Titel Logo
Zeiler Nachrichten Amts- und Mitteilungsblatt der Stadt Zeil a Main
Ausgabe 19/2025
Allgemeines
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Informationen anderer Einrichtungen

125 Jahre Schreinerei Kirchner in Zeil, in dieser Zeit Ausbildung von ca. 110 Lehrjungen.

Kürzlich fand in der Meisterschule Ebern die Freisprechung von 21 Schreinergesellen statt (2 Frauen und 19 Männer). Unter den Absolventen war auch Frederik Kirchner aus Zeil, der nach der theoretischen Prüfung und dem angefertigten Meisterstück sein Zeugnis entgegennehmen konnte. Er wurde damit der 6. Schreinermeister in der ununterbrochenen Reihe seiner Kirchner-Vorfahren.

Dies ist auch der Anlass, einen Rückblick auf diese lange Tradition dieses Handwerksbetriebes in Zeil zu halten.

Als der Schreinermeister Heinrich Kirchner in Bastheim/Rhön im Jahre 1867 seine Schulkameradin Anna Eckert vom gleichen Ort ehelichte und das Ehepaar nach und nach 5 Söhne bekam, war es fast zu erwarten, dass diese alle bei ihrem Vater den Schreinerberuf erlernten. Er ahnte dabei aber nicht, dass zwei seiner Söhne als Gesellen später die Rhönheimat verließen und ein berufliches Fortkommen im Maintal suchten.

Der älteste Sohn Anton Kirchner (geb. 1868) fand auf seiner beruflichen Wanderung in Schmachtenberg b. Zeil eine Arbeitsstelle und dazu auch noch seine Ehefrau. Er übernahm die Werkstatt seines Schwiegervaters Jakob Bengel und eröffnete eine Schreinerei, später war er auch Bürgermeister von Schmachtenberg.

Der etwas jüngere Sohn Dominikus Kirchner (geb. 1871) war als Geselle in Würzburg und dann zeitweise auch bei seinem älteren Bruder in Schmachtenberg beschäftigt. Er heiratete 1899 in der Rhönheimat die Lehrerstochter Philomena Reuß aus Braidbach/Rhön und zog mit seiner Ehefrau nach Zeil, wo er 1900 einen eigenen Schreinereibetrieb eröffnete und dazu auch noch eine Glaserei. Dem Ehepaar wurden ebenfalls 5 Söhne geschenkt (1899 – 1910), die später alle beim Vater Dominikus den Schreinerberuf erlernten.

Die erste Wohnung der jungen Eheleute in Zeil war am Marktplatz im Hinterhaus der Haus Nr. 37 (heute Ratsapotheke) und die erste Werkstatt von Dominikus Kirchner war 1900 in einem Nebengebäude des Anwesens Schauer, Breite Gasse Nr. 132 (heute Anwesen Krämer/Jellen in der Hauptstrasse 15).

Nachdem sich schon bald der Kundenzuspruch vergrößerte, kaufte Dominikus Kirchner im Jahr 1901 ein Wohnhaus mit Nebengebäude in der unteren Vorstadt Haus Nr. 183 ½ (heute Bambergerstr. 5). Im Jahr 1922 wurde die im Nebengebäude eingerichtete Schreinerwerkstatt durch einen Umbau um einen Maschinenraum erweitert.

1926 wurde schließlich in dem Stadtviertel „Grabengärten“ der Neubau einer größeren Schreinerei in den Abmessungen 17 x 7 Meter erstellt, in der sich bis heute die Produktionsräume befinden.

Nachdem der älteste Sohn Ferdinand verstarb und der jüngste Sohn Hans sich nach Ingolstadt verheiratete, führte der Firmenchef Dominikus den Betrieb mit den drei in Zeil verbliebenen Söhnen Alfons, Georg und Karl weiter. Im Laufe der Zeit wurde der Geschäftsbereich Bau- und Möbelschreinerei noch um Innenausbau und Möbelhandel erweitert.

Neben der serienmäßigen Anfertigung von Kleinmöbeln und besonders von Stühlen für Gastwirtschaften standen zeitweise 10 bis 12 Beschäftigte in Arbeit.

Während des 2. Weltkriegs mussten die drei Kirchner-Söhne Wehrdienst leisten und der Firmenchef musste den Betrieb mit Lehrjungen weiterführen. Nach Kriegsende war die Führungsmannschaft der Schreinerei wieder komplett, um im wirtschaftlichen Aufschwung bestehen zu können. Nachdem in Zeil zwischen 1955 und 1970 die Ausweisung und Erschließung neuer Baugebiete erfolgte, kam es zu einer regen Bautätigkeit und es war für alle Handwerker viel an Arbeit zu bewältigen.

Im Jahre 1953 verstarb der Firmengründer Dominikus Kirchner und seine drei Söhne Alfons, Georg und Karl führten die Schreinerei gemeinsam und erfolgreich weiter.

Als sich die drei Firmensenioren nach langen Arbeitsjahren und aus Altersgründen zurückzogen, ging der Betrieb 1972 in die Hände des Firmengründer-Enkels Robert Kirchner (Sohn von Georg Kirchner) über. Der führte 1978 eine bauliche Erweiterung der Werkstatträume durch, verbunden mit einer Modernisierung des Maschinenparks. Im Jahre 1996 übergab er den Betrieb an seinen Sohn Matthias.

Dieser war dann der nächste Schreiner, der nach seiner Lehrzeit im Meisterbetrieb Hans Baumgärtner Haßfurt berufliche Erfahrungen und Kenntnisse in der Schreinerei Peter Sauer Lendershausen b. Hofheim und in der Schreinerei Kuffner in Eching b. München erwarb. Er besuchte im Jahr 1994 die Meisterschule in Ebern und setzte mit dem erfolgreichen Abschluss und Erwerb des Meisterbriefs die berufliche Tradition seiner Vorfahren fort. Seit 1996 ist er der Firmeninhaber und führt den Betrieb als 5. Schreinermeister erfolgreich weiter.

Auch bei dessen Sohn Frederik waren die beruflichen Gene seiner Schreiner-Vorfahren nicht zu übersehen und seine Berufswahl entschied sich auch ohne große Beratungen. Seine Lehrzeit verbrachte er ab 2018 teilweise bei der Schreinerei Konhäuser GmbH in Estenfeld und dann bei seinem Vater Matthias. Praktische Erfahrungen als Schreinergeselle erwarb er bei der Firma Rottmann Möbelwerkstätten KG in Oberschleichach.

Seit September 2023 besuchte auch er die Meisterschule in Ebern und war jetzt einer der freigesprochenen Schreinermeister.

Sein Meisterstück war eine Garderobe aus Rüsterholz, war ausgestellt und sein Großvater Robert ließ es sich nicht nehmen, bei der Freisprechung in Ebern dabei zu sein.

Frederik wird nun im Betrieb bei seinem Vater weitere berufliche Erfahrungen sammeln, entsprechend seiner Abschlussrede als Klassensprecher in der Meisterschule wo er sagte:

„Der Meister ist nicht der, der alles weiß, sondern der, der alles lernt“.

Heinrich Weisel, Zeil.