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Ausgabe 33/2023
Natur, Kultur, Geschichte
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Die Eintragungen des Lehrers Georg Germann in der Güttersbacher Schulchronik, Teil II. Erster Weltkrieg

Lehrer Georg Germann (rechts sitzend) als Soldat. Insgesamt dreimal wurde der Schulverwalter von Güttersbach zum Kriegsdienst eingezogen. Im April 1918 wurde er schwer verwundet.

Titelblatt der Beilage zum „Centralanzeiger für den Odenwald“ (Erbacher Kreisblatt) vom 25. Februar 1915. Der Zeitungsausschnitt wurde mit diversen weiteren Fundstücken auf dem Dachboden des Güttersbacher Schulhauses entdeckt.

Pfarrer Bornscheuer war von 1916 bis 1920 in Güttersbach.

Propaganda Plakat zur Kriegsanleihe 1917: „Es gilt die letzten Schläge, den Sieg zu vollenden! Zeichnet Kriegsanleihe!“ Auch die Güttersbacher Schule beteiligte sich nachweislich bei mindestens zwei, der insgesamt neun Kriegsanleihen (Kriegskrediten), die den Weltkrieg finanzieren sollten.

Im letzten Kriegsjahr sammelten die Güttersbacher Schulkinder über Monate hinweg Unmengen an Eichen- und Buchenlaub (Kriegshilfsdienst an der Heimatfront). Die Blätter dienten als Ausgangsmaterial für sog. Futterkuchen, das den Pferden an der Front als Futterersatz dienen sollte. Auf dem Bild sind Frontpferde samt Reiter und Gasmasken zu sehen.

Französisches Geschütz 155 C Modell 1917 an der Westfront. Insgesamt verschoss die Artillerie aller Kriegsparteien im Ersten Weltkrieg über 850 Millionen Granaten. Lehrer Georg Germann erlitt durch ein Schrapnellgeschoß schwere Verwundungen.

Von Robin Helm

Schuljahr 1914/15.

„Beginn des Schuljahres: 20. April [1914];

Aufgenommen wurden 4 Knaben, 2 Mädchen.

Schülerzahl: 31, Knaben: 16, Mädchen 15.

Bei Ausbruch des Krieges wird Lehrer Germann zum Militär eingezogen. Die Schulstelle wird nun einige Wochen – von Herrn Gevert [Friedrich Gevert *1887 +?], Hiltersklingen, mitversehen. Lehrer Germann kehrt Ende September [1914] zurück und übernimmt wieder den Unterricht.

Da kurz vor Weihnachten [1914] die Schulstelle zu Hiltersklingen durch die mil. [militärische] Einberufung des dortigen Lehrers verwaist, werden Germann & (Arnold, Hüttenthal / Huber, Unter-Mossau) [Friedrich Hermann Arnold *1889 +1984 und Ludwig Huber *1886+?] mit der Vertretung (von Neujahr ab) beauftragt. Aber nur kurze Zeit währt dieser Zustand. Germann wird anfang Februar [1915] zum 2. Male eingezogen, und nun versieht Arnold (Hüttenthal) die hiesige Schulstelle. In Hiltersklingen dagegen entfalten nachdem eben erwähnten Zeitpunkte die beiden Herrn von Unter-Mossau ihre segensreiche Tätigkeit.

Näherers, s. Kriegeschronik! [Anm.: Lehrer Germann verweist an dieser Stelle auf eine eigens angelegte Kriegschronik, die aber heute leider verschollen ist].

Der Fortbildungsschulunterricht, der den 10. Nov. [19]14 begonnen wurde, mußte wegen der Einberufung des Lehrers [Germann] den 4. Februar 1915 geschlossen werden. – 9 Schüler –

Es ist noch nachzutragen, dass von 31. Juli bis 24. August 1914 Notstandsferien eingelegt wurden.

Das Schuljahr endigt den 27. März [1915] mit 15 Knaben und 16 Mädchen; zur Entlassung kommen 5 Schüler.

Schuljahr 1915/16.

[…]

Herr Lehrer Arnold, Hüttenthal eröffnet das neue Schuljahr und unterrichtet abwechselnd 3 Tage am Orte seiner Anstellung und die gleiche Anzahl Tage in der Woche an hiesiger Schule.

Die Zahl der Schüler beläuft sich anfangs auf 30, erhöht sich alsdann durch Eintritt eines von auswärts kommenden auf 31. Dieser, sowie ein anderer vorübergehend in Güttersbach wohnender Schüler verlassen im Verlaufe des Jahres den Ort wieder, so daß der Schülerbestand am Ende des Schuljahres nur noch 29 beträgt.

Lehrer Germann wird Ende August [1915] auf Grund einer Reklamation von Gr. [Großherzoglichen] Kreisschulkommission von seinem Truppenteil, Regiment 176, da er nicht kriegsverwendungsfähig ist, entlassen und vom Bezirkskommando Erbach beurlaubt.

Der 31. August [1915] führt ihn aus dem Militär- in den Schulbetrieb wieder ein.

Zu seinem der Behandlung wartenden [zusätzlichen] Arbeitsfeld gehört von diesem Tage ab die Schule zu Hiltersklingen. Dort ist der Boden infolge, der vorausgegangenen, mehrere Wochen durchdauernden Brache besonders hart und steinig geworden, weshalb seine Bearbeitung viel Mühe und Arbeit verursacht. Kriegsdienst hinter der Front!

Der erwähnte Ausfall des Unterrichts in Hiltersklingen war die unmittelbare Folge der Einberufung des Herrn Heist [Georg Heist *1869 +1927], Unter-Mossau, der mit Herrn Huber gleichen Ortes die fragl. Schulstelle versah.

Da Lehrer Germann dem Bildungstrieb der Jugend Hiltersklingen Montags u. Mittwochs in einem je 4 1/2 – 5 stündigen Unterricht gerecht werden muss, ist die Zeit seiner Wirksamkeit an der eigenen Schule auf 4 Tage in der Woche beschränkt.

Handarbeitsunterricht u. der von dem Geistlichen erteilte Religionsunterricht fallen auf die 2 freien Tage.

[…].

Der Fortbildungsschulunterricht nimmt den 15. Nov. [1915] seinen Anfang mit der seit vielen Jahren nicht erreichten Anzahl von 16 Schülern. Diese ungewöhnlich hohe Zahl erklärt sich aus dem Umstand daß die Landwirte bei dem Mangel an Arbeitskräften gezwungen waren, jüngere Leute in ihren Dienst einzustellen.

Dieser furchtbare Völkerkrieg mit seinem die gesamten Lebensverhältnisse der Menschen erschütternden Wirkungen wirft auch seine Schatten in den Unterricht der Fortbildungsschule. Unter dem Zwange der gegebenen Verhältnisse kann nun der seit Jahren sich aufs beste bewährte Tagesunterricht nach Verfügung Gr. M. d. I. Abt. für Sch. [Anm.: Großherzogliches Ministerium des Innern Abteilung für Schulangelegenheiten], auf die Abendstunden verlegt werden. Diese Verlegung und die gestattete Reduzierung der Stundenzahl auf 4 bedeuten mindestens einen nicht wünschenswerten Zustand, der zu einem verhängnisvollen Rückschlag führen kann.

Den 19. Dez. [1915] wurde der Fortbildungsschüler Georg Thomasberger infolge einer Lungenentzündung seinen vom Kriege schon hart betroffenen Eltern durch den Tod entrissen [Anm.: Die Familie verlor drei Söhne im Weltkrieg]. Die Fortbildungsschule gab ihn das letzte Geleit, und der Lehrer legte dem Verstorbenen einen Nachruf widmend, an dessen Grabe einen von der Schule gestifteten Kranz nieder.

Der Unterricht wird den 9. März [1916] mit einer Prüfung, der auf besondere Einladung d. L. [des Lehrers] der Schulvorstand beiwohnt mit 14 Schülern geschlossen. An diese Prüfung schließt sich alsdann noch eine heftige Auseinandersetzung mit dem vor den Schulvorstand geladenen Beigeordneten Johann Krämer I. [*1875 +1947] an, der, obwohl vom Kriege nicht im mindesten zu seinem Nachteil berührt, der einzige ist, der seinen Fortbildungsschulpflichtigen häufig zu spät zum Unterricht schickte.

Die für die Sammelzeichnung zur 4. Kriegsanleihe von den Schülern erhobenen Beträge ergaben eine Summe von 900 M. [Reichsmark]. Mit dieser Zeichnung steht die hiesige Schule wie eine Veröffentlichung im Kreisblatte darlegt, auf den Kopf berechnet, an Stelle im Kreise. [Anm.: die Stellenzahl wurde in der Chronik nicht eingetragen].

Anfang März 1916 wird Lehrer Gevert, Hiltersklingen, nachdem er einige Monate auf dem östlichen u. süd-östl. Kriegsschauplatz stand, wo er sich eine Zellengewebsentzündung am Fuße zuzog, ebenfalls auf eine Reklamation Großh. Kreisschulk. [Großherzogliche Kreisschulkommission] aus dem Militärdienst beurlaubt.

Von 9. März [1916] an wirkt er [Lehrer Gevert] wieder auf seiner Schulstelle. Somit wird nun in Güttersbach nach dem Friedensstundenplan wieder gearbeitet.

Am Schlusse des Schuljahres, der auf den 15. April [1916] fällt, werden 2 Knaben u. 2 Mädchen entlassen. Die Zahl der bei Beginn aufgenommenen Kinder beträgt 3, ein Knabe und 2 Mädchen.

Im März [1916] wurde die Schule durch Herrn Schulrat Dieterich einer Inspektion unterzogen.

Schuljahr 1916/17.

Das neue Schuljahr beginnt den 1. Mai [1916].

Aufgenommen werden 1 Knabe, 1 Mädchen.

Zahl der Schüler 27; Knaben: 11, Mädchen: 16.

Der Beginn des (Unterricht) Schuljahres bringt wieder einschneidende Veränderungen in das Schulleben. Die sogenannte Sommerzeit, für deren Einführung Gründe volkswirtschaftlicher Art bestimmend waren (Ersparnis an Beleuchtungsmaterial u.s.w.), wurde auch in das Unterrichtswesen übernommen. Danach wurde der Unterricht eine Stunde früher begonnen als in früheren Sommerhalbjahren, Diese neue Zeitregelung, die also hinsichtlich des täglichen Schulanfangs mit einem jähen Übergang aus dem Winter- in das Sommerhalbjahr verbunden war, machte sich anfangs in der ersten Morgenstunde an den noch teilweise müden und schläfrigen Kindergestalten in unangenehmer Weise fühlbar. Aber die Macht der Gewohnheit hat auch nun bereits diesen Zustand in befriedigender Weise gebessert.

Da für das neue Schuljahr Lehrer Gevert, Hiltersklingen, mit der Versetzung der Stelle eines zum Militär eingezogenen Lehrers zu Neustadt betraut worden ist, übernehmen Herr Huber, Unter-Mossau, u. Germann den Unterricht an der hierdurch wieder ledig gewordenen Schulstelle.

Auf Grund eines von Großherzogl. Kreisschulk. an die Schulvorstände des Kreises ergangenen Schreibens, wonach genannte Behörde mit einer für die Einbringung der Ernte voraussichtlich notwendig werdenden Überschreitung des gesetzlichen Maßes von Ferien rechnet und daher zum Rindenschälen nur die Befreiung der für diese Arbeit in Betracht kommenden Jahrgänge empfiehlt, entschließt sich auf Antrag des Lehrers der hiesige Schulvorstand, die fünf letzten Schuljahre vom Unterricht zu befreien und zwar für die Zeit von 11. bis 24. Mai [1916]. Nachträglich findet dann noch auf Wunsch einiger Eltern, für die selbstverständlich der außergewöhnliche Verdienst besonders aneifernd und verlockend wirkte, eine Verlängerung um 8 Tage statt.

Nach 9 1/2 jähriger hiesiger Wirksamkeit wurde Herrn Pfarrer Beyer die Pfarrstelle zu Ossenheim Kreis Friedberg, übertragen. Herr Pfarrassistent Bornscheuer [Friedrich Wilhelm Konrad Bornscheuer *1890 +1979], vorher in Rhein-Dürkheim amtierend, hält den 13. Aug. [1916] als Nachfolger seine Antrittspredigt.

Den 3. November [1916] findet in hiesiger Schule eine amtliche Konferenz statt, an der die Lehrer der Umgebung teilnehmen. Der wichtigste Punkt dieser von Herrn Schulrat Dieterich geleiteten Konferenz ist eine Probelektion in Naturgeschichte, für die als Unterrichtsgegenstand der Eichelhäher gewählt wurde. Im 1. Schuljahr wird im Anschauungsunterricht „die erste Reise“ behandelt, woran sich noch Leseschreiben anschließt. Gegen 1 Uhr ist der pädagogische Teil der Konferenz beendet, und nun finden die leiblichen Bedürfnisse bei Gastwirt Helm [Anm.: Zum Goldenen Löwen] noch ihre Befriedigung.

Infolge Mangels an Arbeitskräften wurden die 14-tägigen Herbstferien nachträglich noch um 8 Tage verlängert. [Anm.: Als Arbeitskräfte wurden ab Frühjahr 1916 auch vermehrt russische Kriegsgefangene eingesetzt, die in den Sälen der hiesigen Gastwirte untergebracht wurden].

Die Fortbildungsschule wurde den 21. Nov. [1916] mit 13 Schülern eröffnet, aber schon nach 3 maligem Unterricht auf Grund eines Ausschreibens Gr. Ministeriums, das Schließung der Fortbildungsschule in sämtlichen Landgemeinden forderte, wieder geschlossen.

Zum 3. Male reißt mich [Lehrer Germann] nun der unglückliche Weltkrieg aus dem Schuldienst heraus, und an anderer Stelle fordert mich das Vaterland.

Gebe Gott, dass ich wieder glücklich zurückkehre zur Familie, Schule u. Gemeinde.

Laut Dekret vom 3. Febr. 1917 wurde Schulgehilfe Hans Heinrich Baumann von Schönnen nach Güttersbach versetzt. [Anm.: Im Folgenden Abschnitt schrieb Schulgehilfe Baumann die Chronik fort und schildert seinen bisherigen Werdegang].

Sein Lebenslauf ist in kurzem Umriß folgender:

Geboren wurde er am 19. Okt. 1894 zu Groß-Gerau. Er besuchte nach seiner Entlassung aus der dortigen Volksschule die Präparandenanstalt zu Lindenfels u. das Seminar zu Bensheim. Bei Ausbruch des Krieges trat er als Freiwilliger in das Infanterie Regt. 117 in Mainz ein. Im Januar 1915 wird er dem I.R. 173 überwiesen. Mit diesem nimmt er an den Kämpfen in den Argonnen teil. Durch Verschüttung trägt er einen Nervenschock davon, außerdem wird er durch Granatsplitter im Rücken u. am linken Oberschenkel verwundet. Da er nach seiner Heilung für den Frontdienst nicht mehr in Frage kommt, wird er am 1. April 1916 als „dauernd arbeits- u. garnisionverwendungsunfähig mit 20 % Erwerbsunfähigkeit anerkannt, entlassen.

Nach seiner Entlassung besucht er das Seminar zu Bensheim (er war 1914 mit Notprüfung in den 4 Abgangsfächern aus der II. Klasse zum Militärdienst ausgetreten) u. legt im Nov. 1916 die Kriegs-Reifeprüfung ab.

Seine erste dienstliche Verwendung geschah zu Schönnen, Kr. Erbach.

Am 10. Februar [1917] wurde die Schule durch Herrn Schulrat Dieterich einer Besichtigung unterzogen.

Auf die 6. Kriegsanleihe wurden von der hiesigen Schule 930 M. [Reichsmark] gezeichnet. Das ist der höchste bis jetzt hier erreichte Betrag.

Kaisers Geburtstag sowie die Jubiläumsfeier des Großherzogs wurden in herkömmlicher Weise festlich begangen.

Das Schuljahr schließt am 31. März [1917]. Entlassen werden 2 Mädchen.

Schuljahr 1917/18.

Es beginnt am 16. April [1917].

Aufgenommen werden 2 Knaben; Zahl der Schüler 27. Knaben: 13. Mädchen: 14.

In den Monaten Juni – Okt. [1917] weilen sechs Mädchen u. 2 Knaben aus Darmstadt sowie ein Knabe aus Mainz zur Erholung in hiesiger Gemeinde. Sie nehmen am Unterricht teil.

Am 31. Aug. [1917] wurde die Schule durch Herrn Schulrat Dieterich einer Inspektion unterzogen. [Ergänzungen: Am 06. Oktober 1917 fegte ein schwerer Sturm über Güttersbach, der drei Linden auf dem Lindenplatz umwarf / Am 31. Oktober 1917 wurde das Jubiläum der 400-Wiederkehr der Reformation gefeiert und eine Lutherlinde gepflanzt, welche heute noch an der Kirche wurzelt].

Infolge ernster nervöser Störungen sieht sich Schulgehilfe Baumann gezwungen, im Januar [1918] einen 4 wöchigen Urlaub zu erbitten. Er wird gewährt. Während seiner Abwesenheit erteilen Herr Zinser [Theodor Zinser *1890 +?], Olfen, u. Herr Hörr, Hüttenthal, je an zwei Tagen in der Woche Unterricht.

Ferien wurden gegeben am 21. Mai bis 2. Juni, am 2. Juli bis 4. August; vom 1. Okt. bis 13. Okt. (für Abtl. I. bis 24. Okt.) [1917].

Die Geburtstage S. M. d. [Seiner Majestät des] Kaisers, sowie unseres Großherzogs u. der Großherzogin werden in herkömmlicher Weise begangen.

Das Schuljahr schließt am 23. März [19]18.

Zur Entlassung kommen 1 Knabe u. 4 Mädchen.

Schuljahr 1918/19.

Das neue Schuljahr beginnt am 8. April [1918]. Neu aufgenommen werden 2 Knaben u. 3. Mädchen.

Zahl der Schüler 27. 14 Knaben 13 Mädchen.

Das Sommerhalbjahr bringt tiefgehende Störungen des Unterrichts. Durch Verfügung Großherzogl. Ministeriums wird an allen dazu geeigneten Tagen Eichen- und Buchenlaub gesammelt. Das getrocknete Laub wird in Mühlen zu Laubmehl gemahlen, mit Melasse vermischt u. zu Laubfutterkuchen gepreßt. Die Heeresverwaltung erhofft von diesen Futterkuchen den Ersatz für den mangelnden Hafer für die Frontpferde.

So geht es nun fast Tag für Tag hinaus in den Eichen-Schälwald. Von einem befruchtenden Unterricht kann dabei keine Rede sein. Nur das 1 u. 2. Schuljahr haben einen einigermaßen geregelten Unterricht. Aus dem Erlös des ges. [gesammelten] Laubs wird Lesestoff für die Kinder angeschafft. Eine neue Störung des Unterrichts erfolgt mit der Einberufung des Lehrers in Hüttenthal, Schulgehilfe Hörr.

Schulgehilfe Baumann wird beauftragt, in Gemeinschaft mit Herrn Lehrer König aus Hetzbach den Unterricht in Hüttenthal zu übernehmen. An zwei Tagen in der Woche fällt daher der Unterricht in Güttersbach aus.

Nach den Herbstferien kehrt Herr Arnold nach seiner Entlassung vom Militär nach Hüttenthal zurück u. übernimmt den Unterricht.

Die zahlreichen Erkrankungen an der Grippe machen eine Schließung der Schule für 2 Wochen notwendig (Anfang November) [1918].

[Anm.: Am 09. November 1918, dem Tag als die Republik in Deutschland ausgerufen wurde, starb der erst 5-jährige Willy Germann (Sohn von Lehrer Georg Germann) infolge eines Unfalls im Goldenen Löwen].

[Im Folgenden Abschnitt schrieb wieder Lehrer Germann in die Chronik].

Den 29. Nov. [19]18 wird Lehrer Germann aus dem Res.-Lazarett Offenbach a/M in die Heimat entlassen. Er ist am 23. 4. [19]18 bei Merville westl. von Lille durch Schrapnellgeschoß schwer verwundet worden und verlor den linken Fuß außer der Ferse, sowie die erste große Zehe. Nach 14 tägiger Behandlung im Kriegslazarett Lille fand er Aufnahme im Franziskushospital Münster i/Westf. und wurde dann später dem oben genannten Lazarett zur Erlangung eines Kunstschuhes überwiesen. Er übernimmt nach Neujahr [01.01.1919] wieder den Unterricht, während Herrn Baumann, dem seitherigen Vertreter, einige Tage später ein Dekret für Mörfelden, Kr. Gr. Gerau, zugeht. Da nun dieser Kreis von den Franzosen besetzt ist und daher eine regelrechte Verbindung mit Darmstadt nicht bestand, hatte die Kreisschulkommission Gr. Gerau die frei gewordene Schulstelle in Mörfelden unterdessen anderweitig besetzt. Herrn Baumann wurde alsdann eine Schulverwalterstelle in Habitzheim, Kr. Dieburg, übertragen.

Von dem Rückmarsch unserer Truppen, der sich nach den harten Waffenstillstands(verha.) Bedingungen „Hals über Kopf“ vollziehen musste, haben auch die entlegenen Odenwalddörfer einiges miterlebt. Der hiesige Ort war von 30. Nov. bis 2. Dez. [19]18 mit einem Regimentsstab und Leuten der 212. Inf.-Brigade belegt. Der Schulsaal diente als Massenquartier für etwa 15 Mann [Anm.: Der Stab hatte das Gasthaus „Zum Goldenen Löwen“ belegt]. Von 3. -7. Dezember [1918] war ein Teil des 7. Bayr.-Feld-Art.-Regts. [7. Feldartillerie-Regiment „Prinzregent Luitpold“] mit dem Stab hier einquartiert.

[…]

Das Schuljahr endigt den 12.4. [19]19. Entlassen werden 1 Knabe u. 2 Mädchen.“

Teil III. in der nächsten Ausgabe.