung der Stadt bald als zu klein. Eine geplante Erweiterung scheiterte wegen des Ersten Weltkrieges und der darauf folgenden Inflation. Von dem Stiftungskapital von 50.000 RM waren nach der Geldentwertung nur noch 30 Mark übrig geblieben Nur der Wert des Pfründnerhauses in der Speiersgasse diente als Grundstock für das spätere Caritashaus am Schulring.

Der Zeiler Caritasverein erbot sich, den Gedanken und Zweck der Hofmann'schen Stiftung wieder aufzugreifen und zu erfüllen, d. h. kranke und alte Leute zu pflegen.

Als Gegenleistung verlangte der Stadtpfarrer jedoch eine tatkräftige Unterstützung. Durch "einträgliches Zusammenwirken" sollte etwas Dauerhaftes erreicht werden. Schriftlich und mündlich, warb Dümler für das Projekt. Dieses sollte seiner Meinung nach "nicht bloß der Ausübung christlicher Liebestätigkeit dienen, sondern auch schon in seinem Entstehen, wie einst die Bergkapelle, hauptsächlich aus Liebesgaben erbaut werden“.

Das große Gemeinschaftswerk seines Vorgängers Karl Link, übte wohl einen großen Einfluss auf den Gottesmann aus. Dümler sah in den wirtschaftlich sehr schwierigen Jahren eine Möglichkeit, den zahlreichen arbeitslosen Zeilern Beschäftigung und Brot durch diese Baumaßnahme zu verschaffen.

Im Juni 1929 beschoss der Zeiler Stadtrat, die Errichtung einer Kinderbewahranstalt in Zusammenarbeit mit dem Caritasverein. Der hatte bereits einen Bauplatz für den Standort erworben. Besonders stolz war man darauf, dass das Caritashaus in staub- und lärmfreier Lage in einem grünen Garten, rings rum frei, in nächster Nähe zur Kirche und gleich neben der neuerbauten Schule erbaut werden konnte. „Wir legen die geistige Bauleitung in die bewährten Hände des Zimmermanns von Nazareth, da dürfen wir versichert sein, dass er helfen werde etwas Richtiges zu schaffen."

Die Stadt Zeil übernahm gegenüber dem Caritasverein die Verpflichtung für die Instandhaltung der Gebäude. Sie trug die kleine und große Baulast. Wie von der Caritas gewünscht, räumte die Stadt noch das Recht des alleinigen und ausschließlichen Nießbrauchs für die Caritas ein.

Dagegen verpflichtete sich der Caritasverein, das Haus für seine Vereinszwecke, d.h. für die Ausübung der Krankenpflege, für die Aufnahme von alleinstehenden Personen, Invaliden- und Altersrentner. für die Ausübung der Jugendpflege und Abhaltung von Unterrichtskursen sowie für andere katholischen Vereinszwecke zu verwenden. Ausdrücklich versprach Dümler auch, dass neben der Kinderbewahranstalt das Caritashaus auch allen Kindern und Hilfsbedürftigen der Gemeinde, ohne Unterschied der Religion oder Partei (!) offen stehe. Daneben hatten alle katholischen Vereine Hausrecht im Caritashaus.

Von 1920 - 1930 führte die Zeiler Caritas 12 zweimonatliche Kochkurse, 123 halbjährliche Nähekurse und eine große Anzahl Einmach-, Servier-, Bügel-, und Zuschneidekurse ab. Es lag daher auf der Hand, dass das spätere Caritashaus mit einem Handarbeitssaal ausgestattet wurde.

Bei der Einweihung des Caritashauses im Jahre 1931 sprach Dechant Dümler von einem Werk, „das auf Jahrhunderte hinaus Zeugnis gibt von rührender Fürsorge für die ganze Bevölkerung“.

Unter dem Saal des Caritashauses gab es einen Raum für die Theaterrequisiten. Die kath. Jugend hatte Gelegenheit, durch Darbietungen nicht nur sich auszubilden, sondern auch ihren Angehörigen und allen Mitgliedern des Caritasvereins, der in Zeil damals 400 Mitglieder zählte, angenehme und billige Unterhaltung zu bieten.

Die beiden Säle konnten durch die Herausnahme einer Schiebewand miteinander verbunden werden. Sie bildeten dann einen großen Theater- und Festsaal.

Das angebrachte Radio im Saal sollte zunächst in der Kinderbewahranstalt zur Unterhaltung der Kinder dienen. Hier dachte man besonders an die Märchenstunden. Man konnte aber auch bei festlichen Anlässen den Erwachsenen eine Freude machen. Auch in sämtlichen Zimmern des Altenheimes konnten die Radiodarbietungen durch Kopfhörer mitverfolgt werden und so den Kranken manche Stunde des Tages verkürzen. Mit dem Caritashaus war auch ein sogenanntes "Ambulatorium" zur Pflege der Kranken in der Stadt verbunden.

Während des Dritten Reiches versuchten die Schwestern in der Weihnachts- und Faschingszeit im Caritashaus verschiedene Theaterstücke aufzuführen. Der Reinerlös sollte für die Beschaffung von Heizungsmitteln verwendet werden. Aufgrund eines von den Nazis erlassenen Theatergesetzes durfte der Caritasverein seine Aufführungen nur für eingeschriebene Mitglieder abhalten. Den Schwestern wurde von Pfarrer Dümler "aufs Gewissen gebunden," Nichtmitglieder unnachsichtlich zurückzuweisen. An der Eintrittskasse lag zur Sicherheit eine Mitgliederliste auf, damit notfalls die Polizei Einblick nehmen konnte. Die Handarbeitslehrerinnen im Caritashaus durften nicht mehr bei Theaterspielen mitwirken.

Auch noch nach dem letzten Krieg bot das Caritashaus an den Sonntagen vielgestaltige Unterhaltung. Theatervorstellungen der Kleinen oder Großen.

Es gibt noch alte Zeiler, die sich noch mit Freuden an jene Theaterstücke erinnern, in denen manche selbst als Laienspieler glänzten. Filmvorführungen, Unterhaltungs- und Volksbildungsabende wechselten in reicher Folge.

Das Haus erhielt noch nach dem Krieg von der landwirtschaftlichen Bevölkerung Spenden in Naturalien. Größere Landwirte zweigten bei der Ernte der Kartoffeln einen Teil ab. In der Hümpfnersmühle lag ein kleines Heft auf, in das die Bauern eintrugen, was sie von ihrem Getreide den Schwestern sowie den Heiminsassen. zum Mehl mahlen spenden.

Im Altenheim, in der Caritas- und Hausarbeit, in der Garten- und Feldarbeit, überall standen die Ordensfrauen „ihren Mann“. Außerdem wurde zur Selbstversorgung des Hauses sogar etwas Kleinvieh gehalten.

Die Krankenschwester, die bei Tag und Nacht die Kranken versorgte, verzeichnete z.B. in einem Jahr ca. 7.000 Krankenbesuche mit Dienstleistungen, 80 - 90 Nachtwachen, dabei leistete sie noch 35 Erwachsenen und 7 Kindern im Sterben Beistand. Über Jahre hinweg waren sogar zwei Krankenschwestern im Einsatz. Während des Krieges versorgten die Schwestern zeitweilig 40- 50 Kinder mit Mittagessen, außerdem musste das Haus die Ortskrankenstube für die hier untergebrachten verwundeten und kranken Soldaten stellen.

1941 verlangten die Machthaber, zugunsten einer erweiterten Kinderlandverschickung, das Caritashaus ganz von Schwestern und den Altenheiminsassen zu räumen. Nur mit viel Mühe gelang es dem Stadtpfarrer, dank der verständnisvollen Einsicht des Landrates und der Mithilfe von Bürgermeister Martin Weinig, dieses Schicksal vom Caritasverein und den Schwestern abzuwenden. Während des Krieges stand die Beschlagnahmung des Caritashauses erneut zur Diskussion.

1944 wollte die Wehrmacht den Stab einer Flakeinheit in das Caritashaus verlegen. Über die Auseinandersetzungen darüber berichten wir noch gesondert.

Nach der Flucht und Vertreibung aus östlichen Gebieten, war die Caritas an vorderster Stelle bei der Betreuung bis zu 900 Flüchtlinge und Vertriebene. Zwischen 1962 und 1995 lösten sich in unserem Landkreis die meisten Schwesternstationen auf. In Zeil kehrten 1984 die Ordensfrauen in ihr Mutterhaus in Würzburg zurück.

Zuvor waren schon 1961 in Augsfeld Ordensfrauen ins Kloster abgezogen worden. In Neubrunn gingen die Schwestern 1966, in Knetzgau 1967. In Eltmann wird 1969 die Schwesternstation im Altersheim aufgelöst. In Ebelsbach verabschiedeten sich die Ordensfrauen 1995. 1998 gehen auch die letzten aus dem Kinderheim Eltmann zurück in den Orden. Mit dem Rückzug der klösterlichen Krankenschwestern war der Aufbau der heutigen Sozialstation verbunden.

Bereits 1970 hatte Staatssekretär Albert Meyer im Landtag Sozialstationen für die ländlichen Gebiete angeregt. Dadurch sollte der zu erwartende Notstand abgewendet werden.

1980 etablierte sich eine Sozialstation im Bereich Haßfurt und Ebern für ca. 37.000 Einwohner, wobei dies eine Gemeinschaftsaktion der katholischen Caritas und der evangelischen Diakonie war. Um dem ärztlichen Notstand abzuhelfen, war bereits 1969 in Aidhausen eine Sozialstation für die Gemeinden im Bereich Hofheim errichtet worden.

Die Caritas-Altenheimbewohner mussten das Caritashaus ebenfalls verlassen, das in baulicher Hinsicht und in Bezug auf die Einrichtung, schon lange nicht mehr den Bestimmungen des Heimgesetzes entsprochen hat. Außerdem war das Haus wegen der geringen Bettenzahl wirtschaftlich nicht mehr tragbar.

Die Einrichtungen und Aufgaben der Wohlfahrtspflege unterliegen einem rapiden Wandel. Auch das 1953 erbaute AW-Alten- und Pflegeheim musste binnen weniger Jahrzehnte größtenteils abgerissen und neu erbaut werden. 2013 bezog die AWO ein völlig neues Alten- und Pflegeheim.

Obwohl für Jahrhunderte konzipiert, schloss der Zeiler Caritaskindergarten am Schulring bereits 1973 seine Pforten. Wo einmal eine zweite Pfarrkirche geplant war, wurde in jenem Jahr ein moderner Kindergarten am Haardtweg eingeweiht.

Hier wurde durch die katholische Kirchenstiftung ein 4-gruppiger Kindergarten errichtet. 20 Jahre später musste Raum für eine 5. Gruppe geschaffen werden. Im Jahr 2005 wurde durch einen Umbau die erste Kinderkrippe im Landkreis Haßberge eingerichtet.

Zusammen mit der Stadt Zeil wurden in den letzten 50 Jahren verstärkt Betreuungsplätze geschaffen und ein „Netz für Kinder“ aufgebaut, das Möglichkeiten für die Betreuung der Kinder ab dem ersten Lebensjahr bietet.

2018 übernahm der Caritasverein auch die Trägerschaft einer provisorischen Gruppe im Rudolf-Winkler-Haus. Da auch die Forderung nach mehr Krippenplätzen bestand, richtete man in der Marienschule noch eine zusätzliche Krippengruppe für 18 Kinder unter drei Jahren ein.

In den letzten Jahren wurde das Caritashaus am Schulring als 4-gruppige Kinderkrippe umgebaut. So ist das Caritashaus, in welchem viele Jahre das Fotomuseum untergebracht war - wie ursprünglich vor 90 Jahren geplant – wieder eine Einrichtung zur Kinderbetreuung.

Das Ganze wird vom Vorstand des Caritasvereins als Träger ehrenamtlich geleitet, was bei einer Bilanzsumme von rund 1,8 Mio € im Jahr eine große Verantwortung bedeutet, Auch für die Stadt Zeil sind die Kosten für die Kinderbetreuung enorm gestiegen. Der Caritasverein hat derzeit 262 Mitglieder. Schon für nur 15 € Jahresbeitrag kann man Mitglied werden - ein kleiner Betrag mit großer Wirkung.