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Bad Königer Stadtnachrichten und Badeblatt
Ausgabe 32/2023
Kirchliche Nachrichten
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Kurseelsorge

Sommerzeit

Marc Chagall soll zu seinen Bildern mit biblischen Motiven einmal gesagt haben sie seien „geronnene Zeit“. Das ist eine tiefsinnige Aussage über die Zeit. Wie kann man sie festhalten? Wir merken doch täglich wie flüchtig die Zeit ist, auch wenn wir versuchen sie mit Smartphone-Fotos und -videos festzuhalten, wir legen sie in digitalen Ordnern ab, aber festhalten können wir nur Eindrücke.

In der Bibel hat sich im Buch „Kohelet“ ein weiser Mensch sehr intensiv und kritisch mit der Zeit auseinandergesetzt. Er schreibt in Kapitel 3,11 „Alles hat Gott schön gemacht zu seiner Zeit. Überdies hat er die Ewigkeit in ihr Herz hineingelegt.“ – Das ist ein beeindruckendes Bild: Die Ewigkeit ist das Herz der Zeit! Wir rennen dieser flüchtigen und unfassbaren Zeit hinterher und sie hat in ihrer Mitte, im Herzen, die Ewigkeit. Die Ewigkeit ist etwas, das immer ist, das keinen Beginn und kein Ende hat. Denken kann man das gerade noch so, aber man kann es sich kaum vorstellen.

Jetzt im August ist die Getreideernte bei uns schon fast vorbei. Ernte ist die Zeit der Reife, in der man die Ergebnisse der Arbeit eines Jahres zusammenträgt; eine Zeit voller Lebendigkeit und Bewegung. Dazu kommt noch die Zeit der Ferien, in die man möglichst viel hineinpacken will: Besuche, Erholung, Begegnungen, Reisen an oft möglichst fremde Orte, Ausspannen und Entspannen, aber auch Abwechslung und Spannung. Und auch ganz viel „Zeit haben“. Ja, wir haben alle Zeit der Welt, wenn sie uns nicht durch den Druck unserer eigenen Pläne oder durch die Entscheidungen von anderen eingeteilt wird. Freiheit in der Zeitgestaltung ist mehr Wunsch als Wirklichkeit.

Als Pensionär bin ich jetzt in der glücklichen Lage recht frei über meine Zeit verfügen zu können, aber sie langt mit trotzdem nicht. Zeit haben ist sicher eine Kunst und eigentlich haben nicht wir sie, sondern sie uns. Wir stecken in ihr fest mit unserer Lebensgestaltung. So lesen wir im Johannes Evangelium im 15. Kapitel, Vers 7: „Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten.“ Im Bleiben wächst Zeit und Ewigkeit zusammen. Es öffnet sich die Welt des Bittens. Bitten wir also in dieser Sommerzeit, dass uns viel Zeit bleibt, um ein wenig Ewigkeit zu spüren.

Jan. Mäurer, kath. Kirche, Bad König