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Nesselwanger Leben - Informationsblatt
Ausgabe 4/2025
Vereinsleben
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Vereinsleben

Hätten Sie’s erkannt? Diese historische Karte zeigt den Gasthof Post – einstiges amtliches Post-Anwesen in Nesselwang.

Beschwerlich war der tägliche Fußmarsch des Landbriefträgers – besonders im Winter

Der Heimathausverein Nesselwang hatte zum Vortrag "Postgeschichte der Gemeinde Nesselwang 1517 - 2025" eingeladen, und mehr als dreißig Besucher verfolgten die sehr interessanten Ausführungen des Sammlers Reinhard Lehner. Der Vorsitzende des Kemptener Philatelisten-Klubs ließ anhand von beeindruckenden Dokumenten und historischen Ansichtskarten die Postgeschichte von damals bis heute wieder lebendig werden. Zwischendurch bekam er sogar Antworten aus dem Publikum auf die Frage „wer kennt dieses Motiv“. Passend zum Thema fand der Vortrag im Gasthof Post statt, einem einstigen „amtlichen Post-Anwesen“ – Station für die „Nesselwanger Postexpedition“ und den „Post-Stall“ mit Wechselpferden.

Die Zuhörer erfuhren, dass es bereits seit 1490 eine Poststrecke gab, die Innsbruck mit den Niederlanden und Italien verband. Das erste Posthaus in Nesselwang wurde 1517 errichtet. „Der älteste Privatbrief aus Nesselwang in meiner Sammlung stammt vom 19. September 1807“, erzählte Reinhard Lehner. 1817 zog die Poststelle in das Gebäude des heutigen Hotel Post. Zu der Zeit musste der Poststall an drei Tagen Ritte nach Kempten und Füssen unternehmen. Die Kutsche benötigte für die Strecke sechs Stunden. Um 1890 klingelte der Postbote – wegen hohem Postaufkommen - gleich dreimal am Tag, was im Winter oft kaum zu bewältigen war.

Eine große Erleichterung brachte 1895 die Eröffnung der Bahnlinie zwischen Kempten und Pfronten. Lehner demonstrierte die wechselvolle Geschichte der Poststellen, Briefmarken, Poststempel und Portokosten anhand antiker Belege. Infolge des ersten Weltkrieges und der damit verbundenen Hyper-Inflation zu Beginn der 1920er-Jahre stieg das Briefporto auf fünfzig Milliarden Mark (!).

Im März 1962 erhielt Nesselwang die Postleitzahl 8964, die gut dreißig Jahre lang galt, um 1993 nach der Wiedervereinigung durch die heutige 87484 abgelöst zu werden. 1998 traf es im Zuge der Rationalisierung dann auch Nesselwang: das Postamt wurde geschlossen, die Filiale ist seitdem in einem Einzelhandelsgeschäft zu finden. Einen eigenen Poststempel gibt es nicht mehr. Der sei auch nur noch zu bekommen, wenn man freundlich darum bittet, schmunzelte Lehner abschließend.

Reinhard Lehner bietet an, seine umfangreiche Sammlung in das ortseigene Archiv zu überführen. „Dieses Stück Heimatgeschichte sollte eigentlich nicht verloren gehen“, meint Oswald Kainz, ehemaliger Bürgermeister und Vorstandsvorsitzender des Heimathaus-Vereins Nesselwang.

Text und Bilder: Berta Risini