Vor 80 Jahren „haben drei Beerfeldener Bürger ihren Wohnsitz nach Theresienstadt verlegt“, wurde die Judendeportation euphemistisch von den Nazis genannt. Dieses Datum nahm Oberzent-Schulleiter Bernd Siefert zum Anlass, mit seiner 7. Religionsklasse Stolpersteine in Beerfelden zu reinigen und insbesondere den letzten, im März und September 1942 deportierten jüdischen Mitbürgern zu gedenken.
Die Erinnerung an die im Zweiten Weltkrieg von den Nationalsozialisten verschleppten und dann ermordeten Juden wird im Ort schon seit vielen Jahren hoch gehalten. Vor zehn Jahren wurden von einer anderen Reliklasse der Schule zusammen mit dem Künstler Gunter Demnig die sogenannten Stolpersteine vor den Häusern verlegt, wo früher jüdische Mitbürger lebten.
Durch einen Stadtplan aus dem Jahr 1905 ließ sich nachvollziehen, in welchen Häusern damals Juden wohnten. An der zerstörten Synagoge wurde bereits 2010 eine Gedenktafel angebracht.
Bezug nahm er auch auf das Buch von Dr. Dirk Strohmenger zur „NS-Zeit im Erbacher Landkreis am Beispiel von Beerfelden“. Erwähnt wird in seinem Werk die Judenverfolgung in Beerfelden ab 1933 und am Beispiel von Joseph Salomon verdeutlicht. Der 1880 geborene starb 1937 im Konzentrationslager Dachau. Seine Kinder gingen zuerst auf eine normale Schule, doch dort begannen Lehrer immer mehr, jüdische Kinder anders und schlechter zu behandeln. Sie wurden ausgeschlossen und gedemütigt, bis in Höchst eine eigene Schule für Juden eröffnet wurde.
Siefert hatte zur Vorbereitung einiges mehr an Literatur zusammengestellt. So etwa „Grundkurs Judentum“ von Roland Gradwohl, Dieter Petri, Jörg Thierfelder, Rolf Wertz oder Saul Friedländers „Das Dritte Reich und die Juden“. Ebenfalls auf seiner Liste: Peter Longerichs „Der ungeschriebene Befehl. Hitler und der Weg zur ‚Endlösung‘“ und Christian Zentners „Adolf Hitlers Mein Kampf. Eine kommentierte Auswahl“.
Auch für Hilde Reinheimer und ihren Bruder Julius aus der Gammelsbacher Straße 9, die zusammen mit ihrem Eltern 1942 deportiert und ermordet wurden, „haben wir im Jahr 2012 Stolpersteine verlegen lassen“, erzählte Siefert. Bei jedem Rundgang rechnen die Jugendlichen nach, wie alt die beiden Kinder wurden. Die Kinder waren sich der Bedeutung der Aktion bewusst. „Es ist sehr wichtig, dass wir die Stolpersteine dieser Personen reinigen“, meinte etwa Samuel Onodie. Denn auch heute noch gibt es Diskriminierung wegen Hautfarbe, Herkunft oder Religion. Tim Scior findet es richtig, dass regelmäßig an die Gräueltaten in der NS-Zeit erinnert wird.
Johanna Braner würde gern einmal alle Stolpersteine und nicht nur die jetzigen drei reinigen, erklärt sie wie auch Mitschülerin Elisa. Und Luca brachte es zum Nachdenken, weil er bisher über die Judendeportation nichts wusste. Romy Wieprecht regt an, die Steine öfters sauberzumachen, weil sie schnell vergilben.