Gestützt durch belastbare Zahlen und beeindruckende Statistiken hat am vergangenen Mittwochabend im voll besetzten Saal des alten Rathauses der Kreisstadt die Suchttherapeutin Larissa Hornig folgende Aussage in ihrem Vortrag herausgearbeitet: Den Angehörigen von Menschen mit einer Suchtmittelabhängigkeit fehlt es an einer den Betroffenen gleichgestellten Wahrnehmung, obwohl sie doch organischer Teil jenes Teufelskreises sind, aus dem sie sich nur schwer alleine befreien können. Hier fehle es an Angeboten. Denn diesen müsse ein Anspruch auf Beratung garantiert werden, schließlich seien sie ja unfreiwillig Teil des Systems Sucht geworden.
Anhand einer Präsentation zeigte die Doktorandin vom Institut für Suchtforschung in Frankfurt auf, wie sich die innerfamiliären Beziehungen nachteilig entwickeln und gestalten können. Diese belastenden Situationen führten oft zu Hilflosigkeit. Dabei komme es häufig zu Problemen, die die Angehörigen alleine nicht bewältigen könnten. Das nahe Umfeld der Erkrankten habe prinzipiell einen Anspruch auf Einzel – oder Paargespräche sowie auf unterstützende Seminare für Angehörige. Doch die Wege bis zu einer Bewilligung über die Krankenkassen seien oftmals sehr lange und von Bürokratie geprägt. 13,5 Jahre dauere es durchschnittlich bis sich Angehörige dazu entschieden, sich erstmals Hilfe zu holen. 29 Prozent der Befragten nannten als Grund die Angst vor einer Stigmatisierung.
„Wenn Sucht die ganz Familie betrifft“, so der Titel des Referats, ist aber die DRK-Selbsthilfegruppe für Angehörige von Menschen mit Suchterkrankungen eine wichtige Stütze. Diese hatte zur Feier ihres 30-jährigen Bestehens Larissa Hornig, die als Suchttherapeutin an der Salus-Klinik in Friedrichsdorf im Taunus arbeitet, für das Fachreferat eingeladen.
Ein wichtiger Aspekt sei die Selbstfürsorge, die man nie vergessen dürfe. Zudem wünscht sich Hornig mehr niederschwellige Angebote, welche die Angehörigen wahrnehmen können, ohne die Angst einer Stigmatisierung befürchten zu müssen. „Das kann man beispielsweise über einen anonymen Zugang bei Beratungen erreichen.“ Sucht und alles, was damit zusammenhänge, gehöre in unserer Gesellschaft endlich enttabuisiert. „Andere Nationen sind in dieser Hinsicht etwas weiter“, räumte Hornig ein. Nur so sei es möglich, ohne Scham auch die Öffentlichkeit einzubeziehen.
Wenige Angehörige wüssten, dass der Kontakt und die Gespräche bei einer Suchtberatungsstelle kostenfrei seien. Hier fehle es an Information und Aufklärung. Auch bei der psychotherapeutischen Unterstützung mangele es an Möglichkeiten. Deshalb betonte sie als wichtigen Pfeiler die Existenz von Selbsthilfegruppen, die viele Probleme auffangen und mildern können.
Im Anschluss unterstrich Georg Kaciala, Präsident des DRK-Kreisverbandes Odenwaldkreis, dass Sucht eine reale Krankheit wie andere auch sei. Ein großes Lob richtete er an Friedel Weyrauch, Bundessprecherin aller Selbsthilfegruppen im Deutschen Roten Kreuz, die diese Einrichtung aus der Taufe gehoben hat und seit vielen Jahren betreut.
Bürgermeister Dr. Peter Traub versprach: „Wir werden als Stadt integraler Bestandteil der Bemühungen um eine Verbesserung der Situation werden und im nächsten Jahr Personal und Maßnahmen hierfür bereitstellen.“ Abschließend betonte der Hausherr die Achtung, die man stets vor allen Menschen haben soll und zitierte den großen Humanisten und Schriftsteller Georges Tabori: „Jeder ist jemand!“