Der Markt Fischach blickt auf eine lange jüdische Tradition zurück, die mit den Gräueltaten des NS-Regimes vernichtet wurde und dennoch ist im Ort jüdisches Leben stets in irgendeiner Weise präsent. So ist es der Gemeinde ein Anliegen der Reichspogromnacht am 9. November vor 85 Jahren zu gedenken. Das Datum war bewusst gewählt, als die Marktgemeinde gemeinsam mit der Fischacher Schule und dem Kulturkreis K.E.R.N., unterstützt von den ortsansässigen Geldinstituten am 8. November zum Film „Anna ich hab Angst um dich“ einluden. „Ich bin froh, wenn Leute hereinkommen,“ meinte die Ideengeberin Anne-Marie Fendt, doch darüber brauchte sie sich angesichts der wohlbesuchten Aula der Schule keine Sorgen zu machen.
Der Dokumentarfilm über Anna Pröll, die mutige Widerstandkämpferin, war Gegenstand des Abends. Zusammen mit Wolfgang Kucera hatte ihr Sohn Josef über viele Wochen Interviews mit der Mutter geführt und so den Film geschaffen. Persönlich umriss er nun knapp die Zeit ab den 1920er Jahren und benannte die wesentlichen Stationen im Leben seiner Mutter. Auch erläuterte er die tiefere Bedeutung des Protestliedes „Uns geht die Sonne nicht unter“. Das Lehrerensemble der Schule hatte es zu Beginn der Veranstaltung intoniert. Anna Pröll, damals noch Anna Nolan, hatte eine glückliche Jugend in Augsburg. Vom 1. Weltkrieg traumatisiert, wandte sich ihr Vater der kommunistischen Partei zu und politisierte so die Tochter, bis auch sie die Notwendigkeit sah gegen den aufstrebenden Nationalsozialismus anzugehen. Sie sah es, wie die Familie ihres späteren Mannes Josef Pröll, als notwendig an, die Bevölkerung gegen Hitler und einen drohenden Krieg aufzurufen. Diese Aktivitäten brachten sie ins Gefängnis und ins KZ. Ihrem Mann erging es genauso, doch die beiden hielten auch während seiner Zeit im KZ Buchenwald Kontakt. Im Film beeindrucken die strukturierte und klare Ausdrucksweise und besonders die ehrliche und authentische Art dieser mutigen Persönlichkeit.
Auf die Frage, worunter seine Mutter am meisten gelitten habe, erzählt Josef Pröll, dies sei der Tod des Vaters gewesen und ihre Entlassung aus dem KZ Moringen. Von dort war sie nur wegen ihrer blauen Augen und ihrer blonden Haare freigekommen. „Es ist schwer, wenn du entlassen wirst und die anderen lässt du zurück“, sagt Anna Pröll selbst im Film. Auch über andere Begebenheiten, die seine Mutter bis zuletzt aufgewühlt haben, berichtet Josef Pröll: Bei einem Besuch in Moringen, sei ihr das Hotelzimmer verwehrt worden mit der Begründung, man wolle mit den „KZ-lern“ nichts zu tun haben. Bis in die 90er Jahre wurden demnach die Häftlinge in den Konzentrationslagern nicht als Opfer des NS-Regimes wahrgenommen. Auch die Karrieren, die mancher Nazi-Scherge nach dem Krieg gerade im Öffentlichen Dienst machen konnte, beschäftigte die couragierte Frau bis zum Ende. „Ich möchte, dass die Kinder ohne Angst vor der Zukunft aufwachsen können.
Nie mehr sollen Menschen Krieg oder Faschismus erleiden müssen.“ Dieser Satz leitete Anna Pröll zeitlebens und das zutiefst beeindruckte Publikum konnte sich ihr nur von ganzem Herzen anschließen.