Der Antrag vom Festausschuss der Freiwilligen Feuer, das Kurhaus trotz der Stilllegung nächstes Jahr für einen Tag für den Festabend im Mai nutzen zu können, beschäftigte den Gemeinderat in der vergangenen Sitzung im Sitzungssaal im Bauamt der Gemeinde intensiv. Den Antrag stellte der Vorsitzende vom Festausschuss, Andreas Huber. Das Kurhaus wurde im Frühjahr aufgrund sicherheitsrelevanter Bedenken komplett geschlossen und steht seither nicht mehr zur Verfügung. Die Freiwillige Feuerwehr Ruhpolding feiert im Juli nächsten Jahres das 150-jährige Bestehen. Bevor jedoch dieser Antrag im Gemeinderat behandelt werden konnte, muss darüber abgestimmt werden, das Thema Kurhaus wieder zu behandeln. Denn das Thema sei erst kürzlich auf der Tagesordnung gewesen und hinreichend behandelt worden. Wie Geschäftsleiter Martin Heinemann weiter ausführte, gibt es verwaltungsrechtlich keine neuen Tatsachen oder gewichtige Gesichtspunkte, die derzeit eine erneute Behandlung rechtfertigten. Bei der Abstimmung, den Antrag der FFW zur Nutzung des stillgelegten Kurhauses für den Festabend im Mai 2023 zu behandeln, stimmten 12 Gemeinderäte dafür und sieben dagegen. Somit kam es zur Beratung.
Laut Antrag würde die Feuerwehr Ruhpolding die gesamte Verantwortung übernehmen, die Strom- und Wasserversorgung mobil aufbauen, die Gasleitung am Hausübergabepunkt abriegeln sowie die erforderliche Ertüchtigung des Kurhaussaales übernehmen. Weiter war im Antrag zu lesen, dass die Verpflegung von einem externen Caterer organisiert werden soll und somit die Küchennutzung nicht erforderlich ist.
Einführend stellte der Geschäftsleiter die Frage, wie es denn sei, wenn die Gemeinde jemanden etwas überlasse, obwohl die Gemeinde wisse, dass es nicht in Ordnung sei. Er sehe es auch als problematisch an, dass hinter dem Feuerwehrverein die aktive Freiwillige Feuerwehr sei.
Er, so Bürgermeister Justus Pfeifer (CSU/VRB) sei etwas ratlos, dass der Punkt bearbeitet werde und sehe das auch konterkarierend auf Blick der Bürgerwerkstatt. Bei dem Thema müsse darauf geachtet werden, dass man die Allgemeinheit sehe. Der Bürgermeister merkte auch an, dass eine Unterstützung seitens der Gemeinde für die FFW von 6.000 Euro vorgesehen wäre, wenn sie ein Zelt oder temporären Bau aufstellen würden.
Der Fraktionssprecher der VRB, Hermann Hipf, meinte, dass der Antrag wohl kaum diskutiert werden würde, wenn es sich nicht um die FFW handeln würde. Doch wenn das Kurhaus aus sicherheitsrelevanten Gründen zu sei, sei es zu, meinte er. Der Gemeinderat Simon Geierstanger (CSU) sagte, dass er durch eine Abstimmung nicht dazu beitragen wolle, eine Vorstandschaft in dieses Risiko zu bringen.
Ob man denn die Turnhalle nicht für den Festabend herrichten könne, wollte Bernhard Braun (CSU) erfahren. So würde man auch keinen Präzedenzfall schaffen, so Braun weiter. Der Gemeinderat Xaver Utzinger (CSU) hingegen sieht hier keinen Präzedenzfall. Da es bereits 2020 eine Zusage gegeben habe und es sich eben um die FFW handle.
Dem Vorredner Braun stimmte der Bürgermeister zu. Weiter meinte er, dass man das Kirchturmdenken auch mal überdenken und hier auch Möglichkeiten außerhalb der eigenen Gemeindegrenzen in Betracht ziehen solle. Es habe schon mehr Gespräche im Vorfeld gegeben, sagte der Bürgermeister. Hier seien andere Lösungsvorschläge, wie eben die Turnhalle, ein Ausweichen in den Festsaal von Siegsdorf oder ein Zelt, angeboten worden. Doch sei das alles abgelehnt worden, so der Bürgermeister.
Der 2. Bürgermeister Ludwig Böddecker (VRB) führte an, dass in der Entscheidungsfindung zur Schließung des Kurhauses ein Notbetrieb behandelt worden sei. Die Kosten wurden auf 50.000 bis 80.000 Euro geschätzt. Böddecker stellte die Frage: „Begibt sich die FFW hier in ein finanzielles Desaster, da nicht bekannt ist, was benötigt wird?“. Wir hätten die Stellungnahme der FFW, dass es laut Landratsamt möglich wäre, sagte der Grünen Gemeinderat Josef Hohlweger. Er könne sich vorstellen, diese Stellungnahme aufzugreifen, damit der Gemeinderat Fakten habe. Doch würde er die Lösung mit einem Zelt auch unterstützen, so Hohlweger weiter.
Die SPD-Fraktion sei sich in diesem Punkt nicht einig gewesen, sagte Fraktionssprecher Johannes Hillebrand. Er werde aus den vorgetragenen Gründen jedoch nicht zustimmen, meinte er. Der Gemeinderat Ludwig Schuhbeck (CSU), führte an, dass er im Festausschuss sei und die FFW wisse, dass sie sich da auf etwas einlasse. Von verschiedenen Räten kam dann der Vorschlag, dass die Gemeinde die Situation mit dem Landratsamt abklären sollte und in der nächsten Gemeinderatssitzung final darüber entscheiden sollte, ob der FFW für den Festabend das stillgelegte Kurhaus zur Verfügung gestellt werde oder nicht.
Die Gemeinderätin Angelika Haack (CSU) vertrat die Ansicht, dass es in vier Wochen sicher auch keine neuen Erkenntnisse geben werde und darum solle der Antrag abgelehnt werden. Für die 3. Bürgermeisterin Sigrid Haitzer (SPD) ist es fraglich, ob die Gemeinde als Eigentümer diese Liegenschaft überhaupt rausgeben darf. Wenn die Gemeinde eine Haftung dafür tragen müsse, sei es für sie zu riskant, fügte Haitzer hinzu.
Hierauf antwortet der Geschäftsleiter gleich, dass er es bezweifle, dass sich die Gemeinde aus der Verantwortung ziehen könne, wenn die Gemeinde Eigentümer einer stillgelegten Liegenschaft sei. Eine 100-prozentige Sicherheit werde man im Vorfeld nicht bekommen. Im Endeffekt werde das erst vor Gericht geklärt werden, wenn es zu einem Schadensfall gekommen sei und zu einem Rechtsstreit komme, meinte Heinemann. Der Beschluss zu diesem Antrag wurde durch Mehrheitsabstimmung vertagt. Auf Nachfrage wurde in Erfahrung gebracht, dass die Feuerwehr aufgrund der Bedenken der Verwaltung und des Gemeinderats ihren Antrag mittlerweile zurückgenommen hat und entschieden, den Festsaal in Siegsdorf für die Feierlichkeit anzufragen.
Vor allem aufgrund des leeren Fördertopfes für das Programm zur Sanierung bestehender Wasserleitungen und Anlagen sowie des Sonderprogramms Berghütten wurde ein Nachtragshaushalt nötig. Wie Kämmerer Friedrich Haberlander anmerkte, wurden die Zuwendungen weder gestrichen noch gekürzt. Es habe sich nur der Auszahlungszeitpunkt verschoben. Er rechne damit, dass die Zahlungen von rund 1,8 Millionen Euro ab Herbst 2023 oder aber möglicherweise erst in 2024 ausbezahlt würden.
Zur Übergangsfinanzierung soll ein kurzfristiger Kredit aufgenommen werden. Es wäre ein Betrag von 500.000 Euro erforderlich, da die Gewerbesteuer rund um 1 Millionen Euro höher sei als veranschlagt, so Haberlander. Der Bürgermeister merkte an, dass der Haushaltsplan sehr konservativ aufgestellt worden sei. Und wenn sich im Laufe des Jahres Änderungen ergeben würden, sei ein Nachtragshaushalt erforderlich. Zusätzlich kam der Hinweis, dass die Tilgung der allgemeinen Schulden trotzdem planmäßig erfolgt und der Schuldenstand von 15 auf unter 13 Millionen Euro gesunken ist. Der Nachtragshaushalt wurde einstimmig angenommen.
Im Gesamtergebnis habe die Gemeinde beim Bericht zur überörtlichen Rechnungsprüfung für den Zeitraum von 2016 bis 2019 gut abgeschnitten, sagte Heinemann. Der CSU-Gemeinderat Xaver Utzinger merkte an, dass im Bericht eine Anmerkung zum IT-Spezialisten gemacht worden sei und wollte dazu eine Erläuterung hören. Nach den Ausführungen vom Geschäftsleiter sind IT-Fachleute schwer zu finden und um die durchgehende Betreuung abdecken zu können, wären zwei Fachleute erforderlich. Dies wäre für eine Gemeinde in der Größenordnung von Ruhpolding nicht vorstellbar. Als fachliche Unterstützung stehe ein externer Dienstleister zur Verfügung, so Heinemann. Für den Prüfbericht war keine Beschlussfassung erforderlich.
Mit der „Bürgerwerkstatt“ sollen die Ruhpoldinger Bürgerinnen und Bürger in die Entscheidungsfindung zur weiteren Entwicklung von Ruhpolding und ganz konkret, wie mit dem „Vita Alpina“ sowie dem Kurhaus und Kurpark künftig umgegangen werden soll, eingebunden werden. Etwa 60 Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde über 18 Jahre, die per Zufall ausgewählt wurden oder örtliche Vereine repräsentieren, trafen sich in den Räumlichkeiten der Grund- und Mittelschule in Ruhpolding, um über die zukünftige Ortsgestaltung der angesprochenen Bereiche zu diskutieren und ihre Ideen einzubringen.
Wie der Bürgermeister im kurzen Zwischenbericht in der Gemeinderatssitzung ausführte, war er von den Lösungsansätzen beeindruckt. Jede der vier Gruppen habe machbare Lösungen erarbeitet. Die eine Gruppe, die das Kurhaus erhalten wolle, hätte dafür auf das Vita Alpina und das Freibad in der jetzigen Form verzichtet. Sie hätte auf eine Umgestaltung mit einem Schwimmteich und einem reinen Saunabetrieb gesetzt.
Die weiteren drei Gruppen kamen zum Ergebnis, dass ein neuer Festsaal im Umfeld des „Vita Alpina“ mit 350 Sitzplätzen entstehen solle, um die Veranstaltungen im Ort abdecken zu können, so Pfeifer. Er sei beeindruckt gewesen, wie verantwortlich und nachhaltig die Akteure der Gruppen das Thema angingen, meinte Pfeifer.
Das nächste Treffen der Bürgerwerkstatt ist am 12. November. Hier werden die bisher erarbeiteten Punkte nochmals verfeinert, rekapituliert und falls notwendig, leicht angepasst. Die finalen Ergebnisse werden dann am 16. November in der Turmhalle öffentlich präsentiert. Danach gebe es noch eine Online-Befragung, die bis Ende des Jahres ausgewertet werde, so der Geschäftsleiter. Und mit diesem Hinweis zur Online-Befragung gab Heinemann zugleich die Antwort auf die Frage von Hipf, wie sich die Leute über die Ergebnisse informieren könnten, die am 16. November die Veranstaltung nicht besuchen könnten. Anfang 2023 werde der Gemeinderat zu diesem Thema in Klausur gehen.
Das Rathaus sei 100 Jahre alt und so seien einige Umbauten gemacht worden, sagte Pfeifer. Er verwies darauf, dass am 4. Dezember ab 14 Uhr der Tag der offenen Tür mit Segnung stattfinden wird.