Der Dorfteich anfangs der 50er Jahre mit dem Spritzenhaus von 1874 wie er manchem noch in Erinnerung ist.
1940: Situation am Dorfteich mit dem Schlauchgerüst zum Trocknen der benützten Schläuche. Bildmitte: Das alte Haus des Lebensmittelgeschäfts Feuerstein, links davon die große Puchtasscheune (zum Weißen Lamm gehörig), rechts davon die große Scheune des Roten Ochsen. Die Schupfe links gehört zum Anwesen des Sattlermeisters Erich Küfner.
Zur Zeit öffnet sich ein weiter Durchblick vom Marktplatz bis zu den Häusern der Brunnenstraße. Der Grund dafür ist der Abbruch des alten Feuerwehrhauses, der Scheunenreihe an der Brunnenstraße und des ehemaligen Hauses der Bäckerei Bergmann/Wendler. Man sieht eine große Fläche freien Baulandes, die vordem von einigen Häusern und Nebengebäuden eingenommen wurde. Insgesamt acht Gebäude des alten Ortskerns, die auf dem Urplan von 1852 verzeichnet sind, standen dort. Nach den alten Hausnummern geordnet waren es folgende: HN 61 Trüpfhaus des Schuhmachers Meyer, stand an der Ecke des ehemaligen Frisörgeschäfts von A.Koch, das alte Haus ging schon beim großen Brand von 1894 unter. Die Fläche wurde beim Wiederaufbau der Scheune des „Roten Ochsen“ wieder verwendet. HN 62 Korn Nikol, Schneidermeister, 1984 abgebrochen. HN 64 Wolf Andreas, Weber, um 1930 abgebrochen, die alte Hausnummer ging auf das Kaußlershaus, Friedhofstr. 5, über. HN 81 ehemals Bäckerei Wendler/Bergmann; abgebrochen Juni 2023. HN 83 Gemeindehaus, abgebrochen 1983. Das HN 84 war ein kleines Trüpfhaus ohne weiteren Grundbesitz, letzter Besitzer war Plettner Adam, Weber, abgebrochen schon vor 1900, beim Neubau des kürzlich abgebrochenen Wendlershauses einbezogen. HN 86 Scheune zu Brunnenstraße 3 (ehem. Knieling Hans, heute Edel), abgebrochen 2023. HN 89 ehemaliges Bischoffshaus, heute Hager; abgebrochen 2007. Hinzu kommt noch das alte Feuerwehrhaus, Friedhofstr. 12, erbaut 1959/60 auf der Fläche des alten Dorfteiches und 2022 abgebrochen.
Sieht schön aus, die sonnenbeschienene, nun begrünte Fläche mit den zwei hohen 60jährigen Buchen im Ortskern. Man würde sich andernorts (besonders im fetten Oberbayern) die Finger lecken nach solchen innerörtlichen Bauplätzen.
Der alte Dorfteich spielte früher auf diesem Gelände eine zentrale Rolle. Ursprünglich viel größer, wie er bei einigen älteren Einwohnern noch in Erinnerung ist, nahm er eine Fläche von über 1200 Quadratmetern ein (vgl. Abbildung des Planes im Gemeindeblatt Juni). Dann wurde seine Fläche stark reduziert, 1958 wurde er vollends aufgelassen, um mit dem Feuerwehrhaus bebaut zu werden.
Die Verkleinerung des alten, ursprünglichen Dorfteiches hängt vermutlich mit dem Brand von 1894 zusammen: Der Brandschutt und die Abbruchsteine dienten zur Auffüllung der alten Teichfläche. Man konnte sich keine langen Transportwege für die riesigen Mengen von den in nächster Nähe gelegenen Brandstätten leisten, denn alles war ja noch Handarbeit mit Schaufel, Pickel und Schubkarren. Es entstand die Fläche, die heute Feuerwehrplatz heißt und als Parkplatz dient.
Das ganze Gelände hat seine eigene Geschichte. Sie beginnt mit dem (ur-)alten Spritzenhaus, auf der linken Seite der „Duudgass“ an der Grenze zum Pfarrersgarten auf der Höhe des heutigen Pfarrhauses. Sein Alter war unbekannt, doch geht es vermutlich auf jene markgräfliche „Feuerordnung für das Landvolk“ von 1785 zurück, in der bestimmt wird, dass Conradsreuth, Ahornberg, Leupoldsgrün und andere große Orte der „Landeshauptmannschaft Hof“ (= markgräflicher Verwaltungsbezirk, entspricht etwa dem heutigen Großlandkreis Hof) als Standort einer „Landfeuerspritze“ ausgewählt wurden. Das war der Anfang eines organisierten Brandschutzes, dem bald die Gründung der örtlichen Feuerwehren folgten. Die FFW Konradsreuth wurde am 19. Mai 1869 gegründet, da bestand das alte Spritzenhaus für die Landfeuerspritze schon seit langer Zeit, wie der Lehrer Wenzel in seiner Chronik vermeldet, „während 1874 (also fünf Jahre nach Gründung der örtlichen Feuerwehr!) ein neues am Dorfteichdamm von dem Zimmermann Nikol Kießling dahier gegenüber dem früheren erbaut wurde. Die Baukosten betrugen 200 Gulden.“
Der Dorfteich war also schon immer Feuerschutzteich und sein Gelände ringsum von der Feuerwehr genutzt.
Folgerichtig wurde dieser zentrale Standort nach Auflassung des Dorfteiches im Jahr 1960 zum Bau des alten Feuerwehrhauses verwendet. Wir wollen nicht übersehen, dass ein artenreiches Feuchtbiotop dadurch verloren ging. Das Feuerwehrhaus diente bis zur Nutzbarkeit des neuen am Wiesengrund im Jahr 2011 als Standort von zwei Löschfahrzeugen und aller Gerätschaften. Darüber hinaus enthielt es die Utensilien der ehemals blühenden Sanitätskolonne, zwei Dienstwohnungen für Feuerwehrkommandanten und Unterrichtsraum für die Aktiven vervollständigten seine Zweckmäßigkeit in damaliger Zeit. Längere Zeit hatte der Gemeinderat auch seine Sitzungen in diesen Räumen.
Jenseits des Feuerwehrplatzes stand das Gemeindehaus (Friedhofstr. 14, alte HN 83). Die Fläche samt Dorfteich war schon immer Gemeindebesitz und nach dem Güterverzeichnis von 1811, dem Steuerkataster, steuerfrei. Die Beschreibung von 1811 lautet: „Ein Häuslein Nr. 83, halb gemauert, nebst einem Grasflecklein, allwo die armen durchreisenden Leute beherbergt werden (das waren wohl Reisende zu Fuß, Handwerksburschen, Studenten, Pilger ...), dann ist noch zur Gemeinde gehörig ein Teich, an dem erstbenannten Häuslein gelegen, welcher ¾ Schock Einsatz enthält.“ (Damit ist gemeint, dass der Dorfteich von Seiten der Gemeinde mit ca. 50 Karpfen besetzt wird).
Als der Teich Ende der 50er Jahre endgültig abgelassen wurde, sammelten sich in seinem Ablaufgraben, der beim Wülferthshaus durch den Pfarrgarten lief (heute befindet sich dort die Straße am Bürgerpark), eimerweise die restlichen Fische, die neben den wertvolleren Karpfen den Teich bewohnt hatten: Karauschen und einige Schleien. Niemand beachtete sie, sie wären zugrunde gegangen. Ich selbst holte mir, zusammen mit meinem langjährigen Freund und Kollegen Hermann Achtziger einen Eimer voll dieser bis zu handgroßen, schuppigen und sehr grätenreichen Fischen, um sie in unseren kleinen Fischteichen als Beisatz auszusetzen.
Über das „Gemaahaus“ wird noch folgendes von Lehrer Wenzel berichtet: „1877 wurde ein neues, zweistöckiges massives Gemeindehaus am Dorfteich samt Holzremise erbaut und bezogen. Dasselbe hat vier Zimmer und es wohnen darin drei arme Familien, sowie die conscribierten Armen der Gemeinde“. Das „Häuslein Nr. 83“, das schon 1811 benannt wurde, existierte demnach bis 1877 als „Gemaahaus“. Seine Grundrissfläche war nur halb so groß wie die des nachfolgenden, also ein wirkliches „Armenhäuslein“. Aber es hatte zu seiner Zeit eine wichtige Funktion innerhalb des gemeindlichen Sozialgefüges. Im 19.Jahrhundert gab es noch keinen „Sozialstaat“ moderner Prägung, doch es gab damals auch schon Arme, Erwerbsunfähige, Kranke und im Alter Alleinstehende, die irgendwie untergebracht werden mussten. Im Mittelalter war das eine Sache der Klöster und wurde von der Kirche organisiert. In den Städten gab es die „Spitäler“ und „Siechenhäuser“ als soziale Einrichtungen. Wir kennen das auch schon am Beispiel der Stadt Hof.
Die Armen- und Altenpflege in ländlichen Regionen verblieb bei der Familie. Aber was war, wenn alle Sicherheiten versagten? Dann musste die Gemeinde, aus der man stammte, einspringen, denn jeder Mensch hatte ein „Heimatrecht“ in seiner Geburtsgemeinde, die zunächst für die Unterkunft sorgen musste. Dazu gab es in jeder Gemeinde ein Armenhaus, in dem solche bedauernswerten Menschen untergebracht wurden. Aber man musste das „Heimatrecht“ haben, also bei der Heimatgemeinde „eingeschrieben“ (= conscribiert) sein.
Als 1877 das neue „Gemeindehaus“ am Dorfteich errichtet wurde, war es eigentlich kein Armenhaus mehr, sondern wie auch das in der gleichen Zeit entstandene „Aktienhaus“ ein gemeindliches Wohn- und Mietshaus. Im „Gemaahaus“ fanden vor allem kinderreiche Familien, die sonst in der Gemeinde nur schwer eine Wohnung gefunden hätten, eine Unterkunft. Alle alten Konradsreuther kennen noch die Familien, die dort wohnten. Es waren alle honorige, arbeitsame und tüchtige Leute, die den Weg in die normale Gesellschaft fanden.
In unserem heutigen Sozialstaat ist die Hilfe zum Lebensunterhalt gesetzlich geregelt.