Der Anfang des Lehensbriefes von 1667, den der damalige Grundherr des Gutsdorfes Troschenreuth, Nikol Pfretschner, kurfürstlich sächsischer Hof- und Justizrat in Grenz- und Justizsachen an seinen Untertanen, den Wirt Hans Vogel ausgefertigt hat (Quelle:Sächsisches Staatsarchiv Dresden, Bestand 12613)
Altstra ße nach Ölsnitz westlich von Oberhartmannsreuth
Eine seltene Felsbildung in unserer Region, „Die Klippe“ genannt.
Vom Standort des „Wirtshauses zur Klippe“ zeugt heute nur noch der Eingang zum ehemaligen. Felsenkelller direkt am Fuß der senkrecht abfallenden Felsenwand
Kennen Sie das „Gasthaus zur Klippe“? Wahrscheinlich nicht, denn es ist längst vom Erdboden verschwunden - platt gemacht, eingeebnet im Zuge der „Befestigung“ der ehemaligen DDR-Grenze. Der Platz, an dem es einst stand, ist für mich einer jener magischen Orte, an dem man geradezu den Hauch der Geschichte spürt. Es gehörte zum ebenfalls verschwundenen Grenzort Troschenreuth zwischen Oberhartmannsreuth und Wiedersberg - und damit gibt es auch einen historischen Bezug zu unserer Gemeinde, der bis zum Dreißigjährigen Krieg zurückreicht.
Es fand sich kürzlich ein alter Lehensbrief aus dem Jahr 1667, in dem die „Schenke zu Troschenreuth, gemeinhin die Klippe genannt“ auftaucht (s. Zeilen 6 und 7 im nachfolg.Bild)
Im Rahmen meiner Altstraßenforschung führte mich der Weg, der heute kaum mehr begangen ist, an diesen Platz, den höchstens noch ein paar heimatgeschichtlich interessierte Wanderer kennen.
Auf der Suche einer Altstraße nach Ölsnitz i.V., wie sie schon im Verzeichnis der von Hof ausgehenden Fernstraßen des 15. Jahrhunderts der Markgrafen aufgeführt wurde[1], kamen wir an diesen Ort. Doch schon die heutige Bezeichnung der Ölsnitzer Straße von heute in Hof führt uns in die Irre. Diese jüngere Verbindung beginnt nach dem Saaleübergang an der ehemaligen oberen Steinernen Brücke beim Hallenbad, den Berg hoch, wo einst der Galgen stand (heute Galgenleite!), vorbei am Bayernplatz über Jägersruh, Gattendorf – dort überschreitet sie die Grenze nach Sachsen bei dem Dorf Gassenreuth. Im weiteren Verlauf erreicht man Ölsnitz. Doch es gibt in Hof noch eine wesentlich ältere „Ölsnitzer Straße“, die wahrscheinlich nebeneinander je nach Sicherheitslage in Betrieb waren. Sie verließ die von einer schützenden Mauer umgebene Stadt durch das untere Tor, überquerte die Saale auf der unteren Steinernen Brücke, bog sofort nach rechts ab, führte hoch zum Theresienstein und ging in den „Leimitzer Querfeldweg“ über. Oberhalb von Leimitz setzt sie sich in dem bei allen Geologen der ganzen Welt bekannten „Leimitzer Hohlweg“ fort, den der mittelalterliche Verkehr einst gebildet hat. An den Böschungen dieses Hohlweges findet man bis heute seltene Versteinerungen (Trilobiten) aus früheren Erdzeitaltern, die es nur hier gibt.
Dieser Hohlweg ist die mittelalterliche Altstraße von Hof nach Ölsnitz. Ihre Spur ist heute nur noch ein landwirtschaftlicher Weg. Im weiteren Verlauf durchquert er ein Waldstück, dort findet man noch parallele Spuren, wie es bei mittelalterlichen Wegen üblich war: Man fuhr halt dort, wo es gerade noch am besten ging. So erreichte man den Ort Oberhartmannsreuth, heute ein Grenzort zwischen Bayern und Sachsen wie damals auch. Inzwischen läuft dort die neue Autobahn A93 (Hof-Regensburg) unmittelbar ein Stück weit parallel an der ehemaligen Grenze vorbei. Unsere Altstraße führt jedoch westlich des Ortes talwärts in einem ausgeprägten Hohlweg, dessen Bestand durch wilde Ablagerungen gefährdet ist.
Die oben genannte Autobahn überspannt das Tal mit einer hohen Brücke, die wir unterqueren müssen. Es sind nur noch wenige Meter bis zur ehemaligen deutsch-deutschen Grenze. Der Oberhartmannsreuther Bach, dem wir gefolgt sind, kümmert sich nicht um Grenzen, sondern durchläuft einen kleinen Stausee, der als wichtiges Klärbecken dient, um dann in den größeren Feilebach zu münden. Schon zu DDR-Zeiten wurde weiter unterhalb die wichtige Trinkwassertalsperre Dröda gebaut. Sie versorgt Plauen und andere sächsische Städte mit gutem Trinkwasser. Wer auf der B173 nach Plauen fährt, kommt an ihr bei Größzöbern vorbei und merkt, welcher Aufwand in der heutigen Zeit für den Trinkwasserschutz notwendig wird. Auch zur DDR-Zeit hatte dieser Schutz Vorrang. So wurde kurzerhand das Grenzdorf Troschenreuth plattgemacht und seine Bewohner wegen ihrer Nähe zur Grenze zwangsweise umgesiedelt. An Stelle des Ortes entstand der kleine Stausee als Klärbecken.
Zurück zur o. g. Altstraße nach Ölsnitz. Sie verlief ein Stück entlang des Bachlaufes. Das Tal bildet eine Engstelle, an deren rechter Seite hohe, senkrecht abfallende Felswände aufragen. Sie werden „die Klippe“ genannt. Es gibt im weiteren Umkreis keine derart wildromantische Felsbildung.
Unmittelbar vor diesen Felsen, wo auch die sächsisch-bayerische Grenze verläuft, stand das „Gasthaus zur Klippe“ seinerzeit ein vielbesuchtes Grenzwirtshaus, die es andernorts im Hofer Grenzland auch zu allen Zeiten gab, z. B. das Kellerhaus in Rudolphstein, die Krötenmühle bei Carlsgrün, Blechschmiedenhammer, das verschwundene Gasthaus direkt am Dreiländereck bei Prex/Roßbach und viele andere.
Die alte Ölsnitzer Straße verlief von hier aus weiter über den Assenberg (nicht über Sachsgrün!). Dort gibt es noch die Reste einer Schanze aus dem Dreißigjährigen Krieg. Geradewegs geht es nach Bobenneukirchen, wo sie einen tief eingeschnittenen Hohlweg am Ortseingang bildet. Der Ort war bedeutsam in der vogtländischen Geschichte. Er besitzt noch eine frühmittelalterliche Ringwallanlage und gehörte als einstige „Streitpfarrei“ zum Dekanat Hof. Hier endete auch die markgräfliche Geleitspflicht. Die Altstraße erreichte über Bösenbrunn und Raschau ihr Ziel: Die mittelalterliche Amtshauptstadt Ölsnitz, eine wichtige Nachbarschaft zur markgräflichen Amtshauptstadt Hof.
Das abgegangene Dorf Troschenreuth hat, wie eingangs bereits erwähnt, einen historischen Bezug zu unserer Gemeinde, genauer: Zu Ahornberg, der auf den 30jährigen Krieg zurückgeht. Im Herrenhaus des Rittergutes verstarb am 9. September 1633 der dänische Feldmarschall Heinrich von Holk, ein berüchtigter Heerführer in kaiserlich-katholischen Diensten unter Wallenstein. Er hatte sein Hauptquartier in Adorf/Vogtland und richtete mit seinen Truppen im Vogtland und seiner näheren Umgebung schwere Verwüstungen an. So war ein Trupp seiner umherstreifenden kroatischen Reiter für das Blutbad „am Sonntag Estomihi“ 1633 in Ahornberg verantwortlich, bei dem der Pfarrer Konrad Aumüller, der Schulmeister und weitere 63 Einwohner, darunter Frauen und Kinder, ums Leben kamen.
Holk war mit einer Begleitung auf der vorher beschriebenen Altstraße nach Norden, in Richtung seiner dänischen Heimat unterwegs, um dort seine schwere Krankheit kurieren zu lassen. Doch der Tod war schneller gewesen. Man sagt, er sei an der Pest gestorben.
So findet man neben den Spuren, die alte Straßen zurückgelassen haben, immer auch Nachrichten aus längst vergangenen Zeiten.
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[1] Endres Rudolf, Verzeichnis der Geleitstraßen der Burggrafen im Jahrbuch für fränkische Landesforschung 1963