Im Juli 1920 wurde ein Ausflug ins Mümlingtal unternommen und unter anderem das Erbacher Schloss (Aufnahme um 1900) besucht.
Ab dem 01. Oktober 1920 wurde die Fahrpost zwischen Hetzbach und Hiltersklingen eingestellt. Die Aufnahme zeigt eine Postkutsche aus Schernfeld (nördlich von Ingolstadt).
Am 10. Mai 1921 besichtigte die Güttersbacher Schule die Burgruine Lindenfels. Hier eine frühe historische Aufnahme (um 1900).
Am 24. Juni 1921 wurde der 1. Jugendfeiertag am Siegfriedbrunnen (Lindelbrunnen) in Hüttenthal gefeiert. Viele Aufführungen, Vorträge und Spiele wechselten sich ab und unterhielt die Kinderschar aus Hüttenthal und Güttersbach.
Von Robin Helm
Schuljahr 1919/20.
„Das Schuljahr nimmt den 28.4 [1919] seinen Anfang. Aufgenommen werden: 1 Knabe, 5 Mädchen.
Zahl der Schüler: 14 Knaben, 16 Mädchen, Zusammen 30.
Am 21.5 [1919] unternimmt die erste Abteilung der hiesigen Schule mit der von Hüttenthal unter Leitung des Herrn Arnold [Friedrich Hermann Arnold *1889 +1984] einen gemeinsamen Ausflug nach dem Katzenbuckel und der Wolfsschlucht.
Die Rindenferien dauern von 26. Mai bis 7. Juni [1919].
[…]
Während des Winterhalbjahres kommen viele Erkrankungen unter den Schulkindern vor. Außer der Grippe tritt die Mumps stark auf.
Den 16. Januar [1920] wird die Schule von Herrn Schulrat Dieterich besucht.
Die Feuchtigkeit der Wohnung veranlaßte Herrn Pfarrer Bornscheuer [Friedrich Wilhelm Konrad Bornscheuer *1890 +1979], sich nach Frischborn, Kreis Lauterbach, versetzen zu lassen. Wegen seines noch vor Ostern erfolgten Wegzugs werden die Konfirmanden schon 3 Wochen vor Entlassung konfirmiert.
Zur Verschönerung des Schulhauses legt der Lehrer verschiedene Bäumchen und Sträucher an. Vor die Treppe links u. rechts je einen Trompetenbaum (Catalpa), dazwischen und an den Toreingang je 1 Geißblatt, an die Scheuer eine wilde Rebe; ferner pflanzt er 3 Apfelbäumchen auf das Schulgut. Die Anpflanzung geschieht auf seine eigenen Kosten.
Etwas außergewöhnliches bringt ein am ersten Sonntag nach Ostern von dem Lehrer mit der Schuljugend veranstalteter Volksunterhaltungsabend in das sonst etwas einförmige Schulleben. Mit welchem Eifer und mit welcher Hingebung übten die kleinen Darsteller ihre Rollen ein, mit welcher Spannung wurde der ereignisvolle Feiertag erwartet. Jeder Einzelne gab her, was in seinen Kräften stand. Die Vorbereitung zu dem „großen“ Tage gab ihrem Denken außerhalb der Schulzeit eine bestimmte Richtung. Für die gesanglichen Darbietungen stellten sich einige der Schule entwachsene Mädchen bereitwillig zur Verfügung und brachten in „Lenzfeier“ die schönen und bekanntesten Frühlingslieder unter einem einheitlichen Bild zum Vortrag. Die Schuljugend selbst ist aus Mangel an stimmfähigen Kindern zu solchen musikalischen Leistungen nicht fähig. Da bei ihr durch Einübung der dramatischen Stücke aufgewendete Mühe brachte wieder für den Unterricht, besonders für Deutsch, reichen Gewinn. Obwohl als Lokal der Veranstaltung der Schulsaal (nicht im Wirtshaus) diente, so erfreute sich die Feier doch eines außerordentlich starken Besuches von seiten der Gemeinde und von auswärts. Zur Bestreitung der Unkosten mußte ein Eintrittsgeld erhoben werden, wodurch eine Einnahme von 220 M und ein Reinertrag von 120 M erzielt wurde.
Die Fortbildungsschule wurde am 4. November [1919] mit 5 Schülern eröffnet und den 10. März [1920] geschlossen.
Aus der einfachen Schule wurden entlassen: 1 Knabe, 2 Mädchen; ersterer hat wegen körperlichen Leidens den Unterricht in den letzten 2 Jahren nicht mehr besucht, vorher nur selten.
Schuljahr 1920/21.
Das Schuljahr beginnt den 12. April 1920.
Aufgenommen werden: 1 Knabe, 3 Mädchen, Zusammen 30 Schüler.
Die milde Temperatur des diesjährigen Frühlings, des mildesten seit Jahrzehnten, gab dem Wachstum der Pflanzen, dem Leben und Treiben in der Natur einen Vorsprung von 3 Wochen gegenüber früheren Jahren. Daher beginnen auch die Rindenferien schon den 10. und endigen den 22. Mai [1920]. 3 Wochen früher als in anderen Jahren liegen auch die Heidelbeerferien: 21. Juni – 3. Juli [1920].
Den 29. Juli [1920] machte die Schule mit der von Hüttenthal einen Ausflug in das Mümlingtal. Unter Führung von Herrn Arnold, Hüttenthal, gings über Günterfürst, Erbach, nach Michelstadt, wo das vor wenigen Jahren gegründete Odenwaldmuseum, sowie die Kirche, das Rathaus u.s.w. besichtigt wurden. Zur Mittagszeit ruhte man sich in der Wirtschaft von Dörr aus, stärkte und erfrischte sich. Um 1 Uhr wurde wieder aufgebrochen und in Erbach den Rittersaale noch ein Besuch abgestattet, für den der Tag allerdings nicht glücklich gewählt war, denn Arbeiter waren noch mit Aufräumungsarbeiten beschäftigt, da der Saal zur Abhaltung der wenige Tage vorher stattgefundenen Hochzeitsfeier des Grafen Alexander [Franz Alexander Graf zu Erbach-Erbach *1891 +1952] eingerichtet war. Der Heimweg führte über Elsbach.
In Bezug auf die Ferien wird eine völlige Gleichstellung mit den höheren Schulen durchgeführt.
[…]
Nachdem die hiesige Pfarrstelle seit Weggang des Herrn Pfarrer Bornscheuer etwa 1/2 Jahr verwaist und in dieser Zeit von Geistlichen der Umgebung mitversehen worden war, wurde sie im September [1920] wieder besetzt. Am 19. September [1920] fand die Ordination des Herrn Pfarrverwalter Peter [Rudolf Peter *1888 +?] durch Dekanstellvertreter Betzler aus Rimbach [Julius Betzler *1859 +1935] in Gegenwart der Herren Oberpfarrer Wahl aus Beerfelden [Karl Wahl *1881 +?] u. Pfarrer Satzmann aus Fauerbach [Valentin Zatzmann *1866 +?] statt.
Auf Michaelistag (29. Sept.) an den im Jahre 1732 das Mümlingtal, sowie die in ihm einlaufenden Seitentälchen durch ein Hochwasser schwer heimgesucht wurde, fand in früheren Jahren stets eine gottesdienstliche Feier statt, die Arbeit ruhte, die Schule war geschlossen. Dieser Tag wurde nun dieses, wie schon im vergangenen Jahr nicht mehr gefeiert. Es ist dies eine begreifliche angesichts der größeren Ereignisse, die unser Volksleben seit 1914 unterwühlt haben.
Eine Verkehrseinrichtung aus alter Zeit, eine Fahrpost, die zuletzt Hetzbach mit Hiltersklingen verband, während sie noch bis in die Kriegszeit hinein den Verkehr zwischen Hetzbach und Fürth vermittelte, gehört seit 1. Okt. [1920] der Vergangenheit an. Wegen Unrentabilität wurde der Betrieb eingestellt. Um 1/2 10 Uhr vormittags ging die Post in Hiltersklingen ab und fuhr nachmittags kurz nach 4 Uhr wieder zurück.
Ihre Einstellung bedeutet eine schwere Schädigung der Bewohner dieser Gegend besonders für diejenigen, die-wie-ich- den Weg nach Hetzbach und zurück nicht zu Fuß zurücklegen können, auch die Absendung von Paketen ist nun mit größeren Umständen verknüpft.
Im November [1920] wird eine Waschküche [im Schulhaus] eingerichtet, deren Herstellungskosten nicht weniger als 3100 M [Mark] betragen.
Den 9. Nov. [1920] beginnt die Fortbildungsschule mit 8 Schülern. Sie schließt den 8. März [1921] mit 4 Schülern.
Das Schuljahr schließt den 19. März [1921].
Entlassen werden: 2 Knaben, 1 Mädchen.
Schuljahr 1921/22.
Das Schuljahr beginnt den 4. April [1921].
Aufgenommen werden: 3 Knaben, 3 Mädchen.
Zahl der Schüler: 15 Knaben, 17 Mädchen. Zusammen: 32 Kinder.
Den 10. Mai [1921] unternimmt die Schule unter teilnahme von Pfarrer & Lehrerfamilie einen Ausflug zu Wagen nach Lindenfels. Nach einer von schönstem Wetter begünstigten 2 1/4 stündigen Fahrt über Wegscheide, Weschnitz, Krumbach gelangt man am Ziele an. Dort wird u.a. die Burgruine und die Steinschleiferei von Kreuzer & Böhringer besichtigt. Weniger glücklich gestaltet sich die Heimfahrt über Reichelsheim, Frohnhofen, Rohrbach, Erzbach, in deren Verlauf ein heftiger Regen nieder ging.
Den 12. Juni [1921] fand eine Kirchenvisitation durch Herrn Dekan Bernbeck Hirschhorn [Hermann Bernbeck *1863 +1945], statt. Die Schulen des Kirchspiels wurden nachmittags einer Prüfung unterzogen.
Laut Verfügung des Landesamtes für Bildungswesen vom 30.5. [19]21 soll nun alljährlich den 24. Juni ein allgemeiner Jugendfeiertag abgehalten werden. Den diesjährigen, ersten Jugendfeiertag beging die hiesige Schule gemeinsam mit der von Hüttenthal am Siegfriedsbrunnen, welche Stätte sich zu diesem Zwecke als sehr geeignet erwies. Eingeleitet wurde die Feier durch eine Ansprache des Lehrers Germann über das Thema „Sei deutsch“. Dann folgten deklamatorische u. dramatische Darbietungen durch die beiden Schulen; 1. Lenzfeier von der Schule zu G. [Güttersbach], 2. Hänsel u. Gretel von der Schule zu H. [Hüttenthal] aufgeführt.
Ergötzliche Jugendspiele, wie Zerschlagen von Töpfen mit Gewinnen, Wurstschnappen, Seilziehen, Sacklaufen und Suchen versteckter Gegenstände bildeten den Abschluß des zur vollen Zufriedenheit von Lehrern u. Schülern verlaufenen Festes.
Die Heidelbeerferien dauern von 27. Juni bis 16. Juli [1921].
Seit 5. November [19]21 erglänzt die Gemeinde [Güttersbach] in elektr. Licht. Die durch die Hessische-Eisenbahn (Elektrizität) Aktien-Gesellschaft (HEAG) ausgeführte Lichtversorgung kostet die Gemeinde rund 210 000 M. [Mark].
Durch Dekret vom 27. Sept. [19]21 wurde dem Lehrer Gg. Germann eine Lehrstelle in Seeheim a.d. B. [an der Bergstraße] übertragen.
[Die folgenden Eintragungen stammen vom neuen Lehrer Vogel].
Laut Dekret vom 29. Oktober 1921 des Hessischen Landesamtes fürs Bildungswesen wurde dem Schulverwalter Arnold Paul Vogel [*1899 +1990] aus Hähnlein im Ried die Verwaltung der Stelle amtlich übertragen.
Da Herr Germann infolge der schwierigen Umzugsverhältnisse erste Mitte Januar [1922] ausziehen konnte, trat obig genannter Schulverwalter [Vogel] am 20. Januar [1922] seinen Dienst in Güttersbach an.“
So endete die seit Frühjahr 1909 mit einigen Kriegsunterbrechungen andauernde Amtszeit von Lehrer Georg Germann in Güttersbach. Er verbrachte sein restliches Leben in Seeheim und verstarb ebenda am 13. Oktober 1966 im Alter von 80 Jahren.