Kurseelsorge
Resonanz
Liebe Leserinnen und Leser,
aus der Musik und der Physik kennen wir den Begriff „Resonanz“, mir ist er in einem kleinen Buch „Demokratie braucht Religion“ des Soziologen Hartmut Rosa begegnet. Ich bin beeindruckt, welche elementare Bedeutung Resonanz in allen gesellschaftlichen und politischen Bereichen spielt.
Ganz kurz ein paar Zusammenhänge, in denen Resonanz als Phänomen für uns Menschen wirkt: 1. „Anrufung“: Jemand ruft ganz besonders eindringlich nach mir. 2. „Hören und Antworten“: Ich reagiere auf das, was auf mich einwirkt, erkennbar u.a. daran, dass ich meine Körperhaltung verändere, dass ich mich aufrichte oder umdrehe. 3. „Transformation“: Ich beginne die Welt, meine Umwelt, meine Mitmenschen, anders zu sehen und ein anderes Verhältnis zu ihnen zu entwickeln. 4. „Unverfügbarkeit“: Das kann ich gar nicht selbst machen, das entzieht sich meinem Einfluss.
Resonanz ist denkbar ungeeignet, wenn man einseitig Verbesserungen oder Maximierung des eigenen Vorteils erreichen will. Man kann Resonanz nicht kaufen, herstellen oder erzwingen. Zur Unverfügbarkeit von Resonanz gehört das Risiko des offenen Ausgangs, neuerdings nennt man das ja gerne „ergebnisoffen“. Durch Resonanz(en) können Prozesse in Gang kommen, die man so gar nicht geplant, geschweige denn gewünscht hat. Durch Resonanz kann jedenfalls ganz Neues entstehen. Einer Gesellschaft, die wie unsere bisher ganz auf ständige Steigerung, Ausweitung und Maximierung des Bisherigen ausgerichtet ist, macht das mehr Angst als dass man es freudig erwartet.
Ich bringe jetzt mal etwas ein, was uns vielleicht aus dem Alten Testament, im ersten Buch der Könige, Kapitel 3, Vers 9 bekannt ist. Der junge König Salomo bittet Gott „Verleih deinem Knecht ein hörendes Herz“. Das trifft wohl am besten, was mit „Resonanz“ gemeint ist: Ein vertrauensvolles und alles umfassendes Mitschwingen von Mensch und Schöpfung.