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Ruhpoldinger Gemeindeanzeiger
Ausgabe 9/2023
Ruhpoldinger Notizen
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CSU-Ortsverband

CSU-Fraktion ist gegen Kurhaus

Die CSU-Fraktion ist mehrheitlich gegen das Kurhaus, so kann man es im gesamten Dorf hören. Zum Teil ist diese Aussage auch richtig. Wir sind gegen den Begriff „Kurhaus“. Dieser Name hat sich mittlerweile überholt, da wir weder Kurgäste haben, noch unsere Bürger und Vereine auf Kur sind. Daher sprechen wir lieber von einem Festsaal. Denn dies ist, was wir als Ruhpoldinger und auch unsere „Bürger auf Zeit“ (= Gäste) benötigen.

Hinzu kommt das Thema „Vita Alpina“, welches wir als Angebot unbedingt erhalten wollen und als ebenso wichtig erachten. Leider wird bei der derzeitigen Diskussion oft der Blickwinkel nur auf das Kurhaus gelenkt und durch so manchen „neutralen“ Informanten und Initiator eines Bürgerbegehrens, obwohl er als Gemeinderat über alle Zusammenhänge Bescheid weiß und sich der Konsequenzen bewusst ist, verschwiegen.

Doch eigentlich ist es dieselbe Vorgehensweise, wie jedes Arbeitnehmers bei der Betrachtung seines Lohnzettels: Zuerst die Miete und die Pflichten, der Rest für Hobby und Urlaub. Ebenso sind die Ausgaben und Maßnahmen der Gemeinde IMMER miteinander verwoben, IMMER im Kontext mit dem Haushalt und IMMER über mehrere Jahre zu betrachten.

Die Gemeinde Ruhpolding kann aufgrund ihres aktuellen Schuldenstands und der höchsten Pro-Kopfverschuldung im Landkreis in den nächsten Jahren maximal 5-6 Mio. € weitere Schulden aufnehmen, um noch handlungsfähig zu sein. Zuzüglich werden jährlich etwa 1 Mio. € im Haushalt erwirtschaftet. Jeder darüber benötigte Finanzbedarf muss über Verkäufe gestemmt werden. Mit diesem Geld müssen anfallende „normale“ Investitionen, wie etwa Straßenbau und Sanierungen geleistet werden aber auch Großmaßnahmen (mit verschiedenhohen Zuschüssen), welche in naher Zukunft anstehen: Neubau Kindergarten, Erweiterung Feuerwehr und Bauhof, Zwischenfinanzierung und Erneuerung bei Wasser (hier sind noch mehr als 1 Mio. € an Fördermittel aufgrund eines leeren Fördertopfes ausständig), Abwasser und Kläranlage, Neubau Heizwerk, Eishalle, herzogl. Schloss … und was uns sonst noch überrascht an Investitionsstau der Vorjahre.

Hierzu kommt noch unser Wunsch, einen Festsaal zu schaffen und das Schwimmbad zu erhalten. Das Bad wird bei der nächsten Brandschutz- und TÜV-Prüfung keine Betriebserlaubnis mehr erhalten. Eine entsprechende technische Sanierung kostet laut des Gutachtens von Hr. Meier (Fa. GMF) etwa 10 Mio. €, wovon der Kunde und Bürger aber nichts sieht, da diese Investitionen zum Aufrechterhalt des Betriebs im Technischen Bereich, also außerhalb des Besucherbereichs zu investieren sind. Dennoch werden ein paar Jahre später, im Besucherbereich, ebenso Investive Maßnahmen notwendig sein (erneute Schließung, Kostenmehrung). Somit werden für das Bad 20-30 Mio. € für eine einmalige Komplettsanierung benötigt. Der Gemeindeanteil beträgt hier abzüglich der Förderungen etwa 7-8 Mio. €.

Bei einer Sanierung des Kurhauses sieht es ähnlich aus. Was wäre nötig? Ertüchtigung Gebäudehülle, Strom, Wasser und Kanal neu, Küche und Schanktechnik neu, allgemeine energetische Ertüchtigung: Fenster, Türen, Tore und Fassaden, falls es die Statik zulässt, ansonsten Dach/Decke neu, Heizung neu, Brandschutz neu, gesamte Verkabelung neu, Sanitär, Kücheninstallation, Toiletten neu, Bühnentechnik neu, Möbel, Tische und Stühle neu … Hier liegen die Kostenschätzungen bei 8-9,5 Mio. € (Gemeindeanteil ca. 3 Mio. €). Weitere Nutzungen noch nicht berücksichtigt! Bei einer Abzahlungsdauer von 20 Jahren müsste die Gemeinde somit von einem Pächter monatlich ungefähr 12.000 € Pacht nehmen, nur um die Sanierung zu refinanzieren. Dies bedeutet, der Pächter müsste, nach gastro-üblicher Kalkulation an 300 Tagen im Jahr einen Umsatz von etwa 4.000 € täglich erwirtschaften. Unmöglich! Das heißt, wir finden keinen Betreiber, dürfen von der Gemeinde kein Geld zuschießen, wie bisher (200.000 - 300.000 € jährlich) wegen versteckter Wirtschaftshilfe und Wettbewerbsverzerrung. Denn das hieße: Unsere Wirte zahlen Steuern, welche indirekt ihren Konkurrenten unterstützen. Resultat: Die Gemeinde hätte ein saniertes Kurhaus ohne Wirt, kein Schwimmbad, vermutlich auch kein Geld für Kurpark und sonstige größere Investitionen, da ja Sanierung und Unterhalt des neuen, immer noch leeren Kurhaus zu stemmen und tilgen sind.

… und sind dann alle zufrieden? Mit Sicherheit nicht.

Eine Finanzierung beider Maßnahmen am jeweils bestehenden Ort wirft die Frage auf, mit welchem Geld und mit welcher Nachhaltigkeit? Und da Saal und Bad auch keine kommunalen Pflichtaufgaben sind, wird durch die Rechtsaufsicht eine gnadenlose Überschuldung oder ein Zurückstellen von Pflichtaufgaben nicht genehmigt. Dies wurde unserer Kämmerei auch schon so von der Rechtsaufsicht mitgeteilt.

Wer also, wie die CSU-Fraktion, Saal und Bad will, muss sich zur Finanzierung (inklusive Neuverschuldung und allg. Haushaltsmittel) von Grundstücken im Wert von etwa 5 Mio. € trennen. Das einzige Grundstück, welches dies fast einbringt ist das Kurhaus-Grundstück, ohne den östlich gelegenen Kurpark. Ein hier anzusiedelndes Hotel würde auch dem aktuellen Bettenschwund (immer mehr Privatvermieter hören auf) entgegenwirken und unseren Tourismus qualitativ stärken und stabilisieren. Andere Grundstücke sind zu wenig wert, oder beispielsweise bereits für eine Finanzierung des neuen Kindergartens eingeplant. Wir von der CSU sind uns natürlich bewusst, dass Fläche eine endliche Ressource ist und nur für Maßnahmen verwendet werden, für die es uns das auch Wert ist. So beim erst vor kurzem von der Gemeinde erworbenen Kurhaus oder den vielen durch die Gemeinde neu erworbenen Flächen (Fuchsau, Lohen, Buchschachen …).

Bei der Gemeinderatsklausur sprachen sich, auf Grundlage dieser Fakten, alle anwesenden Fraktionsmitglieder der CSU einhellig dafür aus, das Schwimmbad sanieren zu wollen, hierfür das Kurhausareal zu verkaufen und einen Saal entweder in Verbindung mit dem neuen Hotel oder am Schwimmbad (Mehrkosten „nur“ ca. 1,5 Mio. €, Gemeindeanteil ca. 0,6 Mio. €, da Küche, Toiletten, Foyer, etc. als „Sowieso-Kosten“ bei Badsanierung) zu etablieren. Besonders hervorzuheben ist, dass alle anderen Fraktionen und Gemeinderäte das ebenso sahen und daher lediglich die beiden Gemeinderäte von Bündnis 90/Grünen eine andere Vision (Erhalt des Kurhauses) verfolgen.

Liebe Ruhpoldingerinnen und Ruhpoldinger, um so dichter die Zahlen und Fakten, umso einfacher und einstimmiger die Entscheidungen. Nutzen auch Sie alle Infos, die ihnen im RIS (Online-Ratsinformationssystem der Gemeinde) und in Papierform im Bahnhof (Raum Zeller Sepp) zur Verfügung stehen, besuchen Sie die Infoveranstaltungen, fragen Sie Ihre Gemeinderäte und ziehen Sie daraus selbst Ihre Schlüsse für ein zukünftiges Ruhpolding.

Simon Geierstanger, Fraktionssprecher CSU