Kurseelsorge
Nähe kann heilen.
Manchmal fragen wir uns wie es kommt, dass ein Mensch, der eben noch krank war, plötzlich wieder gesund ist. Sicher wirken da viele Faktoren zusammen: biochemische und psychische Prozesse, Medikamente, äußere Bedingungen, vielleicht auch einfach Sonnenschein oder ein Gespräch. Weder für die Betroffenen noch für uns Außenstehende ist meist nicht nachvollziehbar, was für die Genesung wesentlich ist. Innere Veränderungen können jedenfalls auch mit äußeren Veränderungen zusammenhängen. Es gibt Orte, die anziehend wirken, weil man mit ihnen eine solche Veränderung in Verbindung bringt. Menschen suchen solche Orte auf, um mit sich selbst wieder in’s Reine zu kommen oder zu sich selbst zu finden. Im Grunde genommen ist dafür oft gar nichts Besonderes nötig, man muss nur den Weg zur eigenen Mitte finden.
Eine ganze Tourismusindustrie bietet Orte für „Auszeiten vom Alltag“ und Orte des Rückzugs an. So kommen dann im Sommer zum Beispiel tausende Besucher mit den Schiffen über den Chiemsee auf die Fraueninsel. Für ein paar Stunden erlebt man auf der Insel ein unglaubliches Gedränge, alles ist voll: die Uferwege, die Cafés, jede Bank. Aber wenn das letzte Schiff abends wieder abgelegt hat verwandelt sich die Insel und alles wird still. Himmel, Wolken, das Abendrot der untergehenden Sonne und der Sternenhimmel - all das bekommt eine ganz andere Ausstrahlung. Das wirkt sich auch auf die Menschen aus, die dann noch auf der Insel sind. Sie sprechen anders und gehen anders miteinander um. Man könnte annehmen, die Natur hätte ihre Seelen berührt; als würden die Menschen den Pulsschlag der Schöpfung übernehmen. Jeder Windzug auf der Haut und der Duft in der Luft bekommt eine neue Prägung und Qualität.
Für solche spirituellen Momente gibt es kein Patentrezept. Es kann in der Lüneburger Heide passieren oder im Schwarzwald, vielleicht sogar auf einer Bank vor dem Brandenburger Tor oder in der U-Bahn in Frankfurt. Da denken jetzt bestimmt viele von Ihnen „Quatsch!“ Stimmt, Orte für die Seele liegen nicht immer da wo wir sie vermuten. Noch ein Bild zum Vergleich: Sie kommen in ein dunkles Zimmer und machen erstmal die Rollläden hoch. Mit dem Einfall von Sonne und Licht verändert sich der Raum. Das, was uns gut tut, ist oft schon da, wir müssen es nur hereinlassen. Nähe kann heilen.