Immer rund um den Jahrestag anlässlich der Hinrichtung von Herbert Creutzburg unternimmt die Oberzent-Schule einen Gedenkgang. Dieses Jahr mit einem besonderen Hintergrund: Vor 80 Jahren, am Palmsonntag 1945, wurde der damals 32-Jährige dort gehängt. Vier Tage später kamen die Amerikaner in die Stadt.
Dr. Achim Schäffler vom Vorstand der Generationenhilfe Oberzent und Helmut Ulrich, ehemaliger Archivar der Stadt Oberzent, lobten in ihren kurzen Ansprachen die Erinnerungskultur der OZS. Alle Schüler des 9. Jahrgangs, nahmen teil. Unter ihnen herrschte große Betroffenheit anlässlich der damaligen Ereignisse.
Nach musikalischem Einstieg durch Silas Daum mit „Die Rose“ begrüßte Schulleiter Bernd Siefert. Rico Meinel und Jason Vogt lasen einen Auszug aus Dirk Strohmengers Buch „Nationalsozialismus im Erbacher Landkreis“ vor. Über die Geschichte Herbert Creuzburgs in der Chronik von Pfarrer May berichteten Elisa Onodje und Noah Hörr. Um die Reinigung des Stolpersteins kümmerten sich Luca Novakovic und Pascal Grünzfelder, während Lea Winterroll und Samia Schönig Kerzen anzündeten. Samuel Onodje und Tim Scior legten Blumen ab.
2016 wurde vor der Martinskirche der Stolperstein für Creutzburg verlegt. Der Unteroffizier war genau an dieser Stelle am 25. März 1945 wegen angeblicher Fahnenflucht von Nazi-Schergen gehängt worden. Angestoßen wurde der Gedenkgang von den damaligen Religionsklassen Bernd Sieferts. Der wiederum wurde von Helmut Ulrich im Zuge der Vorarbeiten für die Stolpersteine vor den Häusern von jüdischen Einwohnern im Jahr 2012 erstmals auf die Creutzburg-Hinrichtung aufmerksam gemacht.
Creutzburg war Unteroffizier im Zweiten Weltkrieg und hatte sich kurz vor Kriegsende unerlaubt von seiner Truppe entfernt. Er hatte genug vom Krieg, wollte heim zu seiner Verlobten und sich Heiratspapiere beschaffen. An der Bahnüberführung zwischen Gammelsbach und Eberbach wurde er von Feldgendarmen festgenommen, nach Beerfelden ins Gefängnis gebracht, von einem Standgericht zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Der Schulleiter wies auf das „zynische Handeln“ der Verantwortlichen gegen einen jungen Mann hin, „der in den letzten Kriegstagen lediglich heim zur Freundin und diese heiraten wollte“. Genau am Tag der Hinrichtung habe sich der Verantwortliche des Befehls, dass Fahnenflüchtige hingerichtet werden sollten, Gauleiter und Verteidigungskommissar Jakob Sprenger, von Frankfurt nach Südbayern abgesetzt.
Der Neuntklässler Noah Hörr fand die Aktion „sehr bewegend und wichtig“. Viele Gedanken gehen den Schülern dabei durch den Kopf. Etwa: „So hätte ich in der damaligen Zeit auch enden können.“ Man dürfe nicht vergessen, was die Vergangenheit schon einmal zeigte. Rico Meinel betonte die Wichtigkeit, dass Herbert Creutzburg nicht vergessen wird. Das hob auch Anna Löb hervor. Was die Jugendlichen allesamt beschäftigte: Dass sich der Verantwortliche aus dem Staub machte.