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Ausgabe 29/2024
Natur, Kultur, Geschichte
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Natur, Kultur, Geschichte

Blick vom „Helmsberg“ aus auf die Güttersbacher Dorfmitte (Aufnahme um 1910). Zentral gelegen, die Kirche und das Pfarrhaus sowie der sog. Lindenplatz. Dorthin strömten die Ortsbewohner, wenn der Schultheiß zu einer Versammlung oder zum Gericht gerufen hatte. Für jene Bildquelle sei Herrn Stephan Gelbhaar vielmals gedankt.

„Gütterspach. Hatt mein gnediger Herr, wie in allen andern Dörffern, Michelstatter Ambtß, alle hohe und niedere, Obrig: Herrlig: und Gerechtigkeit nichtß Ausgeschlossen.“ Titelseite für das Dorf Güttersbach im Gültbuch Michelstadts. Die im Gültbuch niedergeschriebene Jahreszahl 1554 kann für Güttersbach und Hüttenthal nicht stimmen, da alle aufgelisteten Personen in der Zeit um 1618 im Güttersbacher Kirchenbuch auftauchen.

In den Erbacher Amtsprotokollen findet sich eine Eheberedung aus dem Jahr 1588. Der gleichnamige Sohn des Schultheißen Hans Brand (des Alten), Hans Brand (der Junge), ehelichte die verwitwete Anna Kempel aus Ober-Mossau und erwarb ein Anwesen für 250 fl. (Gulden).

Im ältesten Güttersbacher Kirchenbuch finden sich direkt aufeinanderfolgend zwei Sterbeeinträge der beiden Schultheißen Hans Brand und Claus Kraft aus den Jahren 1614 / 1615.

Von Robin Helm

Liste der Güttersbacher und Hüttenthaler Schultheißen:

Peter Rychart

*um 1410/1420? +nach 1454/1458.

- Peter Rychart (Reichert) war Inhaber einer Hube in Güttersbach und steht als erste Person in der Zählerliste für den Ort Güttersbach im Güter- und Zinsbuch Schenk Philipps III. zu Erbach (1454/1458).

- Ob er tatsächlich als Schultheiß fungierte, ist nicht schriftlich dokumentiert, kann jedoch vermutet werden.

- Auf Rychart (Reichert) geht womöglich auch die inoffizielle, aber heute noch in Güttersbach allgemein geläufige Flurbezeichnung „Reichertsberg“ zurück. Jedenfalls taucht der Name Reichert zu einem späteren Zeitpunkt nicht wieder im Ort auf.

Engel Farnbach

*um 1420/1430? +nach 1461/1464.

- Engel Farnbach, dessen Vorname eine Abkürzung der Namen Engelbert, Engelbrecht oder Engelhart ist, war ebenfalls Inhaber einer Hube in Güttersbach, jedoch zusammen mit Lenhart Gobbel und steht als erste Person in der Zählerliste für den Ort Güttersbach im Salbuch Schenk Conrads zu Erbach (1461/1464).

- Ob er Schultheiß war, ist nicht überliefert, kann jedoch wie im Falle von Peter Rychart (Reichert) angenommen werden.

- Das der Schultheiß um diese spätmittelalterliche Zeit aus Hüttenthal stammen könnte, ist nicht auszuschließen, aber eher unwahrscheinlich. Zum einen war Hüttenthal damals kleiner als Güttersbach und zum anderen zinsten viele Huben nicht dem Erbacher Schenken, sondern waren einem Gerlach von Karlspach zum Lehen gegeben worden. Zudem hatten die ersten sechs nachweisbaren Schultheißen ihre Wohnstätten in Güttersbach. Erst Sebastian Schäfer wurde um 1635 der erste Hüttenthaler, der nachweislich Schultheiß beider Orte wurde.

Urchart (Richart?)

*um 1450/1460? + nach 1507.

- Die Schreibweise Urchart könnte auch Richart bedeuten. Jene Lesart erachtete der Heimatforscher Friedrich Höreth (*1892 +1969) ebenfalls für möglich; siehe hierzu: „Einwohnerlisten der Grafschaft Erbach und der Herrschaft Breuberg“ von 1935. Somit könnte dieser Urchart (Richart) auch ein Nachkomme des bereits 1454/1458 genannten Peter Rychart sein. Zu jener Zeit war es nämlich durchaus üblich, dass Namensschreibweisen variierten. Außerdem hatte sich das Namensprinzip aus Vor- und Nachnamen noch nicht gänzlich durchgesetzt.

- Gut ein Viertel des gesamten Vermögenswerts des Dorfes Güttersbach trug im Jahr 1507, also noch in vorreformatorischer Zeit, die Person namens Urchart (Richart). Sein Vermögenswert betrug die stattliche Zahl von 250 Gulden. Dieser Mann scheint reich begütert und Inhaber einer großen Hube in Güttersbach gewesen zu sein. Er hatte mit fast dreifachem Abstand zum nächsten Steuerpflichtigen, dem Scholpeter (Peter Scholl; 85 Gulden), das größte Vermögen im Ort. Überdies zählte er zu den vermögendsten Personen in unmittelbarer Gegend. So besaß im Vergleich „der Scheffer“ aus Ober-Hüttenthal 180 Gulden oder ein Claß Farnbach aus Unter-Hüttenthal 120 Gulden.

-Womöglich hatte Urchart (Richart) aufgrund seines großen Vermögenstandes bzw. Besitzes eine angesehene Stellung inne und kann deshalb als Schultheiß angenommen werden.

- Jedoch existieren auch hier keine schriftlichen Quellen, die belegen würden, dass Urchart (Richart) tatsächlich als Schultheiß amtierte.

Mattes Gluck (evtl. auch Glück oder Glock?)

*um 1510/1520? +nach 1552 bzw. vor 1568.

- Gluck wird 1552 als Schultheiß von Güttersbach genannt und ist damit der erste bezeugte Amtsträger. Er war in einem Gerichtsfall involviert, der im Zusammenhang von Diebstählen gegen Andres Sauer abgehalten wurde; Anno 1552 heißt es: „Nach diesem Allem ist Andres Sauer uff Freitag nach Lucie für daß Peinlich Halßgericht zu Michelstadt fürgestellet worden, unnd hat ine Mattes Gluck, Schultheiß zu Gütterspach, von wegen M. G. H. [Anm. Verf.: Meines Gnädigen Herrn] durch Hansen Koffenberg alß fürsprecher Kays [Anm. Verf.: kaiserlichen] Rechten nach peinlich belegenn lassenn und begeret, daß man Andreß Sauers Vrgicht, welche er also schriefflich innegelegkt, ime, Andreßen, öffentlich fürlesenn wolle, […].“

Schlussendlich wurde Andres Sauer „mit dem schwerdt von dem Lebenn zu dem todt gericht.“; Quelle: Hitzigs Annalen der deutschen und ausländischen Criminal Rechtspflege (N.F. Bd. 10 (3.F) Bd. 40 = Jg. 1847, Bd, 3 (1847)), S. 73.

- Die Herkunft des Mattes Gluck ist nicht überliefert, jedoch kann angenommen werden, dass er von auswärts stammte, da sich der Name Gluck nicht auf der Einwohnerliste von 1507 befindet und ansonsten nicht belegt ist.

- Um diesen Zeitraum herum wurde in der Grafschaft Erbach die erste gültige Kirchenordnung nach der Reformation endgültig eingeführt (1556) und es starb der erste reformierte Pfarrer Johannes Metzler 1553 in Güttersbach.

Hans Brand (Brant) „der Alte“

*um 1530/1535? +nach 1591/1593 bzw. kurz vor 1600 Güttersbach (wohl im Amt verstorben?).

- Schultheiß von mindestens 1568 bis nach 1591 (kurz vor 1600).

- Die Eheschließung und Ehefrau ist unbekannt, aber es sind mindestens 3 Kinder (Hans, Apollonia, Sibylle) überliefert.

- Aufgrund von Streitigkeiten um die Gerichtsbarkeit mit Hiltersklingen tagte 1568 ein Untergericht in Güttersbach im Beisein des Schultheißen Hans Brand.

- 1581 verbot Hans Brand den Schöffen aus Hiltersklingen, das pfälzische Hubengericht in Hiltersklingen an der Hart zu besuchen. Die von der Hart sollten auch kein Holz mehr aus ihrem Wald ohne Vorwissen des Güttersbacher Schultheißen holen dürfen. (Hierzu Literatur: Reutter, Rolf / Kunze, Rudolf: Ober-Hiltersklingen, in: Geschichtsbücher Kreis Bergstraße, Band 11, Heppenheim 1978, Seite 121 bis 150.)

- Im Juni 1585 war er Zeuge bei einer Eheverabredung und einem Gutsverkauf.

- 1586 tritt Hans Brand als HaHHhHhhhhsdZeuge bei einem Gutsverkauf in Hüttenthal in Erscheinung. Ebenso wird er 1588 erwähnt (Literatur: Die Heimat, 1939 Nr. 7).

- An Cathedra Petri (22. Februar) 1591 übergab bzw. verkaufte Hans Brand, der alte Schultheiß zu Güttersbach, an seinen Sohn Hans Brand den Jungen für 380 fl. (Gulden) seine Hube mit 7 Stück Vieh, 6 Schafen und 4 Schweinen.

- An Pfingsten (02/03. Juni) 1591 wird er als Zeuge bei einem Gutsverkauf in Hiltersklingen genannt.

- Am 24. Juni 1593 ist Hans Brand (alter oder junger?) Zeuge bei einem Gutsverkauf.

- Im Güttersbacher Kirchenbuch, welches im Jahr 1600 beginnt, findet sich nur eine Randnotiz von der Existenz jenes Hans Brand des Alten. Er wird am 09. November 1600 bei der Heirat seiner Tochter Apollonia mit Aßmus Gabelberger erwähnt: […] Appolonia, weiland Hans Brandten deß alten, geweßenen Schultheißen zu Gütterspach, eheliche tochter“.

Hans Brand „der Junge“ (auch Prandt oder Brandt genannt)

*um 1560/1565? +29. November 1614 Güttersbach (im Amt verstorben).

-Schultheiß von kurz vor 1600 bis zum 29. November 1614.

- 1. Eheschließung am 24. August 1588 mit Anna NN. (verwitwete Kempel, *um 1560/1565? +25. April 1612 Güttersbach), 3 Kinder?

- 2. Eheschließung am 27. Oktober 1612 mit Anna Brauch (*um 1590 Olfen +um 1635?), mind. 1 Sohn.

- Hans Brand war der Sohn von Hans Brand „dem Alten“ und folgte diesem im Amt des Schultheißen direkt nach.

- Am 24. August 1588 heiratete er die aus Ober-Mossau stammende Anna, eine Witwe, die zuvor mit Hans Kempel verheiratet war. Hans Brand „der Junge“ erwarb in der Folge die Hube, „wie sie der alte Kempel hatte für 250 fl. [Anm. Verf.: Gulden] zu Ober-Mossau. Ehezeugen waren u.a. Johannes Rieß, der Pfarrer zu Güttersbach und Hans Brand der Alte, der Schultheiß zu Güttersbach.

- 1591 übernahm er dann die Hube seines Vaters, wobei der heutige Standort unbekannt ist.

- In die Amtszeit Hans Brand „des Jungen“ fällt möglicherweise auch der Bau des Pfarrhauses, welches von 1594 bis 1597 anstelle „des alten abgangenen Pfarrhaußes“ errichtet wurde.

- Brand hatte einen Stiefsohn in Ober-Mossau (Hanß Kempel) der im Juli 1602 und 1606 genannt wird.

- 1605 arbeitete ein Hans Krämer beim Schultheißen. Hans Brand tritt auch als Pate bei der Geburt eines Kindes von Hans Krämer auf.

- Aus dem Jahr 1610 ist folgende Begebenheit bezeugt, die Pfarrer Johann Balthasar Eberhard (*um 1570 +1626) in einem Schreiben dem gräflich-erbachischen Kellerkanzler zu Michelstadt mitteilte. Am Abend des 05. Juni 1610 kamen zwei fremde Personen nach Güttersbach. Ein junger Mann, der Schulmeister und Messner zu Mudau und eine Frau samt zwei Kindern. Sie gaben sich als umherreisende Händler aus und fragten nach Notdurft. Schließlich übernachteten sie in Güttersbach. Am nächsten Tag kamen einige Angehörige hierher, die behaupteten, von den tags zuvor hierhergekommenen betrogen worden zu sein. Die Angehörigen stellten die beiden als Ausgerissene dar und sie wurden der Hurerei, des Ehebruchs und des Diebstahls beschuldigt. Außerdem verlangten die Angehörigen, dass der Güttersbacher Schultheiß (Hans Brand) die beiden Ausreißer festnehmen solle: „[…] so der Schultheiß zu Güttersbach zur Hand genommen, und gemelte beide Personen uf deren nachgefolgte laut begeren zur verhafft gezogen und in seiner behaußung nach der Zeit uffhalt, man ihme nun nit wißend, ob er dießelbe nach Michelstatt gefanglich uberschicken, oder wie er sich verhalten soll, Alß wöllet er in dießem fahl zu thun, […].“; Quelle: Hitzigs Annalen der deutschen und ausländischen Criminal Rechtspflege (N.F. Bd. 13 (3.F) Bd. 43 = Jg. 1848, Bd, 2 (1848)), S. 268/269.

- 1612 wütete die Pest in Güttersbach und insbesondere auch in Hans Brands Anwesen. Am 28. März 1612 starb der Dienstbub des Schultheißen an der grassierenden Pest (NN. Reipolt) und wenige Tage darauf am 01. April 1612 der Knecht Hans Reipolt. Beide waren Brüder aus Ober-Mossau. Ferner verstarb noch an der Seuche Hans Brands Frau am 25. April 1612.

- Der Sterbeeintrag Hans Brands lautet: „dienstag den 29. Nouembris Ao [Anm. Verf.: Anno] 1614 starb Hanß Brandt, der Schulthes alhie, so vor etlich Tag über ein Zaun in seinem garten neben dem hundsstall steig wöllen, und ein schenkel under dem Knie entzwei gefallen, dazu hernach, als er verbunden worden, ein unversehen unglücks geschlagen, das er am Schenkel und ganz leib aller entzündet, und baldt gestorben ist.“

Claus (Niclas) Kraft (auch Krafft / Krapff / Crapf genannt)

*um 1570? + 27. April 1615 (begraben); (im Amt verstorben)

- Schultheiß von November/Dezember 1614 bis Ende April 1615.

- Eheschließung um 1600 mit Anna NN. (*um 1570 +15.11.1633 Güttersbach), 3 Töchter.

- Claus Kraft übte das Bäckerhandwerk im Ort aus und scheint schon vor der Übernahme des Schultheißenamts eine bedeutende Person gewesen zu sein.

- Er konnte sich auch einen Knecht leisten, denn 1605 diente Peter Hoff bei Claus Kraft. Überdies sind er und seine Frau unzählige Male im Güttersbacher Kirchenbuch als Paten bezeugt.

- Am 08. Dezember 1614 wird er in einem Gerichtsprozess genannt: „In diesem Peinlichen Land-, Zent- und Halsgericht ist Claus Karpf zu Güttersbach an statt des abgestorbenen Zentschöffen daselbst [Anm. Verf.: Hans Brand +29. Nov. 1614] in dieses Peinliche Gericht entnommen und gelehnt worden, dermalen aber des Eides und der Frage erlassen geblieben. […]“; (Siehe: Unterhaltungen am häuslichen Herd, 1. 1860/61, Nr. 028, 1861, S. 553).

- Der Sterbeeintrag lautet: „Ao. [Anm. Verf.: Anno] 1615, donnerstags, den 27. April ward begraben Clauß Krapff, der Becker und Schultheis alhie, dem, zu abwesen meiner, alß Ich noch von der Reiß aus dem Land würtemberge nit wieder zur Haus kommen, die Leichpredige durch Herrn Johann Zimmermann?, Pfarrern zur Brunfelden [Anm. Verf.: Beerfelden], gehalten worden.“

Leonhard Klinger

*um 1565 Beerfurth? + 12. Juli 1616 Güttersbach (im Amt verstorben).

- Schultheiß von 1615? bis zum 12. Juli 1616.

- Eheschließung am 04. November 1615 mit Anna NN. (Witwe des Schultheißen Claus Kraft), keine Kinder bekannt.

- Es ist anzunehmen, dass Leonhard Klinger das Anwesen des vorherigen Schultheißen Claus Kraft übernahm und dessen hinterlassene Ehefrau heiratete.

- Aus dem Kirchenbuch heißt es, dass Leonhard Klinger aus Beerfurth stammte. Bereits 1593 ist ein Lenchen Klinger aus Beerfurth in den Erbacher Amtsprotokollen bei einer Eheberedung bezeugt. Es könnte sich damit um diesen Leonhard Klinger handeln.

- Klinger wird im Heiratseintrag vom 04. November 1615 noch nicht explizit als Schultheiß genannt, kann jedoch als solcher betrachtet werden.

- Er ist mindestens seit März 1616 als Schultheiß zweifelsfrei belegt.

- Sein Sterbeeintrag lautet: „Freitags den 12. July 1616 Ist gestorben und folgenden Tages begraben worden, Lenhard Klinger, Schultheis alhie.“

Teil III. in der nächsten Ausgabe