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Bad Königer Stadtnachrichten und Badeblatt
Ausgabe 12/2023
Kirchliche Nachrichten
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Kurseelsorge

Stille Übereinkunft

In diesen ersten zaghaften Frühlingstagen sehnt man sich nach Sonne. Und doch hat man natürlich noch den letzten Sommer mit der Last seiner Hitze in Erinnerung. An solchen Tagen genieße ich die Kühle im Innenraum unserer Kirche, die Stille dort, den besonderen Duft und den ganzen Raum. Dann ziehe ich schon mal die Schuhe aus, stelle mich barfuß auf den Boden und spüre so wie eine Lebenskraft aufsteigt. Wie einfach kann Leben sein.

Da fällt der Wechsel vom normalen Trubel des Alltags in die Stille des Kirchenraumes besonders ins Gewicht. Stille ist ja ein Fehlen von Geräusch, man wird dadurch aufmerksamer. Vielleicht können wir auch in der kommenden Jahreszeit solche eine Phase des Übergangs sehen, die uns auf eine Art stille Übereinkunft hinweist. Die Fastenzeit oder Passionszeit ist solch ein Zeit-Raum. Er lädt ein auf Veränderungen aufmerksam zu werden. Wahrnehmung bedeutet ja etwas im Leben für wahr nehmen. Leben ist immer Wandel, Bewegung, Werden und Vergehen. Widerstand dagegen ist zwecklos.

Zur Zeit stehen wir als Gesellschaft in einem besonders großen Wandlungsprozess. Über ein Jahr schon tobt ein unsinniger mörderischer Krieg direkt vor unserer Haustür. In allen Bereichen wird das Leben teurer. Wir haben eine Krise in der Energieversorgung und bei den Lieferketten. Der Klimawandel bedeutet auch weltweit die große Krise. Und auch in unseren Kirchen erleben wir den Rückgang von Mitgliedern als Krise. Wir müssen uns fragen was eigentlich der Grund ist, auf dem wir unser Leben aufbauen. Die Frage nach dem existentiellen Lebenskern stellt sich.

In den Wirtschaftsunternehmen und Organisationen, selbst bei uns in den Kirchen wird nach Kernkompetenz oder Kerngeschäft gefragt. Auf diese Begriffe hin werden in Geschäftsmodellen dann die jeweilige Vision und Mission ausformuliert. Was heißt das für uns angesichts der Krisen, in denen wir leben? Was ergibt unsere Bestandsaufnahme, welche Lösungen und Angebote haben wir? Die Antworten liegen nicht mehr im Höher, Schneller, Weiter, Größer oder Billiger, eher in bescheidener, nachhaltiger und gerechter für alle. Wie wäre es mit der neuen Übereinkunft, dass niemand sein Schicksal passiv erleiden und zum Opfer der Umstände werden muss, weder als einzelne Person noch als Gruppe? Dazu gehört, sich aktiv dem Wandel zu stellen anstatt ihn herunterzuspielen.

In der Bibel finden wir im Matthäusevangelium, Kap. 18,2 eine starke Symbolhandlung, in der Jesus seinen Umgang mit einem Konflikt zeigt: Er stellt ein Kind in die Mitte. So wird deutlich, dass der Mensch, sogar der schwächste, nicht Mittel ist, sondern Mittelpunkt.

Jan. Mäurer, kath. Kirche, Bad König