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Bad Königer Stadtnachrichten und Badeblatt
Ausgabe 28/2022
Kirchliche Nachrichten
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Kurseelsorge

Mystik im Alltag

Bisweilen gibt es Momente, die einfach zum Innehalten zwingen. Also ich kenne das, wenn Lotte, meine kleine Hündin, völlig spontan mitten auf einer Straßenkreuzung stehen bleibt, mit einer meditativen Ruhe ihre Nase in die Luft hebt und nach allen vier Richtungen der Winde schnuppert.

Meine Intervention, diesen Platz doch nicht für längere philosophische Betrachtungen zu benutzen, stört sie nicht, selbst Angesichts tödlicher Autogefahren. Ungern greife ich, wenn nötig zu Gewalt, doch meist ist sie diejenige, die mich zur ihrer Haltung veranlasst..

Hier ist mein Platz in dieser Welt mit allem, was mich gerade umgibt. Noch intensiver ist es, eine solche Pause an einer Wegkreuzung im Wald oder den Wiesen einzulegen.

Ganz in der Natur. Dabei fällt mir der Wortsinn dieses Wortes ein. Natur, von lateinischen „natus“ geboren. Ja, wenn man es genau nimmt, geht es immer um ein Neu-werden, ein geboren werden in der Natur. Es ist wie ein Flechtwerk, heute sagt man lieber ein Netzwerk. In der Natur gehört alles zusammen, das Werden und das Vergehen, das Heilende und das Tödliche, das Starke und Verletzliche, das Zarte und das Gewalttätige und wir könnten diese Thesen munter so weiter führen. Und ich und Lotte und Du bist auch mittendrinn, oder doch nicht?

Der Mystiker Jakob Böhme, schreibt das so auf: „Wenn du ansiehst die Tiefe und die Sterne und die Erde/ so siehst du deinen Gott und in demselben lebst und bist du auch / und aus Demselben hast du auch deine Sinne.“

Angesichts der Ausnutzung und Zerstörung der Schöpfung wagt man kaum den Vergleich, dass die Natur ein „Lehrbuch“ ist.

Braucht es bisweilen den Fingerzeig einer kleinen Hündin, mitten auf der Kreuzung stehen zu bleiben und in die vier Windrichtungen zu schnuppern; sich ganz dem Vertrauen eines wachsamen „Herrchen“ anzuvertrauen und hinauszuspüren in die ganz große Weite der Schöpfung bis zu ihrem Beginn.

Sicher ist das keine Empfehlung in einer Stadt wie Frankfurt, aber in Bad König geht das mit etwas Aufmerksamkeit schon.

Jan. Mäurer, kath. Kirche, Bad König