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Zeiler Nachrichten Amts- und Mitteilungsblatt der Stadt Zeil a Main
Ausgabe 22/2025
Allgemeines
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Geschichten, die wahr sein könnten

Stammtischgespräche sind für manchen Zeitgenossen die schönste Unterhaltung.

Selten stand in den Nachkriegsjahren ein Fernseher im heimischen Wohnzimmer und es gab nichts schöneres als eine abendlich Runde in der Brauereigaststätte.

Oft reichte das Geld nur für ein, zwei Halbe und gab es nicht einen Spender saß man halt stundenlang und streckte den Durst.

An eine Mahlzeit im Gasthaus war schon gar nicht zu denken und so ist es nicht verwunderlich, dass sich so manches Gespräch um das Essen drehte und so manche lustige Begebenheit daraus entstand.

Es ist lange her, da saß man beim Bier, erzählte Geschichten und schwärmte davon was man gerne auf dem Tisch hätte. Als auch die Rede auf ein Stück Dörrfleisch kam, meldete sich einer der Anwesenden und verkündete, dass seine Frau just am heutigen Tage ein Stück davon erstanden hatte, das nun zu Hause in der Räucherkammer hing.

Nun bedrängte man den ach so Unvorsichtigen, das begehrte Fleisch

heranzuschaffen. Mittlerweile wolle man dafür sorgen, dass in der Wirtsküche Sauerkraut aufgesetzt wird.

Dem Vorlauten blieb nichts anderes übrig als sich auf die Socken zu machen um das Stück Fleisch zu holen. Dies wurde nun im großen Topf in Kraut gepackt, damit es schön durchziehe und schön weich werden möge, derweil die Stammtischbrüder in Vorfreude auf das unerwartete Abendessen schwelgten.

Immer wieder wurde in der Küche nachgeschaut, ob denn das Kraut und auch das Fleisch schon weich wären. Mit einer Gabel durchstach man die Krauthülle und prüfte das darunterlegende Dörrfleisch. Dies aber wollte und wollte nicht weich werden. So oft man auch probierte – im Topf stieß man immer auf harten Widerstand.

Als die Zeit gar zu lange fortgeschritten war – Teller und Besteck standen längst parat – wurde man misstrauisch. Das Kraut wurde beiseite geräumt und siehe da, im Kochtopf lag – vom Kraut umrahmt – ein Scheit Brennholz.

Die „Topfgucker“ waren entsetzt und konnten sich die Geschichte nicht erklären, wohl aber die Ehefrau des Fleischlieferanten. Sie hatte bemerkt, dass ihr holder Gatte Mundraub an der Familie gegangen hatte. Mit Hilfe der Wirtin vertauschte sie das kostbare Fleisch gegen das Scheit Holz.

So hatte sie dafür gesorgt, dass die Stammtischbrüder nicht zu ihrer erhofften Mahlzeit kamen, aber für lange Zeit Gesprächsstoff hatten.

Helmut Trautner