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Ausgabe 23/2025
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Aktuelles

Friedel Weyrauch vom Roten Kreuz berichtet

„Im Jahr 1981 stellte sich der neu gegründete „Arbeitskreis Suchtkrankenhilfe“ im Odenwaldkreis vor. Da ehrenamtliches Engagement für mich schon immer eine wichtige Rolle spielte, übernahm ich die Protokollführung für den Arbeitskreis. Zu dieser Zeit suchte die Initiative einen Träger für die geplante Jugend- und Drogenberatungsstelle – die letzte noch fehlende Einrichtung dieser Art im Odenwaldkreis. Schließlich wurde das Deutsche Rote Kreuz als Träger gefunden, wodurch auch meine Verbindung zum DRK entstand. Im August 1985 bewarb ich mich dann als Verwaltungsangestellte in der Jugend- und Drogenberatung des Roten Kreuzes. Durch meine langjährige Teilnahme bei den Anonymen Alkoholikern wurde mir nach einiger Zeit angeboten, eine DRK-Selbsthilfegruppe ins Leben zu rufen. Aus dieser Gruppe heraus entstand über die Jahre hinweg das DRK-Selbsthilfezentrum. Neben meiner Tätigkeit als Verwaltungsangestellte begleitete ich ehrenamtlich die Selbsthilfegruppen, eine Aufgabe, die ich bis heute mit großer Leidenschaft erfülle.

Mein ehrenamtliches Engagement in der Selbsthilfe begann bereits 1990 mit der Gründung der ersten Suchtselbsthilfegruppe im DRK-Kreisverband Odenwaldkreis. Über die Jahre hinweg entwickelte sich daraus ein umfassendes Netzwerk von Selbsthilfegruppen, das weit über den Bereich der Suchterkrankungen hinausgeht. Heute umfasst es unter anderem Gruppen für Menschen mit Depressionen, Essstörungen, Kaufsucht sowie verschiedene Gesprächskreise für Menschen in Trauer. Hinzu kommen Angehörigengruppen, Angebote für Menschen mit Krebserkrankungen oder Long-Covid, eine Informationsgruppe zur seelischen Gesundheit sowie die erst kürzlich gegründete Selbsthilfegruppe für Eltern autistischer Kinder. 1998 wurde zudem ein Sorgentelefon für Angehörige von Menschen mit Suchtproblemen ins Leben gerufen, das bis heute besteht.

Mein Ehrenamt ist für mich eine Herzensangelegenheit und ein fester Bestandteil meines Lebens. Es erfüllt mich mit großer Freude und Dankbarkeit, Menschen in schwierigen Lebenslagen unterstützen zu können. Zu sehen, wie Betroffene durch die Gemeinschaft in den Selbsthilfegruppen neue Hoffnung schöpfen, sich gegenseitig stärken und ihren Weg gehen, ist für mich mit Geld nicht aufzuwerten. Jede Begegnung, jedes Gespräch und jeder noch so kleine Fortschritt eines Menschen zeigen mir, wie wertvoll diese Arbeit ist. Ich bin dankbar, dass ich dieses Ehrenamt seit so vielen Jahren ausüben darf und bis heute Menschen auf ihrem Weg begleiten kann. Es ist ein Geben und Nehmen. Ich schenke Zeit, Aufmerksamkeit und Unterstützung, dabei bekomme ich viel zurück: Vertrauen, berührende Geschichten und die Gewissheit, dass gelebte Solidarität und Mitmenschlichkeit wirklich etwas bewirken.

Ehrenamtliches Engagement ist eine unverzichtbare Säule unserer Gesellschaft. Es bietet Unterstützung in vielen Bereichen, die ohne freiwillige Helfer kaum zu bewältigen wären. Ob in der Sozialarbeit, im Katastrophenschutz, in der Bildung oder im Gesundheitswesen. Ehrenamtliche füllen Lücken, wo staatliche oder institutionelle Strukturen an ihre Grenzen stoßen. Doch so wertvoll und wichtig ehrenamtliche Arbeit ist, darf sie nicht als Ersatz für staatliche Verantwortung dienen. Der Staat muss weiterhin die notwendigen Strukturen und finanziellen Mittel bereitstellen, um soziale und gesellschaftliche Aufgaben zu bewältigen. Es darf nicht sein, dass unliebsame oder kostenintensive Aufgaben einfach auf freiwillige Helfer abgewälzt werden.

Ehrenamtliche können und sollen unterstützen, aber grundlegende soziale Sicherungssysteme müssen durch den Staat gewährleistet bleiben.“