Ausschnitt Ortsplan 1852, südlicher Teil. Als Orientierungspunkte mögen die Lage der Kirche rechts oben und des ehemaligen Dorfteiches (heute Feuerwehrplatz, etwas weiter unterhalb), sowie die geradlinig von links unten nach rechts oben verlaufende Münchberger Straße – früher B 2 – dienen
Winterbild um 1950 von Leopold Augste: Die Schwarzfurth-Huhla (oder der Langweg)
Die Orte Hochfrankens haben von ihrer Entstehung her oft sehr unterschiedliche geschichtliche Gründe. So verdankt wohl Schwarzenbach seinen Ursprug dem dortigen Saaleübergang (erst Furt, später Brücke), Schauenstein hat seinen Ursprung im ehemaligen Herrschaftssitz. Ahornberg war schon durch seine weithin sichtbare Lage herausgehoben als Hauptort der alten „Siebendörfer“. Konradsreuth verdankt seinen Ursprung als Rastort an seinen Altstraßen, die dort einen Knotenpunkt bildeten, ja sich geradezu bündelten, was später (1751) den Hofer Geschichtsschreiber Longolius zu der Bemerkung veranlaßte, „durch dieses Dorf geht die öffentliche Land- und Poststraße von Hof nach Baireut und weiter nach Franken, deswegen allhie starke Einkehr ist“. Doch schon viel früher war Konradsreuth mit seiner Turmhügelanlage, aus der sich ein Schloß und Herrschaftssitz entwickelte, eine wichtige Wach- und Raststation an einer verkehrsreichen Nord-Süd-Verbindung, die letztlich für den Fernhandel die Adria (Venedig) mit der Ostsee (Hansestädte) miteinander verband.
Ein Blick auf den alten Ortsplan belegt uns den mehrfach geänderten Verlauf der Linien des Hauptverkehrs aus dem frühen Mittelalter bis in historisch belegbare Zeiten. Es ist ganz klar ersichtlich, daß der mittelalterliche Fuhrwerksverkehr seine Spuren an ganz anderer Stelle zuerst eingegraben hat, wo wir sie heute vermuten. Der Verlauf der Altstraßenlinien gibt uns sogar die Möglichkeit, Datierungen zu treffen, zumindest was die altersmäßige Einordnung betrifft.
Die alten Hohlwege, die dem natürlichen Gefälle folgend der Ortsmitte zustreben, sind unsere Belege für Alter und Intensität des früheren Verkehrs. Der mit Abstand tiefste und breiteste Hohlweg ist der Schwarzenfurthweg. Verfolgen wir die Verkehrslinie, die er von Kirche und Marktplatz her ausgehend bildet, so verläuft er geradlinig bis zur leichten Krümmung bei der heutigen „Froschburg“. Erst ab hier heißt er „Schwarzfurth-Huhla“, die vor einer teilweisen Auffüllung mit dem Aushub beim Bau der Fa. Fritz Schadt in den 50er Jahren wohl noch drei bis vier Meter tiefer lag. Die Gewaltigkeit des Hohlweges wird jedoch erst vorstellbar, wenn man das Gebäude der ehemaligen „Stelzerbräu“ anschaut, das vom Boden des alten Hohlweges aus errichtet wurde. Die Hoffläche dieses Anwesens und die gegenüber liegende Fläche der ehemaligen Gärtnerei Eckardt waren vor der Eintiefung des Hohlweges durch den mittelalterlichen Fuhrwerksverkehr geradlinig miteinander verbunden. Wir haben es tatsächlich mit der ersten „Hauptverkehrsstraße“ unseres Ortes zu tun! Der tiefe Einschnitt entwickelte sich im Laufe des Mittelalters zu einer „Kellergasse“, in der die Dorfbewohner in die steilen Böschungen ihre Felsenkeller einbauten, die in alten Lehensbriefen als ein von alters her verbrieftes „Kellerrecht“ darstellten, so wie es in anderen Orten auch deutlich sichtbar wird, z.B. in Münchberg, Oberkotzau. Wunsiedel, Marktleuthen u.a.
An die zwanzig Keller mögen in alter Zeit hier wohl in Betrieb gewesen sein.
Aber woher kam die alte Straße und wohin führte sie? Sie gehörte zum Hauptverkehrsnetz vor 1500 und verband den Osten Europas (Polen, Rußland) über Dresden und Plauen kommend mit Hof, ging über Konradsreuth, Helmbrechts, Kupferberg nach Kulmbach und in den damals schon dichter besiedelten und verkehrsgünstigen „Mainlanden“ weiter nach Westen zu den Zentren am Rhein.
Die „Schwarzenfurth“ als Ortsteil gab es im Mittelalter noch nicht. Der Weg war eine Fernstraße und hieß der „Langweg“ (oder der Lange Weg), wie auf der Karte verzeichnet ist. Das ist vergleichbar mit einer anderen Altstraße durch unsere Gemeinde, die „lange Gasse“ zwischen Oberpferdt und Weißlenreuth, die ebenfalls zu den mittelalterlichen Fernstraßen zählt. Zusammenfassend können wir feststellen: Aus der geraden Linienführung im Ortsplan sehen wir, daß es sich um die erste Hauptstraße des Ortes aus der Zeit der Gründung (um 1200) bis zum ausgehenden Mittelalter (um 1500) handelte.
Mit Beginn der Neuzeit (um 1500) verschoben sich auch die Wirtschafts- und Handelszentren in Deutschland. Nürnberg und Leipzig waren jetzt die Schwerpunkte. Der Güterhandelsverkehr verlagerte sich auf diese Strecke und führte wiederum durch Konradsreuth, dann aber weiter über Münchberg, Gefrees, Bayreuth. So knickte die neue Hauptstraße mitten in unserem Ort (beim „scharfen Eck“) links – also mehr südwärts – ab, um zunächst die starke Steigung zu überwinden. Da es niemand gab, der für Straßenunterhalt zuständig war, suchte jeder Wagenlenker die günstigste Spur für sich. So entstand im Bereich der ärgsten Steigung eine sogenannte „Straßenspindel“ (s. kreisförmig markierte Stelle im Plan!), wie wir es von anderen Altstraßen her kennen; das heißt der Fahrweg teilt sich in mehrere Spuren, die sich weiter oben wieder zu einer vereinigen. Der „Kutscher“ sucht sich die günstigste aus. So rollte der Hauptverkehr etwa ab 1500 auf der neuen Linie, der „Bayreuther“ oder auch „Nürnberger“ Straße, wie sie verschiedentlich genannt wurde. Erst der 30jährige Krieg unterbrach die begonnene Verkehrsentwicklung. Das Straßenwesen war danach in einem unerträglichen Zustand, die Anforderungen des Fahrverkehrs wurden immer dringlicher: 1683 gab es die erste regelmäßige Postverbindung zwischen Nürnberg und Leipzig, 1686 wurde eine „geschwinde Postkutsche“ auf dieser Strecke eingeführt. Der Markgraf als zuständiger Landesherr befahl schließlich den Ausbau der Strecke in unserem Gebiet zu einer „Chaussee“ mit Fahrbahn und schattenspendenden Randbäumen. Die Straße zwischen Konradsreuth und Münchberg wurde etwa ab 1750 ausgebaut, bei der Rothenmühle und wohl auch bei der Kohlstatt (Waldlust) wurden die Furten durch den Ulrichsbach und die Untreu durch steinerne Brücken ersetzt (1782, nach Dietel). Um diese Zeit entstand auch die neue „Münchberger Straße“ durch bisher unbefahrenes Gelände zwischen den alten Ortsstraßen, die durch großzügige Breite und Geradlinigkeit hervorstach (vgl.Abbildung). Die „alte Bayreuther Straße“ wurde zur Weberstraße, ihre stillgelegten Verzweigungen wurden von den Anliegern als Zufahrt verwendet oder lagen plötzlich als Ödland brach. So ist aus Lehensbriefen und dem Steuerkataster von 1811 belegt (Chronik Hofner), daß der damalige Grundherr von Reitzenstein im Jahr 1789 für sieben Gulden aus dem stillgelegten Straßengrund einen Bauplatz an den Weber Peter Morgner für ein Trüpfhäuslein samt kleinem Hof und Schorgarten verkaufte. Es handelt sich um das Haus Nr. 43, heute Waldlustweg 2 (ehemals Heinzmann Babette). Schon damals war ein Bauplatz für 7 Gulden ein Schnäppchen.
Das Haus steht heute schräg zum Waldlustweg. Seine Baulinie und der Grundstückszuschnitt entsprechen noch dem Verlauf einer Altstraßenverzweigung.
Meinen Lesern und allen Bürgern der Gemeinde wünsche ich frohe Weihnachten und ein gesundes neues Jahr in Frieden und Freiheit!